Herr Brenninkmeyer, Sie spielen in der Komödienreihe „Berühmt sein für Anfänger“ einen Verleger. Sie werden gerne mal mit seriösen Rollen besetzt. Liegt das auch an Ihrer Herkunft? Sie stammen ja aus einer angesehenen Familie, denen auch C&A gehört.
PHILIPPE BRENNINKMEYER: Ich denke schon. Ich werde wohl nie als Taxifahrer gecastet, auch wenn ich gerne mal so eine Rolle übernehmen würde. Das hängt sicher auch mit meinem Aussehen und meiner Herkunft zusammen. Ich stecke schon in der Schublade der seriösen Männer. Aber besser in einer Schublade als in gar keiner (lacht). Allerdings habe ich auch tatsächlich bei der Rheinischen Post einmal eine kaufmännische Ausbildung absolviert. Das war vorteilhaft für diese Rolle, weil ich von diesem Geschäft ein bisschen Ahnung habe.
Sie spielen an der Seite von Andrea Sawatzki und Christian Berkel, die ihre erfolgreiche Komödienreihe mit dem vierten Film fortsetzen. Wie war die Arbeit mit ihnen?
BRENNINKMEYER: Wenn man normalerweise das erste Mal an ein Set kommt, ist man natürlich zunächst etwas nervös, weil man noch nicht weiß, wie das alles läuft. Bei den beiden allerdings fühlte ich mich gleich willkommen – sie waren wie so eine Art Gastgeber. Die sind beide sehr offen und schon nach ein paar Stunden hatte ich das Gefühl, als würde ich mit denen schon ewig drehen. Auch Regisseur Stefan Bühling war prima, weil er viel Feedback gab. Darum fühlte ich mich da sehr gut im Vergleich zu Jobs, wo man einfach nur seine Rolle spielt und fertig. Das war richtig familiär.
Kommt es häufig vor, dass die Jobs eher unpersönlich sind?
BRENNINKMEYER: Ich kann das tatsächlich ganz gut vergleichen, weil ich nach wie vor viel international drehe. Bei deutschen Produktionen sind die Crews kleiner, da wird das natürlich schnell familiärer, weil man die Leute schneller kennenlernt. Das ist schon toll. In Amerika tummeln sich drei bis viermal so viele Leute bei Produktionen. Da wird es dann automatisch anonymer. Wenn man dann nur drei bis vier Drehtage hat, ist das eher ein Job. Man kommt hin, quatscht kurz mit dem Regisseur, spielt und ist wieder weg. Da entstehen keine Bindungen.
Schätzen Sie als Schauspieler mit Theaterhintergrund die leichte Kost oder mögen Sie es lieber „shakespearisch“ schwer dramatisch?
BRENNINKMEYER: (lacht) Gute Frage, denn ich habe tatsächlich viel Shakespeare gespielt. Schwierige Stücke wie „Hamlet“ oder „Macbeth“ haben für mich tatsächlich ihren Reiz. Ich bin ja in England geboren und Englisch ist auch meine Muttersprache. Mir kommt auch der Sprachrhythmus bei Shakespeare entgegen. Denn ich bin ein Timing-Mensch. Aber ich fühle mich durchaus auch in Komödien wohl.
Lieber Theater oder Film?
BRENNINKMEYER: Oh! Ich würde sagen, Theater ist eigentlich meine große Liebe. So habe ich in England angefangen, auch in New York und LA. Theater ist schon Wahnsinn. Da wird viel geprobt und man kann sehr genau und tief arbeiten. Nicht, dass man das beim Film nicht macht, aber es ist da mehr so wie ein Sprung ins kalte Wasser. Man lernt den Text, arbeitet, oft trifft man den Gegenspieler erst am Set. Dann ein paar Proben und los geht es. Das kostet mich manchmal schon Überwindung. Aber das kitzelt mich auch als Schauspieler, ein bisschen an der Kante zu stehen. Man fühlt sich so ein bisschen wie ein Seiltänzer. Beim Theater ist es das spontane Feedback, das mir gefällt. Das gibt es zwar auch beim Film, aber nicht vom Publikum, sondern vom Regisseur oder den Kollegen.
Ihre Herkunft ist ein wenig verwirrend. Wo leben Sie denn aktuell?
BRENNINKMEYER: Ich lebe zusammen mit meiner Frau in Berlin. Wenn ich Sie jetzt ein bisschen langweilen will, dann erzähle ich Ihnen ein bisschen mehr.
Nur los.
BRENNINKMEYER: Also, ich bin tatsächlich in Wimbledon geboren. Darum habe ich einen britischen Pass und wegen meiner Eltern auch einen der Niederlande. Ich habe aber nie länger in London gelebt. Meine Frau wiederum stammt aus den Vereinigten Staaten. Ich habe sie in England am Theater kennengelernt. Als sie in die USA zurückkehrte, bin ich ihr nachgefahren. Dann haben wir bis 2001 in New York gelebt. Nach 9.11. sind wir nach Los Angeles gezogen. Das ist sozusagen die letzte Ausfahrt für Schauspieler, die in den USA nach New York nochmal woanders anfangen wollen. Als aber Trump zum ersten Mal gewählt wurde, sind wir 2017 nach Berlin gezogen. Wir wussten, das, was mit ihm kommt, wollen wir nicht. Seitdem sind wir in Deutschland.
Apropos Los Angeles, die Stadt hat gerade Schlagzeilen gemacht. Was bekommen Sie von den Unruhen mit?
BRENNINKMEYER: Ich muss sagen, das wird in den amerikanischen Medien total hochgepuscht. Natürlich soll jeder seine eigene politische Meinung haben, aber das wird zu groß gespielt. Trump sagt ja, dass die Stadt brennen würde. Das ist aber überhaupt nicht der Fall. Klar gibt es Downtown Proteste. Aber das ist kein Ausnahmezustand. Ich bin froh, dass wir nicht mehr da sind. Für unsere Freunde in der Stadt ist das jetzt nicht immer einfach. Denn LA ist ja eine liberale Hochburg, deswegen bekämpft sie Trump ja auch so verbissen.
Glauben Sie, Trump ist nach vier Jahren Geschichte oder wird er tiefe Spuren im Land hinterlassen?
BRENNINKMEYER: Ich bin da gespalten. Denn es gibt ja viele, die Trump nicht aus Überzeugung, sondern nur als Protest gewählt haben. Allerdings hat er auch Stammwähler, die die aus voller Überzeugung taten und ähnlich faschistisch denken wie er. Um ehrlich zu sein, ich weiß es nicht. Ich hoffe, dass die Institutionen und der Großteil der Menschen durchhalten. Aber es ist echt schwierig, wir leben in herausfordernden Zeiten.
Sie sind ein Nachfahre der Gründerfamilie von C&A, haben auch im Unternehmen mitgearbeitet. Aber am Ende sind Sie Schauspieler geworden. Wie kam das?
BRENNINKMEYER: Ich habe tatsächlich 1985 für einige Monate im Unternehmen mitgearbeitet. Aber es gibt ja einen Unterschied zwischen Beruf und Berufung. Und die Modebranche war sicherlich nicht meine Berufung. Ich habe drei Monate in einem Geschäft im Verkauf gearbeitet und erkannte sofort: Das ist nichts für mich. Das waren drei quälende Monate, denn ich fühlte mich überhaupt nicht wohl. Ich wollte ja eigentlich Musiker werden und nicht im Textilgeschäft tätig sein. Mich zog es auf die Bühne. Als ich bemerkte, dass das mit der Musik nichts wird, kam ich zur Schauspielerei.
Warum klappte es mit der Musikkarriere nicht?
BRENNINKMEYER: Ich glaube, mir fehlte das Selbstbewusstsein. Und ich hatte damals in Düsseldorf auch keine Ansatzpunkte. In meinem Freundeskreis gab es keine Musiker oder Bands.
War es schwer, als Schauspieler ins Geschäft zu kommen?
BRENNINKMEYER: Ja, sehr schwer. Es gibt sehr viele, die sich um die Rollen bemühen. Ich persönlich habe ja eine lange Ausbildung, weil mich die Schauspielerei immer mehr faszinierte. Das ist heute meine Leidenschaft, ich liebe die schauspielerischen Techniken. Am Ende hat es dann ganz gut geklappt. Aber mich pusht gerade, dass ich immer noch wachsen kann.
Haben Sie Ihre Berufsentscheidung je bereut?
BRENNINKMEYER: Ehrlich gesagt, immer wieder mal. Musik kannst du auch für dich alleine spielen. Das geht bei der Schauspielerei nicht. Und auch die Filmindustrie ist kompliziert. Es ist nicht immer einfach, Jobs zu bekommen. Absagen darf man nicht persönlich nehmen. Wenn man aber wie ich ein sensibler Mensch ist, muss man das erst einmal lernen. Denn es gibt ja unabhängig von einem selbst viele Gründe, warum man bisweilen eine Rolle nicht bekommt. Selbst der beste Schauspieler wird nicht immer gecastet. Es gehört also auch viel Glück dazu.
Sie sprechen fließend Niederländisch, Deutsch, Englisch und Französisch. Hilft das im Beruf oder ist das eher nachrangig?
BRENNINKMEYER: Doch, das hilft schon. Dabei war ich zunächst gar nicht begeistert, als meine Eltern nach Düsseldorf gezogen sind und ich Deutsch lernen musste. (lacht)
Ihre Großfamilie zählt zu den wohlhabenden Familien Europas. Ist so ein Background in der Filmbranche eher förderlich oder hatten Sie auch mit Vorurteilen zu kämpfen?
BRENNINKMEYER: Ehrlich gesagt, weiß ich das gar nicht. Wir haben ja alle unsere Vorurteile. Ob das nun für mich beruflich ein Vor- oder Nachteil war, kann ich ehrlich nicht sagen. Wegen meines Backgrunds wurde ich aber noch nie gecastet. Ich konnte mir eher leisten, wählerisch zu sein. Ich habe eben schon das Glück, heute beruflich in der Schublade „Geschäftsmann“ einsortiert zu sein, was einem tatsächlich immer wieder Jobs einbringt, denn diese Rollen sind sehr beliebt.
Sie gelten als Frauenschwarm. Stört Sie dieses Label?
BRENNINKMEYER: Ich kann ganz gut damit leben. Es ist ja auch irgendwie ein Kompliment. Aber ich merke das im Grunde gar nicht. Es stammt wahrscheinlich aus einer Zeit, als ich vor über 20 Jahren viel im ZDF und der ARD zu sehen war. Was ich sagen kann, die deutschen Fans sind sehr nett und sehr viele Briefe von ihnen an mich sind voller guter Wünsche. Das finde ich schön.
Sie sind jetzt 60 Jahre alt. Hat sich dadurch in Ihrem Leben etwas verändert?
BRENNINKMEYER: Bei 50 war es tatsächlich noch schwerelos. Aber als ich so 55, 56 wurde, spürte ich das Älterwerden plötzlich körperlich. Und wenn heute auf Geburtstagen Fotos herumgereicht werden, erkenne ich darauf einen Mann mit weißen Haaren und denke: Hoppla, das bin ja ich! (lacht). Tatsächlich ist 60 schon etwas anderes. Aber es ist schon seltsam, als ich 18 war, dachte ich, meine Tanten und Onkeln mit 40 seien alt. Und jetzt bin ich 60, fühle mich im Kopf aber gar nicht so. Gut ist wiederum - ich mache mir nicht mehr so viel Druck, muss mich nicht mehr beweisen wie früher und kann darum das Leben vielleicht sogar noch ein bisschen besser genießen. Ich muss auch nicht mehr jeden Abend um die Häuser ziehen. Ich bleibe einfach daheim und habe deswegen kein schlechtes Gewissen.
Zur Person:
Philippe Brenninkmeyer entstammt der gleichnamigen Unternehmerfamilie, der das Bekleidungsunternehmen C&A gehört und die zu den reichsten Familien Europas gehört. Er ist in London aufgewachsen, studierte dort wie auch in New York Schauspiel. Brenninkmeyer war in Serien wie „Sex and the City“ und „Law & Order“ zu sehen. Mit seiner Rolle in der ZDF-Serie „Girl friends – Freundschaft mit Herz“ wurde er auch in Deutschland bekannt. Jetzt spielt der 60-Jährige im vierten Teil der Komödien-Serie „Berühmt sein für Anfänger“ mit, die am 3. Juli beim Münchner Filmfest Premiere feiert.
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