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Rückkehr der Wölfe: Warum Menschen von der Ansiedlung der Tiere profitieren

Tierwelt

Wie Menschen von der Rückkehr des Wolfs profitieren

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    Vor etwa 25 Jahren sind die Wölfe nach Deutschland zurückgekehrt. Seitdem breiten sie sich zunehmend aus.
    Vor etwa 25 Jahren sind die Wölfe nach Deutschland zurückgekehrt. Seitdem breiten sie sich zunehmend aus. Foto: Klaus-Dietmar Gabbert/ZB/dpa

    Die Wolfspopulation in Europa ist Forschenden zufolge in zehn Jahren um 58 Prozent gestiegen. Die Wiederansiedlung der Wölfe in Europa sei ein bedeutender Naturschutzerfolg, schreibt das Team um Cecilia Di Bernardi von der Schwedischen Universität für Agrarwissenschaften in Riddarhyttan. Das gelte insbesondere angesichts der weitreichenden Landschaftsveränderungen durch den Menschen und die hohe Bevölkerungsdichte.

    Die Kehrseite: Jährlich töten Wölfe in der EU laut der Studie schätzungsweise 56.000 Nutztiere, was zu Entschädigungszahlungen von rund 17 Millionen Euro pro Jahr führe, berichten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in einem Überblick über die Folgen der Ausbreitung im Journal PLOS sustainability and transformation..

    Die rund 19.000 Wölfe in der EU töten jährlich rund 56.000 Nutztiere

    Tödliche Angriffe von Wölfen auf Menschen wurden nach Angaben der norwegischen Nina-Studie von 2002 bis 2020 in Europa nicht nachgewiesen. In Italien und Griechenland gemeldete Angriffe auf Menschen sind der Studie zufolge höchstwahrscheinlich von Haushunden und nicht von Wölfen verursacht worden. Es habe jedoch seltene nichttödliche Attacken gegeben. Das Risiko für Menschen durch Wölfe sei zwar äußerst gering, aber nicht gleich Null, schreiben die Autoren der Nina-Studie.

    Da die rund 19.000 Wölfe in der EU jährlich rund 56.000 Nutztiere töten, reiße jeder Wolf im Schnitt rund drei Nutztiere pro Jahr, schreibt das Team um Di Bernardi. Der Gesamtbestand von 279 Millionen Nutztieren sei um ein Vielfaches höher, das Risiko sei jedoch ungleich verteilt. Es bestehe vor allem für draußen weidende Nutztiere in Wolfsregionen. Schafe und Ziegen machten etwa zwei Drittel der Verluste aus.

    Rehe, Wildscheine und Hirsche: Wölfe finden in Deutschland mehr als genug Beute.
    Rehe, Wildscheine und Hirsche: Wölfe finden in Deutschland mehr als genug Beute. Foto: Julian Stratenschulte/dpa

    Die positiven Auswirkungen von Wölfen für den Menschen werden dagegen nach Forscherangaben oft übersehen. Dazu zählten etwa eine Verringerung von Verkehrsunfällen mit Rehen und anderen Wildtieren, die Reduzierung von Wildschäden in Wäldern und die Förderung des Öko-Tourismus.

    Einer Analyse im US-Bundesstaat Wisconsin zufolge ging in Bezirken, in denen der Wolf wieder Fuß fasste, die Zahl der Autounfälle mit Weißwedelhirschen um 24 Prozent zurück. Das entspreche „einem wirtschaftlichen Nutzen, der 63-mal höher ist als die Kosten durch nachgewiesene Wolfsangriffe auf Nutztiere“, berichteten die US-Forschenden 2021 im Fachjournal PNAS. Der Großteil der Reduktion sei auf das geänderte Verhalten der Hirsche durch die Anwesenheit von Wölfen zurückzuführen – und nicht nur auf einen Rückgang der Population durch Wolfsrisse.

    Begegnet man einem Wolf, sollte man sich langsam zurückziehen

    Eine weitere Studie im Fachblatt Human Dimensions of Wildlife schätzt, dass in Frankreich Wölfe durch die Dezimierung von Rehen und Wildschweinen jährlich 2,4 bis 7,8 Millionen Euro an Schäden durch Verkehrsunfälle verhindern. Diese und andere mögliche Vorteile seien in Europa bisher nur unzureichend untersucht worden, kritisieren die Forschenden in der aktuellen Studie.

    Auf dem europäischen Kontinent gibt es Schätzung zufolge 21.500 Wölfe – die in Russland, Weißrussland und Moldau wurden nicht einbezogen. Die drei Kleinstaaten Monaco, San Marino und der Vatikan seien die einzigen Länder auf dem europäischen Festland, in denen es noch keine Wiederansiedlung von Wölfen gebe.

    Deutschland zähle zu den Ländern mit einer besonders hohen Zuwachsrate. Dort wurde rund 150 Jahre nach der Ausrottung die erste Geburt eines Wolfsbabys in der Natur im Jahr 2000 nachgewiesen. Im Monitoringjahr 2023/2024 wurden laut Dokumentations- und Beratungsstelle des Bundes zum Thema Wolf 209 Rudel, 46 Paare und 19 Einzeltiere gezählt.

    Jedes Jahr sterben mehr als 100 Wölfe in Deutschland durch Verkehrsunfälle.
    Jedes Jahr sterben mehr als 100 Wölfe in Deutschland durch Verkehrsunfälle. Foto: Nord-West-Media TV/dpa

    „In Deutschland hat es seit der Rückkehr der Wölfe im Jahr 2000 keine Situation gegeben, in der sich ein Wolf einem Menschen aggressiv genähert hat“, schreibt der Naturschutzbund Deutschland (Nabu). Im Falle einer Begegnung solle man sich langsam zurückziehen und die Beobachtung an die zuständige Wolfsberatung oder im Landratsamt melden. „Wenn Sie sich unwohl fühlen, richten Sie sich auf und machen Sie sich groß. Lautes, energisches Rufen oder Klatschen kann den Wolf vertreiben.“

    Angesichts der steigenden Wolfszahlen warnt das Forscherteam vor einer zunehmenden Kontroverse um den Wolf. Entscheidend werde es sein, zu verhindern, dass der Wolf und der Naturschutz in „Kulturkriege“ verwickelt würden „und als polarisierende Themen wahrgenommen werden, die die Kluft zwischen progressiven und konservativen Ideologien weiter vertiefen“. Die Naturschutzpolitik müsse so angepasst werden, dass sie von der Rettung der bedrohten Wolfspopulationen zu ihrem Erhalt übergehe. (Simone Humml, dpa)

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    1 Kommentar
    Jochen Hoeflein

    Der Wolf sucht nicht die Nähe des Menschen; natürlich treibt die Neugier unerfahrene Jungtiere manchmal in die Nähe von Siedlungen; auch nutzen Wölfe vom Menschen angelegte Wege /Pfade um sich zu bewegen. Angsthysterie vor Übergriffen von Wölfen auf Menschen ist unangebracht, da werden oft alte Mythen und Märchen vom bösen Wolf bemüht. Natürlich wird ein Wolf einen Hund als Eindringling in sein Revier betrachten und ihn verjagen. Schafe und Ziegen (Herden) haben gegenüber Wildtieren den Verhaltensnachteil , dass sie nicht die Flucht ergreifen, wenn eines von ihnen vom Wolf angefallen wird, sondern verharren.

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