Weit vor der Schifffahrt der alten Griechen und Römer sind Jäger und Sammler nach Malta gelangt. Das schließt ein internationales Forschungsteam aus der Analyse von rund 8.500 Jahre alten Funden aus einer Höhle der Insel. „Unsere Entdeckungen dokumentieren die längste bisher bekannte Seeüberquerung von Jägern und Sammlern im Mittelmeer“, schreibt das Team um Eleanor Scerri vom Max-Planck-Institut für Geoanthropologie in Jena im Fachjournal Nature.
Der kürzeste Abstand zwischen Sizilien und der südlich davon gelegenen Insel Malta beträgt nach Angaben des Teams zwar nur 85 Kilometer. Es nimmt jedoch an, dass die Menschen rund 100 Kilometer fahren mussten. „Die Seeleute waren auf die Oberflächenströmungen und Winde angewiesen, zur Navigation dienten Landmarken, die Sterne und andere Praktiken“, sagte Mitautor Nicholas Vella von der Universität Malta. Eine Wegstrecke von 100 Kilometern mit einer Geschwindigkeit von vier Kilometern pro Stunde sei daher plausibel.
Der Grund für die langen Seeüberquerungen ist noch unklar
Die Seeleute könnten einen Einbaum oder ein Floß aus Schilfrohr oder Tierhäuten genutzt haben, schreibt Dylan Gaffney von der University of Oxford. Er schließt nicht aus, dass die Menschen von Nordafrika kamen, auch wenn das unwahrscheinlich sei. „Zum Zeitpunkt der Seefahrt betrug die Meeresdistanz zwischen Tunesien und Malta 250 bis 300 Kilometer.“ Dabei könnten Inseln dazwischen als „Trittsteine“ gedient haben.

Die Jäger und Sammler aßen vor allem Rotwild, waren aber auch in der Lage, Meeresfrüchte und Vögel zu nutzen, „was ihnen half, auf einer kleinen Insel zu überleben“, heißt es in der Studie. In der Höhlen-Ausgrabungsstätte Latnija, im Norden der Insel Malta, entdeckte das Team Steinwerkzeuge, Feuerstellen und erhitzte Essensreste. Die Jäger und Sammler verspeisten Rothirsche und Muscheln, aber auch Reptilien wie Meeres- und Landschildkröten sowie Fische, Krebstiere und Robben.
Nächtliche Seefahrt: Jäger und Sammler reisten wohl auch in den Nachtstunden nach Malta
Die Motivation für so lange Seeüberquerungen bleibe unklar, schreibt das Team in der Studie. Ein Ressourcenmangel sei ebenso möglich wie soziale Ursachen. Es sei denkbar, dass es „demografische Schockwellen in der Jäger-Sammler-Gesellschaft“ gegeben habe, die im Mittelmeerraum mit dem Übergang zur Jungsteinzeit, in der die Landwirtschaft begann, verbunden seien.
Bislang habe die längste bekannte Entfernung in der Seefahrt von Jägern und Sammlern im Mittelmeer etwa 50 Kilometer betragen, sagte Scerri. Die nun nachgewiesene Fahrt sei nicht nur doppelt so lang gewesen, sondern habe auch Nachtstunden benötigt. Es handele sich um das älteste bislang bekannte Beispiel für so weite Entfernungen, sagte sie mit Blick auf Reisen im Mittelmeer.
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