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Rätsel gelöst: Warum Eisbärenfell auch bei extremer Kälte eisfrei bleibt

Tierwelt

Natürliche Imprägnierung: Warum Eisbärenfell eisfrei bleibt

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    Obwohl sich Eisbären im Schnee wälzen und ins eisige Wasser tauchen, gefriert ihr Fell nicht.
    Obwohl sich Eisbären im Schnee wälzen und ins eisige Wasser tauchen, gefriert ihr Fell nicht. Foto: Michael Martin, dpa

    Fettiges Haar ist bei Menschen nicht gern gesehen, für Eisbären hingegen ist Fett im Fell überlebenswichtig. Denn es bewirkt, dass der Pelz auch bei Minusgraden eisfrei bleibt. Eisbären leben unter extremen Bedingungen. Temperaturen von weniger als minus 40 Grad Celsius sind in der Arktis, ihrer Heimat, keine Seltenheit. Deshalb ist eine gute thermische Isolation für sie besonders wichtig. Diese liefert ihnen nicht nur ihre Speckschicht, sondern auch ihr Fell.

    Lange hatten Forschende gerätselt, wie das Fell eisfrei bleibt, obwohl sich die Tiere im Schnee wälzen und ins eisige Wasser tauchen. Eine internationale Forschungsgruppe hat jetzt herausgefunden, welche Eigenschaften den Eisbärenpelz so frostabweisend machen, und die Ergebnisse im Fachblatt Science Advances präsentiert.

    Talg im Fell wirkt bei Eisbären wie eine Art natürliche Imprägnierung

    Demnach entdeckten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, dass ein spezieller Talg – also Haarfett – dafür sorgt, dass das Fell von Eisbären so gut wie kein Eis ansetzt. Das ist für die Tiere praktisch, denn wenn sie nach der Robbenjagd auftauchen, würde das Wasser auf ihrem Fell der Studie zufolge wegen der kälteren Lufttemperatur eigentlich gefrieren. Der Talg im Fell wirkt bei Eisbären also wie eine Art natürliche Imprägnierung.

    Mit Skifellen haben Skitourengeher mehr Halt auf dem Schnee.
    Mit Skifellen haben Skitourengeher mehr Halt auf dem Schnee. Foto: Ralf Lienert

    Dass das Haarfett dafür verantwortlich sein muss, fanden die Forschenden heraus, indem sie ungewaschene und gewaschene Fellproben von sechs Eisbären mit menschlichem Haar verglichen, in dem Schnee und Wasser unabhängig vom Fettanteil schnell gefrieren. Außerdem schlossen die Forschenden zwei Arten sogenannter „Skifelle“ mit Fluorcarbon in ihre Untersuchungen mit ein. Skifahrer bringen derartige Felle an ihre Ski an, um sie gleitfähiger zu machen und damit sie bei Ski-Touren mehr Halt auf dem Schnee haben.

    Das Ergebnis des Vergleichs zeigte: Das ungewaschene Eisbärenfell hatte eine genauso geringe Eishaftung wie die beschichteten Skifelle und haftete geringer als das talgfreie, gewaschene Fell. Außerdem stellte das Forschungsteam fest, dass ungewaschenes Eisbärenfell im Vergleich zu öligem, menschlichem Haar eine geringere Eishaftung hat. Mit anderen Worten: Fettige Haare scheinen unter den harschen Bedingungen ihrer Umgebung ein Überlebensvorteil für Eisbären zu sein.

    Analysen können bei der Entwicklung umweltfreundlicherer Vereisungsschutzmittel helfen

    Doch woran liegt das? Die Forschungsgruppe konnte zeigen, dass der Talg von Eisbären im Gegensatz zu menschlichem Talg – und dem Talg vieler anderer Säugetiere wie Biber oder Seeotter – kein Squalen enthält. Bei der farblosen, öligen Flüssigkeit handelt es sich um eine Kohlenwasserstoffverbindung. Sie dient auch zur Herstellung von sogenanntem Squalan, das unter anderem als Schmiermittel oder Grundlage für Hautcremes und Salben verwendet wird.

    Eisbären wälzen sich gern im Schnee, ihr Fell bleibt trotzdem eisfrei.
    Eisbären wälzen sich gern im Schnee, ihr Fell bleibt trotzdem eisfrei. Foto: Tim Brakemeier, dpa (Archivbild)

    Das Fehlen von Squalen im Haarfett des Eisbärenfells scheint für dessen Frostschutzeigenschaften ein Schlüsselfaktor zu sein, so die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler. Dass das Eisbärenfell kaum Eis ansetzt, erleichtert dem Raubtier auch ein geräuschärmeres Anpirschen – eine Tatsache, die sich die Inuit, die indigene Bevölkerung der Arktis, zunutze machen: Diese beziehen zum Beispiel Schuhe oder Hosen mit Eisbärenfell, damit sich darin kein Eis verfängt, dessen Knacken bei Bewegungen Beutetiere verschrecken könnte.

    Die Erkenntnis, dass der Talg von Eisbären kein Squalen enthält, könnte sich auch der Mensch zunutze machen. So hofft die Forschungsgruppe, dass ihre Analysen die Entwicklung umweltfreundlicherer Vereisungsschutzmittel fördern: Denn der Studie zufolge sind die vereisungshemmenden Eigenschaften von Eisbärenfell genauso wirksam wie die mit synthetischen Chemikalien beschichteten Fasern von Skifellen. In ihrem Experiment testeten die Forschenden Skifelle mit PFAS-Imprägnierung. Diese Per- und Polyfluoralkylsubstanzen, auch Ewigkeitschemikalien genannt, können für die menschliche Gesundheit und die Umwelt schädlich sein.

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