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Grey‘s-Anatomy-Star Ellen Pompeo sagt: „Mutterschaft ist nicht perfekt.“

Grey‘s-Anatomy-Star

Ellen Pompeo: „Ich bin eine ziemlich starke Person. Ich habe 21 Staffeln einer Serie getragen“

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    Die US-Schauspielerin Ellen Pompeo ist mit ihrer Rolle als Ärztin Meredith Grey in „Grey‘s Anatomy“ bekannt geworden. Jetzt spielt sie in der Serie „Good American Familiy“ mit.
    Die US-Schauspielerin Ellen Pompeo ist mit ihrer Rolle als Ärztin Meredith Grey in „Grey‘s Anatomy“ bekannt geworden. Jetzt spielt sie in der Serie „Good American Familiy“ mit. Foto: Evan Agostini/Invision via AP/dpa

    Was hat sich für Sie verändert, seit die Arzt-Serie „Grey’s Anatomy“ 2005 so erfolgreich wurde?
    ELLEN POMPEO: In erster Linie empfinde ich einfach eine große Dankbarkeit. Es gibt so viele Serien, die es vielleicht gar nicht erst in die breite Öffentlichkeit schaffen – großartige Projekte mit talentierten Schauspielern, an denen unglaublich hart gearbeitet wird. Aber aus den unterschiedlichsten Gründen, sei es das Geschäft, die Werbung oder andere Faktoren, bekommen sie nie wirklich die Chance, ihr Publikum zu finden.

    Ihre Figur Meredith Grey ist ziemlich komplexmanche lieben sie, andere nicht. Was halten Sie als Schauspielerin von ihr?
    POMPEO: Ich finde, sie ist sehr fehlerhaft. In den USA werden weibliche Charaktere in Film und Fernsehen oft nicht besonders vielschichtig gezeichnet. Viele sind glatt, perfekt und haben kaum Ecken und Kanten – und ehrlich gesagt, das wäre für mich als Schauspielerin ziemlich langweilig.

    Die Figur hat über die Jahre starke Reaktionen hervorgerufen. Wie gehen Sie damit um, dass Ihre Rolle so polarisiert?
    POMPEO: Unbedingt. Mein Ziel als Schauspielerin ist es, Emotionen zu wecken – ganz egal, ob positiv oder negativ. Wenn Menschen auf Meredith reagieren, wenn sie etwas in ihnen auslöst, dann bedeutet das, dass ich meinen Job gut mache. Natürlich lässt sich das eigene Ego nicht immer ganz ausschalten, besonders wenn man so viel Arbeit in eine Rolle steckt. Aber am Ende zählt, dass Meredith ein Charakter ist, der menschlich ist – mit Fehlern, Unsicherheiten und Widersprüchen.

    Ellen Pompeo als Meredith Grey und Patrick Dempsey als Derek "McDreamy" Shepherd in einer Szene der Arztserie „Grey's Anatomy“ .
    Ellen Pompeo als Meredith Grey und Patrick Dempsey als Derek "McDreamy" Shepherd in einer Szene der Arztserie „Grey's Anatomy“ . Foto: Vivian Zink/ABC/Touchstone Television/Disney+, dpa

    Sehen Sie es als wichtig an, genau das auch im Fernsehen zu zeigen?
    POMPEO: Ja, absolut. Kein Mensch ist perfekt, weder Männer noch Frauen. Und ich finde, es ist gut, das auch auf der Leinwand zu zeigen. Menschen machen Fehler, das gehört zum Leben dazu. Aber man muss aufstehen, sich abklopfen und weitermachen. Ich bin wirklich froh, eine Figur spielen zu dürfen, die so komplex und herausfordernd ist. Denn genau das macht sie – und für mich auch die Serie – so real und spannend.

    Sind Sie überrascht von den medizinischen Fällen, die in der Serie gezeigt werden?
    POMPEO: Ja, einige davon sind wirklich unglaublich. In den USA gibt es großartige Dokus über reale Notaufnahmen, zum Beispiel auf dem Learning Channel. Erst neulich hat mir jemand am Set erzählt, dass ein Bauarbeiter sich das Bein gebrochen hat und sich selbst einen Gips mit Zement angelegt hat. Er ist erst eine Woche später zum Arzt gegangen – dabei enthält Zement Säuren, die die Haut verbrennen können, und die Ärzte wussten nicht, wie sie den „Gips“ überhaupt entfernen sollten. Solche Geschichten zeigen, wie verrückt echte medizinische Fälle sein können.

    Interessieren Sie sich auch privat für medizinische Rätsel?
    POMPEO: Ja, total! Die New York Times hat jeden Sonntag eine Kolumne mit medizinischen Rätseln – die finde ich wahnsinnig spannend. Es gibt so viele unglaubliche Fälle da draußen, und genau das liebe ich an dieser Serie. Die medizinischen Geschichten machen „Grey’s Anatomy“ nicht nur unterhaltsam, sondern auch faszinierend.

    War es für Sie schwer, als Schauspielerin Fuß zu fassen?
    POMPEO: Natürlich gab es viele Rückschläge – aber auf eine seltsame Art waren sie oft ermutigend. Ich hatte Meetings mit wirklich berühmten Regisseuren, die ich bewundert habe, und oft sagten sie zu mir: „Ich kann dich für diese Rolle leider nicht besetzen, aber du bist fantastisch. Bitte gib nicht auf – es ist nur eine Frage der Zeit.“

    Hat Sie das dazu gebracht, weiterzumachen?
    POMPEO: Ja, absolut. Ich dachte mir: Wenn so viele kluge Leute in dieser Branche an mich glauben, dann können sie nicht alle falsch liegen. Immer wieder bekam ich positives Feedback, auch wenn es nicht direkt zu einer Rolle führte. Und genau diese Bestätigung hat mir die Kraft gegeben, dranzubleiben. Letztendlich hatte ich großes Glück, dass ich so viel Unterstützung erfahren habe – und irgendwann hat es sich ausgezahlt.

    „Grey’s Anatomy“ läuft seit 20 Jahren. Haben Sie im echten Leben noch Kontakt zu ihren Serienkollegen?
    POMPEO: Aber natürlich. Nach so vielen Jahren am Set lernt man sich wirklich gut kennen – da entstehen echte Freundschaften. Klar, wir stehen nicht jeden Tag in Kontakt, jeder hat Familie und eigene Projekte, um die er sich kümmern muss. Aber wir melden uns regelmäßig, um zu hören, wie es dem anderen geht. Besonders mit Justin Chambers und T.R. Knight verbindet mich bis heute eine enge Freundschaft.

    Jetzt sind sie in der Serie „Good American Family“ zu sehen, die auf einem realen Justizdrama um ein kleinwüchiges Mädchen basiert. Eine echte 180-Grad-Wende. Warum haben Sie sich für dieses Projekt entschieden?
    POMPEO: Die 180-Grad-Wende fühlte sich fantastisch an. Es war an der Zeit etwas neues zu erkunden. Ein entscheidender Punkt für mich war natürlich das Drehbuch von Sarah und Katie. Es musste durchdacht, intensiv und fesselnd sein, all das auf einmal. Diese Balance zu finden, ist extrem schwierig, aber sie haben es meisterhaft umgesetzt. Ich habe ihnen vertraut.

    Die Serie basiert auf einer wahren Geschichte, doch jede Realität hat mehrere Seiten. Wie gehen Sie damit um, dass Wahrheiten oft eine Frage der Perspektive sind?
    POMPEO: Geschichten sind immer eine Frage der Perspektive. Zwei Menschen können dasselbe erleben, aber ganz unterschiedlich empfinden. Gerade heute, in einer Welt voller Meinungen, scheint das aktueller denn je. Wir alle schauen uns dasselbe an und kommen mit völlig anderen Meinungen darüber heraus, was wir gerade gesehen haben. Manchmal stimmen wir überein, aber oft eben nicht.

    Imogen Faith Reid spielt Ihre Tochter, die mit Kleinwüchsigkeit lebt. Wie war die Zusammenarbeit mit ihr?
    POMPEO: Sie ist einfach unglaublich. Erst nach den Dreharbeiten hat sie mir erzählt, dass sie ein riesiger Fan von mir und Grey’s Anatomy ist – die Serie hat ihr in schweren Zeiten Halt gegeben.

    Aus einer Adoption wird ein Streitfall: Ellen Pompeo und Imogen Reid in der Serie „Good American Family“.
    Aus einer Adoption wird ein Streitfall: Ellen Pompeo und Imogen Reid in der Serie „Good American Family“. Foto: -/Disney/dpa

    Sind sie selbst Mutter. Hat die Rolle von Kristine Ihre Sicht auf Mutterschaft und innere Stärke verändert?
    POMPEO: Großartige Frage. Was mich wirklich geprägt und verändert hat, ist die Erkenntnis, wie viel Schaden man einem Kind zufügen kann – sowohl durch Handlungen als auch durch das, was man nicht tut. Ich bin mir jetzt noch bewusster, wie sehr unsere Reaktionen Kinder beeinflussen.

    Meinen Sie, dass Eltern oft unbewusst aus dem Ego heraus handeln?
    POMPEO: Ganz genau. Erziehung hat oft viel mit Ego zu tun. Wir wollen, dass unsere Kinder uns widerspiegeln – aber was passiert, wenn sie nicht so reagieren, wie wir es erwarten? Diese Rolle hat mich gelehrt, noch achtsamer damit umzugehen.

    Und was ist mit Ihrer eigenen inneren Stärke?
    POMPEO: Ich denke, ich bin eine ziemlich starke Person. Ich habe 21 Staffeln lang eine TV-Serie getragen – das erfordert Durchhaltevermögen. Vielleicht wurde mir das schon in die Wiege gelegt. Ich komme aus Boston, einer Stadt, die für ihre raue, kämpferische Mentalität bekannt ist. Das hat mich definitiv abgehärtet und mir beigebracht, auch in schwierigen Zeiten standhaft zu bleiben. Um ehrlich zu sein, glaube ich, ist das genau meine Stärke.

    Viele Frauen kennen das Gefühl, weitermachen zu müssen, egal wie schwer es wird. Ist das etwas, womit Sie sich persönlich identifizieren können?
    POMPEO: Absolut. Am Ende des Tages war mein Ausgangspunkt immer die Liebe einer Mutter. Ich glaube, jede Mutter will nur das Beste für ihr Kind – es beschützen, unterstützen und ihm alles geben, was es braucht. Aber manchmal übernehmen wir uns, weil wir denken, wir müssen alles alleine schaffen.

    Und dabei passieren Fehler?
    POMPEO: Natürlich! Wir treffen Entscheidungen, die sich später vielleicht als falsch herausstellen. Aber das gehört dazu. Mutterschaft ist nicht perfekt – es gibt keine Anleitung, keinen richtigen oder falschen Weg. Wir handeln immer aus den besten Absichten, aber das Leben ist chaotisch, und manchmal geht eben alles schief. Wichtig ist, dass man weitermacht.

    Sie sind seit Jahren Teil der Unterhaltungsbranche und haben miterlebt, wie sich Hollywood verändert hat. Was macht Sie heute besonders stolz?
    POMPEO: Ich bin stolz auf so vieles, aber wenn ich es auf zwei Dinge reduzieren müsste, dann auf diese: Erstens ist Inklusion heute wichtiger denn je. Wir alle reden darüber, dass sich jeder gesehen und gehört fühlen soll – aber reden allein reicht nicht. Mein Ziel war es, das mit dieser Serie wirklich umzusetzen, sowohl vor als auch hinter der Kamera. Und ich glaube, das ist uns gelungen.

    Was bedeutet Inklusion für Sie?
    POMPEO: Die Welt ist so bunt und vielfältig – warum sollte das nicht auch in unseren Geschichten sichtbar sein? Wir als Künstler haben die Verantwortung, die echte Welt zu reflektieren. Und wenn wir es schaffen, Menschen zum Nachdenken zu bringen - dass sie sich fragen: „Warum denke ich so? Bin ich vielleicht zu schnell mit meinen Urteilen?“ - dann haben wir wirklich etwas bewegt. Wenn wir auch nur einen kleinen Beitrag dazu leisten können, dass Menschen einander mit mehr Wärme und Empathie begegnen, dann ist das für mich das größte Geschenk.

    Zur Person:

    Ellen Pompeo ist in New York aufgewachsen. Sie wollte Archäologin werden, arbeitete als Barkeeperin und wurde von einem Agenten entdeckt. Nach einigen Werbeauftritten stand sie in Filmen wie „Catch Me If You Can“ oder „Vergiss mein nicht!“ vor der Kamera. Als Assistenzärztin Meredith Grey in der TV-Serie „Greys Anatomy“ ergatterte sie 2005 die Rolle ihres Lebens. Die Serie läuft seit 20 Jahren, vergangenes Jahr startete die 21. Staffel. Pompeo hat drei Kinder und lebt in Los Angeles. Jetzt ist die 55-Jährige in der Serie „Good American Family“ zu sehen. Die Geschichte basiert auf einem realen Justizdrama um ein kleinwüchsiges Mädchen aus der Ukraine, das von US-amerikanischen Ehepaar adoptiert wird.

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