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Friedensfest in Augsburg: So klingen die Sonic Bikes der britischen Klangkünstlerin Kaffe Matthews

Friedensfest 2025

Mit Lautsprechern am Fahrrad durch die Stadt: Wie klingt Augsburg, Kaffe Matthews?

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    Kaffe Matthews Sonic Bikes Friedensfest
    Kaffe Matthews Sonic Bikes Friedensfest Foto: Felicitas Lachmayr

    Flöten und Cellos erklingen aus den Lautsprechern und lassen die Maximilianstraße noch imposanter erscheinen. Am Herkulesbrunnen wechselt der Sound zu Wassergeplätscher und an der Ulrichskirche singt eine Frauenstimme plötzlich „Amazing Grace“. Ein Pärchen bleibt stehen, hört gespannt hin, da beginnt schon ein neuer Sound.

    Mit Lautsprechern am Lenker durch Augsburg radeln und Klängen aus der Stadt lauschen, genau das hat die britische Komponistin Kaffe Matthews möglich gemacht. Im Rahmen des Friedensfestes hat sie Fahrräder zu kleinen Klangkisten umgebaut. Zwei Lautsprecher am Lenker und eine Box auf dem Gepäckträger, die per GPS-Signal den Sound abspielt. Wie die vertonte Radtour klingt?

    Mit ihrem Projekt will Kaffee Matthews Menschen in der Stadt eine Stimme geben

    Elf Collagen hat Matthews kreiert, darunter Stimmen von Menschen, Live-Musik, Straßenmusik oder Geräusche aus der Natur, alles aufgenommen in Augsburg. Entstanden ist ein einzigartiger Klangteppich, der sich mit den Sonic Bikes, wie die Künstlerin ihre Fahrräder nennt, erkunden lässt. Je nachdem, wo man radelt, ertönt ein neuer Sound.

    Mit Lautsprechern am Lenker durch Augsburg radeln und Klängen aus der Stadt lauschen, die britische Komponistin Kaffe Matthews hat das möglich gemacht.
    Mit Lautsprechern am Lenker durch Augsburg radeln und Klängen aus der Stadt lauschen, die britische Komponistin Kaffe Matthews hat das möglich gemacht. Foto: Felicitas Lachmayr

    Tourstart am Rathausplatz. Die Stimme einer Frau erklingt, ihr Name ist Salome, sagt sie, was auf Hebräisch „Frieden“ bedeutet. Eine Zufallsbegegnung, die die Künstlerin passend zum Friedensfest in ihre Klangcollage eingebaut hat. „Ich wollte nicht nur Klänge der Stadt einfangen, sondern auch Menschen eine Stimme geben, die hier leben und vielleicht nicht so oft gehört werden“, sagt Matthews. „Cosmopoling“ hat sie ihr Projekt genannt, eine Anspielung auf das Grandhotel Cosmopolis, in dem sie vielen Menschen begegnet ist und deren Geschichten sie aufgenommen hat.

    Oberer Graben. Kurze Klangpause an der Ampel, und wieder eine Frauenstimme. Sie ist aus Afghanistan geflüchtet, erzählt sie auf Englisch. Früher hat sie in einer Bank gearbeitet, aber nach der Machtergreifung der Taliban durfte sie nicht mehr arbeiten. Jetzt lebt sie hier, in Augsburg. Und für einen Moment verschwimmt das Grün, die Straße, die beschauliche Umgebung.

    Ein Klangelement, das auf der Radtour immer wieder zu hören ist: Wasser

    Im Park am Roten Tor dann plötzlicher Soundwechsel. Gitarrenmusik, Gesang und alles scheint im Flow. „Schön ist das“, ruft eine Radlerin und will mehr wissen über die Musik, das Projekt, die Künstlerin. Matthews, preisgekrönte Komponistin und Klangkünstlerin, hat schon in vielen Städten Fahrräder mit Soundsystemen auf die Straße gebracht, darunter in Lissabon, London und Taiwan.

    Elf Collagen hat Matthews kreiert, darunter Stimmen von Menschen, Live-Musik, Straßenmusik oder Geräusche aus der Natur, alles aufgenommen in Augsburg.
    Elf Collagen hat Matthews kreiert, darunter Stimmen von Menschen, Live-Musik, Straßenmusik oder Geräusche aus der Natur, alles aufgenommen in Augsburg. Foto: Felicitas Lachmayr

    Jetzt war sie in Augsburg unterwegs. Und, wie klingt die Stadt in den Ohren einer Klangkünstlerin? „Sehr ruhig im Vergleich zu anderen Städten“, sagt Matthews. „Tolle Akustik, vor allem in den Gassen der Innenstadt.“ Straßenbahn, Kirchenglocken, einige Sounds seien markant. Im Dom hat sie den Chor aufgenommen, ein anderes, zentrales Element: Wasser. Fährt man am Stadtgraben oder Prinzregentenplatz entlang, plätschert es aus den Lautsprechern.

    Dann wieder wechselt der Sound. Schaezlerstraße, rote Ampel. Elektronische Musik dröhnt aus den Boxen. Ein Mann läuft vorbei, schüttelt den Kopf, genervter Blick. Unangenehmes Gefühl, der Sound erzeugt Aufmerksamkeit, schafft aber auch positive Begegnungen. Heinrich-von-Buz-Straße, MAN-Museum, Countrymusik dröhnt aus den Lautsprechern. Radikaler Bruch mit der Umgebung, aber der Effekt funktioniert. Drei junge Leute schauen erst irritiert, lachen dann und fangen an zu tanzen.

    Meistens passt der Sound auf dem Gepäckträger zur Umgebung

    Drei Monate hat Matthews am Projekt gearbeitet, die Bikekitchen stellte die Fahrräder zur Verfügung. „Es geht nicht darum, mit dem Fahrrad ein bestimmtes Ziel zu erreichen, sondern sich auf die Stadt einzulassen und sie neu zu entdecken“, sagt sie. Und tatsächlich nimmt man die Umgebung intensiver wahr mit dem Sound auf dem Gepäckträger.

    Und wo war es klanglich am interessantesten? Matthews lacht. Es gebe da diese hässliche Straße. Sebastianstraße, am MAN-Gebäude vorbei, Richtung Oberhausen. „Für mich wirkt sie wie eine Verbindung zwischen zwei verschiedenen Welten“, sagt sie. Das schicke Bismarckviertel im Süden, die einfacheren Bauten Links der Wertach, ein Kontrast, den sie klanglich verarbeitet hat - mit Aufnahmen von Live-Sessions, Trommeln, Gesang, Stimmengewirr.

    Und dann gibt es noch ein Soundelement, das nur am Hauptbahnhof und entlang der Localbahnstraße erklingt. Strange atmospheres hat die Künstlerin es genannt. Seltsame Atmosphäre, wie die wohl klingt? Schnell noch vorbeiradeln.

    Kurz informiert: Die Sonic Bikes können bis Samstag, 28. Juni, täglich von 12 bis 18 Uhr kostenlos am Rathausplatz ausgeliehen werden. Anhand einer Karte lassen sich die verschiedenen Klangareale erkunden, die Tour dauert etwa 40 Minuten.

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