Enza Santese im schönen Apulien hatte kurzen Prozess gemacht mit den stachligen Gesellen. Einen ganzen Korb voller Kaktusfrüchte hatte sie handschuhbewehrt frühmorgens in ihrem Garten gepflückt. Dann spießte sie eine nach der andern entschlossen auf eine Gabel und ratzfatz hatte sie mit einem scharfen Messer in einer dünnen Spirale die Haut samt der fiesen, feinen Dornen abgeschält. Da lagen sie nun saftig und glänzend: zyklamrot, hellgrün, gelb, orange und schneeweiß. Kaktusfeigen zum Anbeißen.
Noch schwerer erreichbar als die Kirschen in Nachbars Garten scheinen die reifen Früchte des Feigenkaktus, die von Juli bis September überall im Süden prall und farbenprächtig auf seinen Ohren sitzen. Wie soll man da bloß rankommen, fragt sich der Ahnungslose.
Wer aber das Glück hatte, sie von seinen italienischen Gastgebern schon zum Frühstück serviert zu bekommen, der weiß, dass die Früchte roh und eisgekühlt ein wenig nach frischer Melone und reifer Birne schmecken. Ein elegantes Aroma, das perfekt zu einer frischen Ricotta passt und dazu noch umwerfend farbenprächtig aussieht. Fichi d‘India nennen die Italiener ihre Kaktusfeigen. Sie sind inzwischen auch bei uns zu haben.
Spanische Seefahrer brachten die Kaktusfeige aus Mexiko nach Europa
Die feinen Früchte wachsen am Feigenkaktus, der auf Lateinisch Opuntia ficus-indica heißt und zur Großfamilie der Opuntien gehört. Die meisten, die schon mal im Mittelmeerraum unterwegs waren, kennen den meterhohen Riesenkaktus mit den großen Ohren, der prachtvoll bestückt an den Straßenrändern Spalier steht.
Opuntien wachsen ursprünglich und auch heute noch hauptsächlich in Mexiko. Sie gedeihen aber auch in Südafrika, Australien, Israel oder Spanien. Während die alten Sprossen mit der Zeit verholzen und schließlich abfallen, werden die grünen Triebe und Früchte gern gegessen. Sprossen nennt man die an Ohren erinnernden Auswüchse, die von sogenannten Areolen bespickt sind. Eine jede Areole hat eine Pore zur „Beatmung“ der Pflanze.

In den europäischen Mittelmeerraum brachten sie spanische Seefahrer im 16. Jahrhundert. Und da die Welteroberer sich irrtümlich auf dem Seeweg nach Indien wähnten statt nach Amerika, nannten sie die Früchte Indische Feigen. Diese falschen Feigen der Opuntien können bis zu 200 Gramm schwer werden.
Sie eignen sich prächtig für ein sommerliches Risotto. Dafür wird ihr Saft in einen Kochtopf gegeben, und wenn es sprudelt, der feine Risotto-Reis hinzugegeben. Dann heißt es rühren, rühren, rühren. Ist der Saft verkocht, wird er mit Gemüsebrühe aufgefüllt. Am Ende sollte der Reis noch Biss haben, die Konsistenz aber darf schön cremig sein. Zum Schluss werden kalte Butterstückchen untergerührt und alles mit frischem Majoran abgeschmeckt. Diese fruchtige Variante des Risotto schmeckt besser ohne Parmesan.
Auch zu Marmelade verarbeitet schmecken die Kaktusfeigen fein. Enza Santese aus Apulien hat ihr eigenes Rezept und reicht dazu eine ofenfrische Focaccia. Die geschälten Früchte strich sie durch ein Sieb wegen der Kerne. Saft und Zucker köchelten im offenen Topf, bis die Mischung gelierte. Dann ab in die Gläser. Fertig war die duftige Konfitüre.
In Mexiko ist der Kaktus für viele Menschen ein Festtagsbraten
Auf der Insel Malta, wo sich der Feigenkaktus auf Trockenmauern und an Feldwegen ausgebreitet hat, macht man sich die Fülle der Früchte zunutze und stellt Bajtra her. Das ist ein inseltypischer Feigenkaktuslikör, der dort als Partygetränk gilt, aber auch auf Eis als Digestif oder tröpfchenweise im Prosecco genossen wird. Sogar in Teemischungen kann man die Kaktusfeige inzwischen finden. Das kostbare goldgelb-grüne Kaktusfeigen-Kernöl wird hauptsächlich für Kosmetikprodukte verwendet, findet aber langsam Eingang in unsere Küche. Es schmeckt fruchtig und grasig.

In Mexiko hingegen isst man auch die „Ohren“ der Mutterpflanze, wenn sie noch frisch und jung sind. Der Kaktus ist dort für viele Menschen ein Festtagsbraten. Zartbesaitete Kakteenfreunde in unseren Graden wenden sich mit Grausen ab. Wer es dennoch probiert: Beim Erhitzen geliert das Grün leicht. Man bleibt mit dem Kochlöffel im Kaktusaspik stecken, denn die Kakteen saugen das Wasser schnell auf. Optisch ist das eine kleine Herausforderung, geschmacklich erinnert es ein wenig an Mixed Pickles. Das macht es sympathisch, aber man vermisst es auch nicht wirklich.
Dann lieber wieder zurück zu den reifen Früchten, die natürlich gar keine Feigen sind. Sie ähneln ihnen nur ein wenig in der Form. Am besten schmecken sie gekühlt und geschält zu Frischkäse aller Art. Man kann auch ein wenig flüssigen Honig drüber träufeln, das verstärkt die Süße. Halbiert man sie und sprenkelt ein paar Spritzer Zitrone drauf, lassen sie sich herrlich auslöffeln wie eine Kiwi. Zart süß schmeckt auch Milchreis, der statt mit Vollmilch mit Kokosmilch zubereitet wird. In hauchdünne Scheiben geschnittene reife Kaktusfeigen sind die perfekte Zugabe.
Kaktusfeigen enthalten Vitamin C, Phosphor und Calcium, aber so gut wie keine Fette
Kakteenfeigen reifen im Süden zwischen Juli und September und sind dann auch in unseren Breiten in gut sortierten Gemüseläden zu haben. Bis in den November hinein kommen Früchte aus Spanien auf dem Markt. Früchte aus Israel und Südamerika gibt es das ganze Jahr. Beim Einkaufen sollte man immer kontrollieren, ob wirklich alle Dornen entfernt sind. Sie piken! Bis zum Verzehr heißt es also gewusst wie, denn wie manche schönen Rosen wollen auch die Indischen Feigen erobert werden. Dann steht ein paar herrlichen mediterranen Sommergerichten nichts im Wege.
Der Feigenkaktus wächst längst nicht mehr nur wild, sondern wird auch kultiviert. In Mexiko genauso wie in Italien, das der zweitgrößte Produzent ist. Die allermeisten der Fichi d’india werden auf Sizilien geerntet. Sie sind mit mehr als 80 Prozent wahre Wasserspeicher. Da sie nach dem Ernten nicht nachreifen, ist es wichtig, bereits weiche und saftige Früchte zu kaufen. Bei leichtem Druck mit dem Daumen sollte die Haut nachgeben. Die vielen Samen im Innern werden mitgegessen

Gesundheitsbewusste werden sich freuen, dass die Frucht viel Vitamin C, Phosphor, Magensium und Calcium enthält, aber so gut wie keine Fette. Kühl im Gemüsefach gelagert, kann man die Früchte für wenige Tage aufbewahren. Wie alles, sollte man auch Kaktusfeigen in Maßen genießen. Sie sind gut gegen Verstopfung, das sagt schon alles. Hin und wieder wird man im Handel auch Kaktusfeigen-Püree finden, das aus mexikanischen roten Sorten gemacht wurde. Das eignet sich gut fürs Aromatisieren von Speiseeis und für die Zubereitung von Cocktails.
So eine Margerita auf der Basis von Tequila mit Kaktusfeigensirup bekommt man nicht oft. Auf der Ernteinsel Sizilien kennt man sich dafür bestens aus mit dem zart aromatischen Fruchtfleisch. In der BarBam in Taormina auf Sizilien werden die weltbesten Granite zubereitet. Dort beginnt der Tag im Hochsommer schon mal mit einem Sorbet, etwas Halbgefrorenem, einer Granita eben. Wie nasser dunkelroter Schnee ruht die Fichi-Granita im Glas, gekrönt mit einer Haube aus locker geschlagener ungesüßter Sahne. Die besänftigt den Gaumen, während das feine Aroma der Kaktusfeige auf der Zunge zerschmilzt. Sommerzeit!
Rezept für Kaktusfeigenkompott
Zutaten:
4 Kaktusfeigen 150 g Gelierzucker 1 Limette 500 g (magerer) Quark 125 gr Brombeeren 125 gr Rote Johannisbeeren
Zubereitung:
- Die Kaktusfeigen mit einer Gabel auf dem Schneidebrett sichern. Die Enden der Früchte abschneiden. Die Schale in die Länge schneiden und mit der Gabel abziehen. Das Fruchtfleisch in Stücke schneiden.
- Den Gelierzucker mit 150 ml Wasser in einen Topf und geben und zum Kochen bringen. Kaktusfeigen hinzufügen, den Topf wieder zum Kochen bringen und zehn Minuten auf niedriger Temperatur einkochen. Das Kompott sieben und die Hälfte der Kerne wieder zurück ins Kompott geben.
- Die Limette auspressen. Den Limettensaft hinzugeben und weitere zwei Minuten auf niedriger Temperatur kochen. 30 Minuten auf Raumtemperatur abkühlen lassen und für eine Stunde in den Kühlschrank stellen.
- Serviervorschlag: Den Quark auf vier Gläser oder Coupes verteilen, jeweils zwei Esslöffel Kaktusfeigenkompott dazugeben und mit frischen Beeren garnieren.
Rezept für Süßkartoffelsalat mit Kaktusfeigen
Zutaten:
1 Süßkartoffel (ca. 250 gr) 3 EL Pinienkerne 2 Kaktusfeigen 250 g Kirschtomaten 6 EL Olivenöl 2 EL weißen Balsamico-Essig 1 TL Dijonsenf 1 EL Honig 75 g Rucola 50 g Lollo Rosso 100 g weichen Ziegenkäse Salz und Pfeffer
Zubereitung:
- Den Backofen auf 200 °C vorheizen.
- Die Süßkartoffeln schälen, in 1,5 cm dicke Würfel schneiden, auf ein mit Backpapier ausgelegtes Backblech verteilen und mit zwei EL Olivenöl beträufeln. Mit Pfeffer und Salz nach Geschmack würzen und ca. 20 Minuten im Ofen backen. Etwas abkühlen lassen.
- Eine Bratpfanne mit Antihaft-Beschichtung erhitzen und die Pinienkerne darin ca. 3 Minuten goldbraun rösten. Auf einem Teller abkühlen lassen.
- Die Kaktusfeige mit einer Gabel auf einem Schneidbrett halten. Beide Enden abschneiden und die Schale längs einschneiden. Die Schale mit einer anderen Gabel abziehen. Das Fruchtfleisch in dünne Scheiben schneiden. Die Kirschtomaten halbieren.
- Das restliche Olivenöl mit Balsamico-Essig, Honig und Senf zu einem Dressing mischen. Mit Salz und Pfeffer abschmecken.
- Den Rucola und den Lollo Rosso über eine Form verteilen. Die Süßkartoffel, die Kaktusfeige und die Kirschtomaten darüber verteilen. Den Ziegenkäse zerbröseln und darüber verteilen, mit dem Dressing und den Pinienkernen abrunden.
Quelle: Die Rezepte stammen vom Unternehmen Eat Me.
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