Hülsenfrüchte, Gemüse und Getreide prägen die orientalische Küche. Vor allem Gerichte für jeden Tag enthalten viele pflanzliche Zutaten. „Gemüse, frische Kräuter und Gewürze werden geradezu verschwenderisch verwendet“, sagt Anne-Katrin Weber, Autorin des Kochbuchs „Deftig vegan Orient“.
Für die Köchin und Food-Stylistin ist das auch schon die wichtigste Gemeinsamkeit der verschiedenen regionalen Küchen Nordafrikas und der Levante, also des östlichen Mittelmeerraums. Wer rein pflanzlich kochen will, findet in der orientalischen Kochkultur viel Inspiration. Einige Gerichte enthalten gar keine tierischen Zutaten, andere lassen sich leicht abwandeln.
Die Familie Doudieh hat ihre syrischen Familienrezepte angepasst
Familie Doudieh hat das ausprobiert. Als sie vor über 20 Jahren von Damaskus nach Nürnberg kamen, brachten die Doudiehs ihre mündlich überlieferten Familienrezepte mit. „Die Erinnerung an Syrien ist für mich eng mit Essen und Kochen verbunden“, sagt Yazan Doudieh.
Vor einigen Jahren stiegen sein Bruder und er auf vegane Ernährung um und passten auch ihre Lieblingsgerichte an – auch wenn in der Familie nicht gleich applaudierten. Die Großmutter jedenfalls wunderte sich: „Man kann aus Nüssen Milch machen? Ihr Almans melkt aber auch alles.“ Inzwischen ernährt sich die ganze Familie rein pflanzlich und hat zwei Kochbücher „Syrisch in Vegan“ veröffentlicht.
„Wir haben mit dem angefangen, was sowieso vegan ist“, sagt Yazan Doudieh, der als Architekt arbeitet und in seiner Freizeit leidenschaftlich gern kocht. Viele der Rezepte basieren auf Hülsenfrüchten oder Getreide. Bulgur beispielsweise ist ein Klassiker der syrischen Küche und eignet sich besonders gut für pflanzliche Gerichte.
Wie der nordafrikanische Couscous besteht Bulgur meist aus Hartweizen. Er kommt aus der levantinischen Küche, schmeckt leicht nussig und kräftiger als Couscous. Auch die Herstellung unterscheidet sich. Couscous besteht aus Hartweizengrieß, der in mehreren Schritten befeuchtet, zu Kügelchen verklumpt und getrocknet wird. Für Bulgur werden die Weizenkörner lediglich gedämpft, dann getrocknet und klein geschnitten, je nach Variante grob oder etwas feiner. So bleiben mehr Nährstoffe erhalten.

Tabouleh, ein Bulgur-Salat, ist besonders in Syrien und dem Libanon beliebt. Zubereitet wird er mit viel glatter Petersilie, Schalotten, Zitronensaft und Olivenöl. Gehackte Minze sowie klein geschnittene Tomaten und Paprika passen ebenfalls dazu. Der Salat wird mit Salz und Pfeffer abgeschmeckt und sollte vor dem Servieren etwas durchziehen.
Sojajoghurt, Austernpilze - so wird Shakriyeh vegan
Zu Yazans Doudiehs Leibspeisen gehört Shakriyeh, ein Gericht, das in Syrien mit Lammfleisch und einer Joghurtsoße zubereitet wird. Familie Doudieh ersetzt das Fleisch durch Kräutersaitlinge oder Austernpilze. Die Konsistenz ist ähnlich und die Pilze nehmen Gewürze gut auf. Sie werden mit Schalotten scharf angebraten, das sorgt auch ohne tierische Zutaten für einen deftigen Geschmack.
Für die Soße eignet sich ungesüßter Sojajoghurt, der mit veganer Sahne, Zitronensaft und Gewürzen abgeschmeckt wird. Sojajoghurt wird mit Milchsäurebakterien fermentiert und erhält so den leicht säuerlichen Geschmack. „Wir verwenden ihn in vielen Rezepten als Alternative zu herkömmlichem Joghurt“, sagt Yazan Doudieh.
Sojajoghurt, Hafersahne oder Austernpilze: Einzelne Zutaten lassen sich gut durch pflanzliche Alternativen ersetzen oder mit viel Gemüse ergänzen. Bei den Gewürzen haben die Doudiehs lange experimentiert. Denn Gemüse vermittelt den Geschmack anders als Fleisch, Sojajoghurt anders als herkömmlicher Joghurt.
Es muss nicht gleich das ganze Gewürzregal neu bestückt werden
Yazan Doudieh würzt die veganen Gerichte oft etwas kräftiger. Manchmal kommen auch neue Gewürze hinzu, zum Beispiel beim Shakriyeh. Zusätzlich zu Kardamom wird die Soße mit Muskatnuss abgeschmeckt.
Wer orientalisch kochen will, muss nicht gleich das ganze Gewürzregal neu bestücken. Für den Anfang reicht eine kleine Auswahl, einiges davon ist bestimmt schon vorhanden: schwarzer Pfeffer und Chili zum Beispiel.

Kreuzkümmel, auch bekannt als Cumin, wird ebenfalls häufig verwendet. Er ist als Hauptgewürz in Falafeln enthalten, den beliebten Bällchen aus Kichererbsen. Hummus gibt er den charakteristischen Geschmack. Die aromatische Paste aus pürierten Kichererbsen und Sesammus enthält nur pflanzliche Zutaten und ist daher für die vegane Ernährung besonders geeignet.
Manchmal trifft man auf alte Bekannte – die Saubohne zum Beispiel
Hülsenfrüchte wie Erbsen, Linsen oder Bohnen enthalten viel Eiweiß und sind daher ideal für Menschen, die keine tierischen Lebensmittel essen. Manchmal trifft man in der orientalischen Küche auf alte Bekannte: Dicke Bohnen, in Deutschland auch bekannt als Ackerbohnen oder Saubohnen, kennen manche noch vom Mittagstisch der Großeltern.
In Marokko oder Syrien heißen sie Favabohnen und kommen zum Beispiel als kalte Vorspeise oder Eintopf auf den Tisch. Die kräftig-nussigen Bohnenkerne sind nicht nur gesund, sondern auch nachhaltig. Weil sie auch in Deutschland angebaut werden, gibt es keine langen Transportwege.
Zum Abschluss noch etwas Harissa - die afrikanische Chili-Paste
Ähnlich ist es bei vielen Gemüsesorten. Aus Karotten, Roter Bete oder Tomaten lassen sich orientalische Köstlichkeiten zubereiten. Anne-Katrin Weber etwa brät für ihre grünen Bohnen in Tomatensoße zunächst Zwiebelspalten und Knoblauchzehen in Olivenöl an, dann gibt sie Zimt und Harissa hinzu, eine afrikanische Chili-Paste.

Die vorgekochten grünen Bohnen und die klein geschnittenen Tomaten werden mit etwas Wasser in den Gewürzen zu Ende gegart. Das schmeckt nicht nur lecker orientalisch, sondern ist auch doppelt nachhaltig: Die Zutaten sind rein pflanzlich und wachsen praktisch um die Ecke. (Ann-Kathrin Marr, dpa)

Rezept: Shakriyeh, Schalotten und Austernpilze in Kardamom-Joghurt
Shakriyeh gehört traditionell Lammfleisch. Also nichts für Veganer? Weit gefehlt, wie dieses Rezept mit Pilzen statt Fleisch zeigt.
Zutaten für 4 Personen:
Für die Schalotten-Pilz-Pfanne:
- 500 g Austernpilze (alternativ Kräuterseitlinge)
- 15 Schalotten
- 2 EL pflanzliche Butter
- 1 TL gemahlener Kardamom
- 1 TL Salz
- 1/4 TL gemahlener Ingwer
- 1 TL Gemüsebrühe
- 1/2 TL weißer Pfeffer
- 500 ml Wasser
Für die Joghurt-Soße:
- 1 kg ungesüßter Sojajoghurt
- 200 ml vegane Sahne
- 1,5 TL gemahlener Kardamom
- 1/4 TL gemahlene Muskatnuss
- 1,5 TL Salz
- 1/2 TL weißer Pfeffer
- 1 TL frischer Zitronensaft
- 1 EL Rapsöl
- 50 g Pinienkerne
Zubereitung
1. Pilze gründlich putzen, längs halbieren. Kräuterseitlinge zusätzlich in dünne Scheibchen schneiden. Schalotten schälen und längs halbieren.
2. Butter in einer beschichteten Pfanne auf mittlerer bis hoher Stufe erhitzen. Die Pilze zusammen mit den Schalotten kurz darin anschwitzen, bis die Schalotten glasig und weich sind. Anschließend Kardamom, Salz, Ingwer, Gemüsebrühe und weißen Pfeffer unterrühren. Das Ganze weitere 10 min anbraten, bis die Austernpilze rundherum goldbraun sind - die Kräuterseitlinge färben sich nur ganz leicht. 500 ml Wasser untermischen und bei mäßiger Hitze 10 bis 15 min zugedeckt köcheln lassen.
3. Für die Soße Joghurt und vegane Sahne in einen großen Topf geben. Mit Kardamom, Muskat, Salz und weißem Pfeffer würzen, Zitronensaft hinzufügen und mit einem Schneebesen verrühren.
4. Die kalte Joghurt-Mischung bei hoher Temperatur und unter ständigem Rühren zum Kochen bringen. Dann sofort auf niedrige Flamme stellen, die Schalotten-Pilz-Pfanne samt Brühe dazugeben und gut vermischen. Die Konsistenz der Soße sollte jetzt cremig und leicht dickflüssig sein. Probieren und eventuell mit einer Prise Kardamom nachwürzen. Herd ausschalten und Shakriyeh noch 5 min durchziehen lassen.
5. Rapsöl in einer kleinen Pfanne bei mittlerer Temperatur erhitzen und Pinienkerne unter häufigem Rühren darin bräunen.
6. Shakriyeh in einer tiefen Schüssel anrichten und mit den Pinienkernen sowie einer Prise schwarzem Pfeffer veredeln.
Info: Yazan Doudieh: Syrisch in Vegan. Kochen und leben lassen, Selbstverlag, 32,90 Euro. Zu bestellen unter https://syrischinvegan.de
Anne-Katrin Weber: Deftig vegan Orient. Lieblingsrezepte aus 1001 Nacht, Becker Joest Volk Verla 32 Euro.
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