Startseite
Icon Pfeil nach unten
Kultur
Icon Pfeil nach unten
Gesellschaft
Icon Pfeil nach unten

Verpoorten, Advokaat, Eckes im Test: Welcher Eierlikör schmeckt am besten?

Alkohol

„Wie von schüchternen Hühnern“: Eierliköre im Test

    • |
    • |
    • |
    Eierlikör ist wieder total angesagt.
    Eierlikör ist wieder total angesagt. Foto: stock.adobe.com

    Vor ein paar Jahren noch angestaubter Lustigmacher des guten alten Kaffeekränzchens, nun hippes Kultgetränk. Ei, der Eierlikör... Tante Erna zwitschert ihn wahrscheinlich immer noch, aber die hippe Mädelsrunde eben auch - und das nicht nur an Ostern. Und sogar ein Alt-Rocker haut ihn sich genussvoll hinter die Binde. Udo Lindenberg ist bekennender Eierlikör-Fan, gurgelt damit angeblich vor jedem Konzert für den „goldenen Sound“. Aber damit nicht genug der Liebe. Nur Gurgeln ist ja auch ’ne echte Schnapsidee. Lindenberg hat den künstlerischen Wert des Eierlikörs entdeckt. Mischt ihn mit Acrylfarben und malt damit seine schrägen „Likörelle“. Da badet der gezeichnete Udo zum Beispiel im Eierlikör-Pool, die Haare lang, die Sonnenbrille auf, natürlich! Selbstredend gibt es auch ein Rezept für den Original Udo-Eierlikör. Dazu aber später.

    Cool im Pool, ein Likörell von Udo Lindenberg (Edition 2023).
    Cool im Pool, ein Likörell von Udo Lindenberg (Edition 2023). Foto: Walentowski Galerien

    Damit nicht genug der Promi-Liebe für das Trendgetränk. Erotik-Schauspielerin Michaela Schaffrath (Gina Wild) hat das Rezept ihrer Oma für Eierlikör auf dem Dachboden ihres Hauses in Bremen gefunden - und ist nun ins Eierlikör-Business gewechselt. Kabarettistin Monika Gruber schätzt den Eierlikör seit ihrer Kindheit, seit sie die Gläser der Erwachsenen ausschleckte. Ein Erweckungserlebnis offensichtlich. Ein Lifehack der Kabarettistin: Die klassischen Waffelbecher passen in fast jede Handtasche, sollte man immer dabei haben. Aber die Gruberin hat auch Qualitätsansprüche: Die Farbe müsse natürlich sein, die Konsistenz sei entscheidend. „Nicht zu dünn, nicht zu dick“. Auf die Cremigkeit komme es an.

    Damit ist sie ziemlich auf einer Linie mit Edelbrandsommelier Markus Raupach. Die Optik soll an Ei erinnern, die Konsistenz müsse sämig sein, sagt er. „Einheitlich fließen“ müsse der Eierlikör. Und damit die Aromen sich entfalten können, sollte der Eierlikör bei Zimmertemperatur getrunken werden. Also raus erst aus dem Kühlschrank, dann Prösterchen! Die optimale Temperatur liege bei 10 bis 16 Grad. Geöffnet, soll der Likör jedoch ins Kalte. Und wer eine Ausrede braucht, wegen der verfliegenden Aromen soll er schnell verbraucht werden. „Wärme, Sauerstoff und Licht sind Gift“, sagt Raupach. Auch für Eierlikör. Salmonellen seien zumindest bei den gekauften Eierlikören kein Problem. Die gefürchteten Bakterien haben keine Chance, weil der Alkoholgehalt der verwendeten Spirituosen mindestens 14 Prozent betragen muss. Die alkoholfreien Varianten (siehe Rezept) müssen mindestens zehn Minuten lang erhitzt werden.

    Edelbrandsommelier Markus Raupach mit seinem selbstgemachten Eierlikör.
    Edelbrandsommelier Markus Raupach mit seinem selbstgemachten Eierlikör. Foto: Doris Wegner

    Und dann kommt es auf die Vorlieben an. Die einen verwenden schlichten Korn für ihren Eierlikör. Andere nehmen weißen Rum, Vodka, Udo Lindenberg mag Amaretto und Markus Raupach, der Sommelier, gute Edelbrände. Das sei „teuer, aber geil“. Es gebe Eierliköre, die 60 Euro kosten, sagt Raupach. Die meisten hochwertigen Liköre sind aber schon für rund 20 Euro zu haben. Dass es mittlerweile in vielen Hofläden sehr gute hausgemachte Eierliköre gibt, hält Raupach für eine „super Entwicklung“. Und durch den Thermomix sei die Produktion in den privaten Haushalten inflationär gestiegen. Genaue Schnapszahlen gibt es dazu natürlich nicht. Aber noch etwas Wissen für Angeber: Für einen Likör sind mindestens 100 Gramm Zucker pro Liter und ein Alkoholgehalt zwischen 14 und 20 Prozent vorgeschrieben. Für den Zusatz Advocaat bei Eierlikören müssten mindestens 140 Gramm Eigelb und 150 Gramm Zucker pro Liter enthalten sein.

    Stößchen! Weil Tante Erna schon fleißig in der Nachkriegsküche nippte, ist der Eierlikör also typisch deutsch? Tatsächlich geht der Eierlikör auf ein cremiges alkoholisches Getränk der Tupo-Guarani-Indianer in Brasilien zurück, das diese aus weichen, gelben Avocados herstellten. Ein Renner, befanden auch die Kolonialfahrer, die diesen sogenannten „Abacate“ mit Rohrzucker um Rum zu einem Avokadoschnaps verfeinerten, den sie „Advocaat“ nannten. Als die niederländischen Kolonialherren aus Brasilien vertrieben wurden, nahmen sie zwar das Rezept und Avocados mit, doch die Früchte gediehen nicht in den kühlen Niederlanden. Eine Alternative für das cremige Getränk musste ersonnen werden.

    Schließlich hatte ein gewisser Eugen Verpoorten eine Idee. Im Jahr 1876 tauschte er Avocados gegen Eigelbe aus. Er mischte unter anderem Eidotter, Branntwein und Zucker zu einem Eierlikör. Der Beginn einer einmaligen Erfolgsgeschichte. Verpoorten gilt auch heute noch als der bekannteste Eierlikör und wird in alle Welt transportiert. Das genaue Rezept ist natürlich Familiengeheimnis. Was aber grundsätzlich über Eierliköre bekannt ist. Sie sind nicht das Gelbe vom Ei für die schlanke Linie. 100 Milliliter haben fast 400 Kalorien. Ein Stamperl also zwischen 60 und 80 Kalorien. Jetzt Ostern absagen? Oder es besser mit Hape Kerkeling halten: „Isch nehm gerne noch ein Eierlikörschen. Das Leben muss ja irgendwie weitergehen“.

    Gut verpackt, der Eierlikör-Test kann gleich losgehen.
    Gut verpackt, der Eierlikör-Test kann gleich losgehen. Foto: Doris Wegner

    Wir haben sieben Eierliköre aus dem Supermarkt getestet. Hier das Ergebnis der Blindverkostung.

    1

    Advokaat: ein eher klebriges Erlebnis, mehr Orange als Ei

    Das sagt der Experte: Erstaunlich wenig süß, auf der Zunge cremig weich. Der Alkohol in diesem Likör ist eher hochprozentig. Auch beim Geruch ist die alkoholische Note etwas heftig. Eine leichte Zitrusnote fällt auf. Im Mund fallen die Aromen jedoch auseinander.

    Das sagen wir: Ein harter Alkoholgeschmack steht im Vordergrund und doch ein eher klebriges Erlebnis +++ Mehr Orange als Ei, aber letztlich beißt nur der Alkohol +++ In Geruch und Geschmack überdeckt der Alkohol alles, wirkt sehr voluminös, wenn er im Mund ist +++ In der Nase ein Hauch von Desinfektionsmittel, im Mund gar nicht erst der Versuch, den Alkohol zu verdecken +++ Schnell in der Nase, schnell im Abgang. Ein harter linker Haken, der dennoch keine großen Spuren hinterlässt +++ Eiert nicht unnötig herum, ein scharfer alkoholischer Doppelwumms für Nase und Gaumen.

    Advokaat: ein klebriges Erlebnis.
    Advokaat: ein klebriges Erlebnis.
    2

    Dallmayr: sieht aus wie Limocello, schmeckt nach Vanillepudding

    Das sagt der Experte: Die Optik ist eher blasser, weniger „eiig“. Zähflüssigere Konsistenz, vielleicht durch mehr Zucker. Beim Geschmack steht der Alkohol klar im Vordergrund, dann folgt eine starke Süße. Und schließlich schmeckt man auch deutlich das Ei. Alles in allem „ganz harmonisch“.

    Das sagen wir: Später Ei-Geschmack, frühe Vanille-Keule, heftiger Alkohol +++ Sieht aus wie Limoncello, schmeckt nach Vanillepudding, zurück bleibt ein metalliger Geschmack +++ Erst schmeckt man die Süße, dann den Alkohol - und dann ist er ganz schnell weg +++ Optisch quietschgelber Orangensaft, im Duft ein Hauch von Putzmittel, aber dann eine lustige Vanille-Überraschung im Geschmack +++ Was da fehlt, ist leider die Harmonie +++ Klebrig, bisschen pelzig - ganz schön weit weg vom eigentlichen Eierlikör.

    Eierlikör von Dallmayr: später Eigeschmack.
    Eierlikör von Dallmayr: später Eigeschmack.
    3

    Pott: Getarnter Kirschlikör, klare Sache, der eggt an

    Das sagt der Experte: Ein rötlicher Schimmer? Wirkt optisch erst mal nicht wie Eierlikör. Ei-Anteil im Geschmack kaum vorhanden, dafür die Aromen von roten Früchte - auf künstlicher Basis. Sehr süß, mit hoher alkoholischer Schärfe. Ein Rosinen-in-Schnaps-Eindruck bleibt zurück, das muss man wollen. Das ist etwas anderes, als der Verbraucher erwartet.

    Das sagen wir: Deutlicher karamelliger Geruch. Ist Rum die Alkoholbasis? Sehr süß +++ Ist das Erdbeerlimes oder Kirschlikör? Nach Ei schmeckt es jedenfalls nicht +++ Ob da Libbys Dosenfrüchte hineingefallen sind? Riecht und schmeckt auf jeden Fall wie ein Fruchtbonbon +++ Gefühlserlebnis: einmal quer durch den Obstsalat geschleckt, im Abgang sogar eine Ahnung von ... Banane? +++ Getarnter Kirschlikör? +++ Klare Sache: Der eggt an. Aber das muss jetzt nicht schlecht sein. Wer Lust auf einen wilden Ritt auf dem Karamell-Kirsche-Eierlikör-Train hat, kann hier seinen Spaß haben.

    Eierlikör von Pott: getarnter Kirschlikör.
    Eierlikör von Pott: getarnter Kirschlikör.
    4

    Kronenhof: ein sanfter Langstrecken-Eierlikör von schüchternen Hühnern

    Das sagt der Experte: Der erste Eierlikör, bei dem der Alkoholgeschmack nicht deutlich im Vordergrund steht, sondern das Ei und die Sahne. Ordentliche, harmonische Süße. Vielleicht hat er auch mehr Alkoholgehalt als man denkt? Ein sanfter Langstrecken-Eierlikör, der seine Aromen beisammenhält.

    Das sagen wir: Das ist aber gut, ein Eierlikör für zarte Gemüter +++ cremig, vollmundig mit leichtem Alkohol-Pfiff, gern ein zweites Gläschen +++ Ein Eierlikör für Einsteiger: dezent und natürlich, an dem stört nichts +++ Sehr cremig, dezent, mit Eiern von schüchternen Hühnern +++ Ein Likör ohne Parfum, ein Likör mit Klasse, Anstand, Milde und ehrlicher Eiernote – hier werden die Eier erst gar nicht versteckt +++ Krasses Gegenprogramm zum Pott: etwas zu dezent, etwas geruchsarm.

    Eierlikör von Kronenhof: gern ein zweites Gläschen.
    Eierlikör von Kronenhof: gern ein zweites Gläschen.
    5

    Eckes: Ein Eierlikör zum Kauen

    Das sagt der Experte: Zunächst mal riecht man viel Ei, der Alkohol steht nicht im Vordergrund. Die Konsistenz ist auffällig gelartig. Es ist die Frage, ob man hier von Trinken die Rede sein kann, an diesem Eierlikör hat man fast zu kauen. Der Alkoholgeschmack ist dann doch sehr dominant, gefolgt von viel Ei.

    Das sagen wir: Vielversprechender Geruch, uahhh, was für ein Slimegefühl im Mund +++ Feiner Geruch, aber diese Konsistenz! Ein Graus, klebt wie Lack auf der Zunge +++ Kein Geschmack, nur klebrige Pampe im Mund +++ Eine Art Eierlikör-Gel, das sich dem Schlucken widersetzt +++ Die Konsistenz! Kriegt man kaum runter, so klebrig ist das. +++ Die schöne, kräftige Farbe täuscht Genuss vor, der Likör kriecht aber sehr zähflüssig und relativ charakterschwach die Kehle hinab.

    Eierlikör von Eckes: klebt wie Lack auf der Zunge.
    Eierlikör von Eckes: klebt wie Lack auf der Zunge.
    6

    Verpoorten: Mmmh köstlich, kräftig cremig, das Original?

    Das sagt der Experte: Wenn man so sagen kann, der bisher ehrlichste Eierlikör. Man schmeckt viel Ei, etwas Süße. Angenehm rund auf der Zunge, das Ei steht im Vordergrund. Am Gaumen angenehm. Die alkoholische Schärfe blitzt zwischendurch auf, bleibt aber angenehm.

    Das sagen wir: Die Konsistenz ist wie Marmelade, die die Gelierprobe nicht bestanden hat. Im Gaumen bleibt ein harter Alkohol-Geschmack zurück +++ Geschmacklich solide, aber besser löffeln als trinken und nicht zu tief einatmen, der Alkohol feuert +++ Angenehme Süße, angemessene Härte, Typ Jedermanns Liebling, der dickflüssig und gemütlich nur langsam die Speiseröhre hinabschlurft +++ Cremig, zart gelb, mit einem Geschmack nach Sahne, Vanille und etwas Alkohol - mmmh köstlich +++ Kräftig, cremig, das schmeckt nach Original +++ Klar: Der Alkohol meldet sich hier zu Wort, aber das darf er doch auch. Sehr stimmiges Gesamtbild, in dem auch das Ei klar zu schmecken ist.

    Verpoorten: Typ Jedermanns Liebling.
    Verpoorten: Typ Jedermanns Liebling.
    7

    Alnatura: Ein Eierlikör, wie er sein soll: süffig, markant, nichts schmeckt vor

    Das sagt der Experte: Der Geruch zunächst schön rund. Hier verbinden sich Eier, Zucker, Fett und Alkohol am ehesten zu einem Geschmackserlebnis. Sehr selbstbewusst. Dieser Eierlikör will seine Geschichte selbst erzählen. Viel Vanille. Aber der Geschmack bleibt rund und homogen, zerfällt nicht.

    Das sagen wir: Oh, Fettaugen auf der Oberfläche. Hat was von stark verdünntem Vanillepudding, aber seeeeehr köstlich +++ Von den Fettaugen mal abgesehen eine cremig-feine Angelegenheit mit Vanillenote und dezentem Alkoholanteil +++ Sieht aus wie Sauce hollandaise, ist aber ein Eierlikör, wie er sein soll: süffig, markant, nichts schmeckt vor +++ Sahnige Harmonie +++ Geschmeidig, harmonisch, das ist der Star am Kaffeekränzchen-Tisch. +++ Sehr lecker, sehr intensiv, sehr vanillig.

    Eierlikör von Alnatura: süffig, markant, nichts schmeckt vor.
    Eierlikör von Alnatura: süffig, markant, nichts schmeckt vor.

    Der Experte: Markus Raupach ist seit fünf Jahren Vorsitzender des Verbands der Bayerischen Edelbrandsommeliere. Bei der Genussakademie in Kulmbach wurde er ausgebildet. Der ehemalige Radio-Journalist hat ein Buch über Brennereien in Franken geschrieben. Regionale Produkte liegen ihm am Herzen. Raupach lebt in Bamberg.

    Das Rezept von Markus Raupach für alkoholfreien Eierlikör

    Rezept Eierlikör alkoholfrei (ergibt ca. 500 ml). Die Zutaten: 8-10 Eigelb (je nach Größe und Geschmack), 100g Puderzucker, 200 ml frische Vollmilch, 200 ml Schlagsahne, 100g weiße Schokolade, 2 Vanilleschoten

    So geht‘s: Eigelbe mit Puderzucker aufschlagen. Sahne und Milch in einem Topf langsam erhitzen (nicht kochen), Schokolade in Stücken zugeben und schmelzen lassen, dann den Inhalt der ausgestreiften Vanilleschoten ebenfalls dazugeben.

    Jetzt die heiße Milch-Sahne-Mischung langsam in die verrührten Eier geben und alles gut vermischen. Über einem Wasserbad mindestens zehn Minuten auf 75°C halten, dann in sterile Glasflache geben (vorher auskochen und im Backofen bei 50°C Ober- und Unterhitze austrocknen lassen).

    Im Kühlschrank ist der Eierlikör mindestens eine Woche haltbar.

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare

    Um kommentieren zu können, müssen Sie angemeldet sein.

    Registrieren sie sich

    Sie haben ein Konto? Hier anmelden