Ist das die Rückkehr eines Geächteten? Kevin Spacey ist am Rande der Filmfestspiele von Cannes mit einem Preis für sein Lebenswerk geehrt worden – und sprach sich in seiner Dankesrede gegen Cancel Culture aus: „Wer hätte je gedacht, dass es eine mutige Idee ist, jemanden zu ehren, der in jedem einzelnen Gerichtssaal, den er je betreten hat, entlastet wurde“, sagte der 65-jährige Schauspieler. Damit spielt Spacey auf die Schlagzeilen, Vorwürfe und Prozesse an, die ihn selbst in den vergangenen Jahren betroffen hatten.
Kevin Spacey rückte 2017 in den Fokus der „MeToo“-Bewegung
Cancel Culture, das beschreibt das öffentliche Ächten oder Boykottieren von Personen, denen Fehlverhalten vorgeworfen wird. Auch Kevin Spaceys Karriere war nach Vorwürfen ins Wanken geraten. Für seine künstlerische Leistung in Hollywood-Filmen wie „American Beauty“ war er lange bejubelt worden, vom Kinopublikum wie von Kritikern. Zwei Oscars gewann der Schauspieler. Als seine Paraderolle galt die Figur des zwielichtigen Präsidenten Frank Underwood in der Serie „House of Cards“. Zwölf Jahre lang leitete Spacey zudem das Old Vic Theatre in London, war Regisseur und Produzent. Doch ab dem Jahr 2017 kamen Vorwürfe auf: Mehrere Männer beschuldigten Spacey wegen sexueller Übergriffe. Die Anschuldigungen, die der Schauspieler Anthony Rapp gegen Spacey öffentlich machte, zogen weitere nach sich.
Spacey bestritt die Vorwürfe und eine New Yorker Jury sprach ihn 2022 frei. Andere Klagen wurden zurückgezogen oder abgewiesen wegen Verjährung. Auch in einem Gerichtsverfahren in London, in dem ihm vier Männer sexuelle Übergriffe vorgeworfen hatten, gab es 2023 einen Freispruch für Spacey. Diese Fälle fielen in eine Zeit, als die „MeToo“-Bewegung das Verschweigen von Missbrauch und Übergriffen anprangerte. Der Fall des Hollywood-Starproduzenten Harvey Weinstein, der von mehreren Frauen wegen sexueller Belästigung und Vergewaltigung angeklagt wurde, löste diese Bewegung aus. Aktuell wird der Prozess gegen den Mogul in New York wieder neu aufgerollt.
Trotz seiner Freisprüche und den Klagen, die fallen gelassen wurden, hat Kevin Spacey seitdem keine größeren Rollen mehr gespielt. Hollywood machte einen Bogen um den Schauspieler. Die Macher von „House of Cards“ strichen seine Rolle als Frank Underwood aus der Netflix-Serie. „Es ist sehr schön, zurück zu sein“, sagte Spacey jetzt am Rande der Gala in Cannes. Bedeutet die Auszeichnung ein Comeback für ihn? Darauf antwortete Spacey: „Nun, ich bin froh, dass ich wieder arbeite. Das kann ich Ihnen sagen.“
Kevin Spacey spricht in Cannes über Cancel Culture
In seiner Dankesrede sprach Spacey Fälle an, in denen Menschen zu Unrecht „gecancelt“ worden seien. Etwa der US-Drehbuchautor Dalton Trumbo, der in den 1940er- und 1950er-Jahren auf der „Hollywood Blacklist“ landete, die die Arbeit mit Künstlern untersagte, denen man eine Nähe zum Kommunismus nachsagte.
„Es gibt Zeiten, in denen man für Prinzipien einstehen muss“, sagte Spacey in Cannes. „Ich habe eine Menge aus der Geschichte gelernt. Sie wiederholt sich sehr oft. Die ‚schwarze Liste‘ war eine schreckliche Zeit in unserer Branche, aber wir müssen daraus lernen, damit so etwas nie wieder passiert.“
Kevin Spacey fand lange Zeit keine Jobs mehr in Hollywood
Die Organisation Better World Fund hat Spacey mit dem Preis geehrt. Feiert Kevin Spacey damit sein Comeback? Die Auszeichnung beschreiben manche Medien schon als eines der größten „Ent-Cancelings“ der Promiwelt. Der 65-Jährige vermarktet auf dem Filmmarkt in Cannes gerade den Thriller „The Awakening“, in dem er selbst mitspielt. Es ist eine kleinere Produktion und der erste Film, den Spacey nach seinem Freispruch 2023 in London gedreht hat. (veli, mit dpa)
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