Pro: Deckelung schafft gerechtere Bedingungen am Mietmarkt
Es ist unfair, so zu tun, als kämpfen Studierende und Arbeitnehmende am freien Mietmarkt mit denselben Waffen. Wer einmal in Studienjahren bei einer Wohnungsbesichtigung mit dem kinderlosen Informatiker-Paar und der alleinstehenden Ärztin um Aufmerksamkeit buhlen musste, weiß das. Die Forderung der Jusos, den WG-Zimmerpreis auf 400 Euro zu begrenzen, ist ein lobenswerter Versuch, diesem ungleichen Kampf etwas entgegenzusetzen.
Studieren ist ein unbezahlter Vollzeitjob, hinzu kommt oft ein Nebenjob. Trotz Bafög oder elterlicher Finanzspritze haben Studierende meist nur ein Monatsbudget im dreistelligen Bereich zur Verfügung. Da wird es schnell knapp, denn die Mieten steigen, in München kostet ein WG-Zimmer im Schnitt 790 Euro monatlich. Günstige Wohnheimplätze sind Mangelware, laut Studierendenwerk standen 2023 bundesweit 32.000 junge Menschen auf der Warteliste für ein solches Zimmer. Diese Schieflage wird oft übersehen, weil im Wahlkampf eher über Migration, Bürgergeld und Wirtschaftswende gestritten wird. Und auch, weil Studierende keine Lobby haben.
Dass die Wohnungskrise die Nachwuchsakademiker erreicht hat, geht aber alle etwas an. So werden ebenjene jungen, schlauen Köpfe aus den Hörsälen und Städten gedrängt, von denen es heißt, dass es sie für eine florierende Zukunft braucht. Der Fachkräftemängel wird verstärkt, wenn die angehende Entwicklungsingenieurin oder der Kindergartenpädagoge das Studium nicht finanzieren kann. Eine politische Maßnahme, um die Wohnsituation für Studierende zu verbessern, ist deshalb sinnvoll. Andernfalls könnten sich die hohen Mieten auf lange Sicht rächen. (Veronika Ellecosta)
Contra: Die Politik muss wirksame Maßnahmen für alle durchsetzen
Bruchbuden werden für hunderte Euro vermietet, Studierende hetzen von einem WG-Casting zum nächsten und finden doch kein Zimmer, die Wohnheime sind voll, die Mieten steigen. Bezahlbaren Wohnraum zu finden ist schwierig, besonders für junge Menschen ohne hohes Einkommen oder finanzielle Unterstützung.
Die Forderung der Jusos, die Mietpreise in Wohngemeinschaften auf 400 Euro zu begrenzen, klingt plausibel, aber langfristig ist damit niemandem geholfen, denn die Probleme auf dem Wohnungsmarkt reichen weiter. Ob Rentnerin oder Geringverdiener, alle sind vom Wohnungsmangel und den hohen Mieten betroffen. Die Mietpreisbremse sollte verhindern, dass Vermieter mehr als zehn Prozent der ortsüblichen Miete verlangen, sie gilt aber weder für Neubauten noch sanierte Wohnungen und wird in der Praxis häufig umgangen.
Daran würde auch die 400-Euro-Regelung nichts ändern. Über eine Onlineplattform sollen junge Menschen zwar den Mietvertrag prüfen und Kürzungen durchsetzen können. Beträgt die Miete danach immer noch mehr als 400 Euro, sollen sie einen Zuschuss vom Staat erhalten. Sprich, der private Vermieter kann weiterhin hohe Mieten einstreichen und der Staat gleicht aus. Das kann nicht die Lösung sein.
Statt Menschen in WGs zu bevorzugen, sollte die Politik endlich Maßnahmen durchsetzen, von denen alle profitieren. Mehr Geld für den sozialen Wohnungsbau bereitstellen, Investitionsprogramme schaffen, damit mehr gebaut wird, mehr Büros in Wohnungen umwandeln, ausländische Investoren vom Wohnungsmarkt aussperren, Mieten effizienter deckeln – Ansätze gibt es viele, mit einer plakative Forderung allein ist es nicht getan. (Felicitas Lachmayr)
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