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Cannes 2025: Zurückhaltende Festspiele – Können die Filme das Publikum begeistern?

Cannes 2025

Ein Festival mit angezogener Handbremse: So waren die Filmfestspiele in Cannes 2025

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    Hier rollten die Crewmitglieder noch den roten Teppich am Palais des Festivals – in wenigen Stunden wird er wieder eingerollt und die 78. Filmfestspiele von Cannes enden.
    Hier rollten die Crewmitglieder noch den roten Teppich am Palais des Festivals – in wenigen Stunden wird er wieder eingerollt und die 78. Filmfestspiele von Cannes enden. Foto: Lewis Joly, dpa

    Wo sind die Tiefflieger, wenn man sie braucht? Als Tom Cruise 2022 mit seinem „Top Gun: Maverick“ Premiere an der Croisette feierte, geschah das mit Unterstützung der französischen Luftwaffe. Dieses Jahr war nicht nur der Werbeauftritt für seinen neuesten „Mission: Impossible“ verhaltener, sondern auch die Kritik. Ganz generell schien sich ein gewisser Mehltau der Zurückhaltung über das Festival zu legen. Weitere spektakuläre Marketing-Aktionen – Fehlanzeige. Die Hollywood-Stars zogen sich in ihre Hotelsuiten zurück, anstatt große Interviewauftritte zu absolvieren. Das Thema der neuen, züchtigen Kleiderordnung bestimmte weiterhin die Schlagzeilen. Wer von den glamourösen Premierengästen ein wenig länger über den roten Teppich spazieren wollte, wurde vom Security-Personal zum Weitergehen gedrängt.

    Richard Linklaters „Nouvelle Vague“ gefiel Experten in Cannes

    Natürlich kann man das als zufällige Randerscheinungen abtun, wenngleich die neue Austerität in Sachen Marketing auf knappere Kassen deutet. Die entscheidende Frage bleibt: Was hat das mit der Qualität der Filme zu tun? Es scheint bezeichnend, dass bis zur Mitte des Festivals Richard Linklaters „Nouvelle Vague“ der Liebling des Fachpublikums war – eine charmant-virtuose und kinokenntnisreiche Schilderung der Entstehung von Jean-Luc Godards „Atemlos“. Aber auch eine Etüde voller Selbstreferenzialität, die für einen Zuschauer, der für die Kinogeschichte kein Interesse mitbringt, kaum Resonanz besitzen dürfte. „Nouvelle Vague“ funktioniert nicht gleichzeitig als emotional-menschliche Geschichte wie die klassischen Filme über die Branche, von Truffauts „Die amerikanische Nacht“ bis Robert Altmans „The Player“.

    Bei anderen Geschichten des Wettbewerbs ist der Erzählduktus zurückhaltend, als wolle man den Zuschauer nicht mit zu starker Emotionalität überwältigen – von Mascha Schilinskis hoch gelobtem Filmpoem „In die Sonne schauen“ über Olivier Hermanus‘ queeren Romantikdrama „The History of Sound“ bis zu Kleber Mendonça Filho’ faszinierendem „The Secret Agent“, offiziell als Politthriller betitelt, aber bedächtig getaktet wie ein epischer Erzählteppich. Selbst Julia Ducournaus Aids-Allegorie „Alpha“ ist vergleichsweise sanft gegenüber ihrem wüsten Body-Horror „Titane“, mit dem sie 2021 die Goldene Palme gewann.

    Joachim Triers „Sentimental Value“ löste Begeisterung aus

    Sinnigerweise stoßen diejenigen Filme bei der Kritik auf zwiespältige Reaktionen, die auf pure Emotionalität setzen – etwa Saeed Roustaees iranisches Familiendrama „Woman and Child“, bei dem vielleicht nicht alle erzählerischen Akzente richtig sitzen, das aber in seiner Ehrlichkeit ungleich packender ist als viele Filme von Cannes. Das spiegelte sich wohl auch in der Reaktion des Premierenpublikums, das dem Film mit zehn Minuten eine der längsten stehenden Ovationen von Cannes bescherte.

    Aber gab es einen Film, der die gedämpfte Stimmung durchbrach? Am ehesten Joachim Triers „Sentimental Value“ über zwei Schwestern und ihren entfremdeten Vater. Dass das Familiendrama für Begeisterung sorgte, mag auch damit zusammenhängen, dass es neben seinen psychologischen Konfliktfeldern der Branche eine Projektionsfläche analog zu „Nouvelle Vague“ bot. Immerhin ist der männliche Protagonist Regisseur, und Filmdreharbeiten spielen ein zentrales Thema.

    Hits wie „Anora“ oder „Emilia Perez“ fehlten in Cannes 2025

    Welches dieser Erzählkonstrukte bei der Jury am ehesten ankommt (– der neue Film der Dardenne-Brüder, „Jeunes Meres“, war vor Drucklegung noch nicht zu sehen –), bleibt wie stets Spekulation. Derzeit scheint es zumindest fraglich, dass einer der Streifen einen derartigen Siegeszug durch die weltweiten Preisverleihungen antritt wie aus dem letzten Jahr „Anora“ oder „Emilia Perez“. So stellt sich denn auch eine weitere Frage: Mit angezogener Handbremse mögen die Macher des Kinos beim Fachpublikum ihr Ziel erreichen. Aber werden sie die Zuschauer in dem Multiversum unzähliger virtueller Medien überzeugen?

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