Pro: Mit Gleichgesinnten lässt sich der Urlaub erst richtig genießen
Die schönsten Erlebnisse sammelt man gemeinsam, also mit anderen Menschen zusammen. Im Ehrenamt zum Beispiel, wenn viele fleißige Hände ein Party-Zelt auf- und wieder abbauen. Oder beim gemeinsamen Fußballschauen, wenn im Biergarten hunderte Fans um den Einzug ins Halbfinale bangen.
Beim Verreisen mit einer Gruppe dagegen werden viele skeptisch. Biedere Kaffeefahrten kommen da in den Sinn, auch überfüllte Reisebusse und nervige Mitreisende malt man sich aus. In Wahrheit aber sind Gruppenreisen die entspannteste Art, Urlaub zu machen.
Denn wer hat schon wirklich Lust, die eigene Reise zu planen? An einem Dienstagabend – acht Stunden Arbeit im Rücken – nach günstigen Flügen zu suchen? Dann noch Hotelzimmer, Mietwagen, Sightseeing… Schon braucht man Urlaub vom Urlaub-Planen. Wer dagegen eine Gruppenreise bucht, muss sich nur für ein Ziel entscheiden. Um den Rest kümmern sich die Organisatorinnen und Organisatoren. Vor allem Singles, Seniorinnen und Senioren, aber auch Leute, die Angst haben, allein zu verreisen, tun sich in Reisegruppen vielleicht leichter.
Wobei gerade das ja viele Urlauber abschreckt: Fremde Menschen, fehlende Privatsphäre, wenig Rückzugsmöglichkeiten… Etwas unberechtigt, wenn man darüber nachdenkt. Freilich kann es sein, dass nervige Mitreisende das Urlaubsglück trüben. Aber Streit und Lagerkoller gibt es auch im Urlaub mit Familie oder Freunden. Und mit Freunden und Familie muss man nach den Ferien wieder auskommen.
Es ist doch eher so: Wer mit Gleichgesinnten unterwegs ist, kann den Urlaub richtig genießen. Wandern mit anderen Gipfelstürmern, Reitferien mit Pferdeliebhabern, Kultururlaub mit Kunstbegeisterten – das alles ist in Reisegruppen möglich. Mit Kaffeefahrt hat das ziemlich wenig zu tun. (Philipp Nazareth)
Contra: Das Spannendste am Reisen in der Gruppe ist die Gruppe selbst
Auf eigene Faust das australische Outback erkunden, die Alpen überqueren oder mit dem Range Rover durch die südafrikanische Steppe heizen in der Hoffnung, einen Elefanten zu sichten? Viel zu unsicher, was da alles schiefgehen kann. Und überhaupt ist man ja länger mit der Planung beschäftigt als mit der Pirsch. Wo kommt man denn hin, wenn man im Urlaub auch noch überlegen muss, wo man hinwill? Dann lieber Pauschalprogramm buchen, Koffer packen und los. Man sitzt doch gern mit 30 anderen Schaulustigen im klimatisierten Bus und lässt sich von einer Sehenswürdigkeit zur anderen kutschieren. Schon entspannt, so eine Gruppenreise. Aber auch unfassbar langweilig und vorhersehbar.
Morgens eine Stunde durch den Nationalpark spazieren, nachmittags Löwenbabys streicheln, abends Antilopenfleisch kosten, der Reiseleiter serviert das perfekte Programm, spontan ist höchstens die gemeinsame Pinkelpause. Man interagiert nicht mit den Menschen vor Ort, tauscht sich nicht aus und erfährt über das Land nicht mehr als im Reiseführer steht. Das Unterwegssein lebt vom Neuen und Unerwarteten, von Begegnungen, die sich nicht planen lassen und Orten abseits der gängigen Route.
Das Spannendste am Reisen in der Gruppe ist die Gruppe selbst. Wer entpuppt sich als Platzhirsch, wer als Dauernörgler? Der eine drängelt sich an jedem Aussichtspunkt nach vorn, der andere quasselt einem die Ohren voll, ach, Urlaub kann so entspannt sein. Da wird sich gestritten, weil der Safari-Hut des Vordermanns dem Hintermann die Sicht versperrt oder die eine das Löwenbaby länger streichelt als die andere. Wie schön, wenn man dann wieder zu Hause ist und seine Ruhe hat - und beim nächsten Mal einfach wieder allein verreisen kann. (Felicitas Lachmayr)
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