Pro: Bei jeder Gelegenheit Politikverdrossene warnen
„Donald & Alice & Elon & Friedrich?“ Vier Vornamen in schwarzen und grauen Großbuchstaben auf einem weißen Abendkleid. Aber sind diese vier Menschen Teil derselben Band? „Democracy dies in daylight!“, das halbe Motto einer Zeitung prangt auf dem Rücken, aber bricht die Demokratie gerade schon zusammen? Mit ihrem politischen Statement auf der Brust legt Luisa Neubauer diesen essentiellen politischen Fragen dort den roten Teppich aus, wo sie niemand erwartet. Und genau da gehören sie hin.
Wenn sich täglich Kriegsnachrichten mit Meldungen von Attentaten abwechseln und parallel Christdemokraten gemeinsam mit einer in Teilen gesichert rechtsextremen Partei einen Antrag im Bundestag durchbringen — dann gibt es keine politikfreien Zonen. Ganz zu schweigen von Klimawandel, Inflation, Wohnungs- und Fachkräftemangel – die Liste an brennenden Problemherden könnte endlos weiter gehen.

Ohne in jede Lebensregung aktivistische Ideologie hineinlegen zu wollen: Wie wir mit aktuellen politischen Herausforderungen umgehen, betrifft jeden unserer Lebensbereiche. Die Lösung kann nicht sein aus Angst und Überforderung, die Probleme mit rosaroter Brille an den Rand zu schieben – aus dem Alltag aus dem Sinn. Warum also seine Sorgen und Forderungen nicht auch dort laut machen, wo man sich trifft, austauscht und gemeinsam eine gute Zeit hat? Bei den einen ist das die Kneipe, bei anderen der Gala-Abend.
Letzteres lebt vor allem von einem: Sehen und gesehen werden. Dabei ziehen die Outfits der Promis das Interesse aller Menschen magisch an. Und wo erreicht man all diejenigen, die schon aufgegeben haben, News-Detox machen und sich von der Zukunft abkapseln? Natürlich da, wo sie es am wenigsten erwarten, nicht abschalten können: mit der politischen Botschaft auf dem Abendkleid. (Elisabeth Marx)
Contra: Plakative Botschaften tragen nicht zu einem differenzierten Weltbild bei
Ach, Luisa, nicht schon wieder, möchte man ihr zurufen. Klimaaktivistin Luisa Neubauer hat per T-Shirt-Spruch schon gegen fossile Brennstoffe und Erderwärmung gewettert, jetzt ist sie mit plakativer Botschaft auf dem Kleid über den roten Teppich spaziert, damit auch alle wissen, dass sie Donald, Elon, Alice und Friedrich doof findet. Netter Versuch, um auf den Zerfall der Demokratie aufmerksam zu machen, kommt nur leider so platt daher wie die Botschaften derer, gegen die sie sich richtet.
Kleine Stilkritik also, denn textile Aufschriften tragen leider nichts dazu bei, dass sich an den bestehenden Verhältnissen etwas ändert. Schön wär’s, aber mit T-Shirt-Sprüchen lässt sich das Patriarchat nicht zerschlagen, ein Solidaritätsschleifchen hat noch keinen Geflüchteten gerettet und eine bedruckte Basecap kein System gestürzt. Wobei, Trump hat es mit seiner Vier-Wort-Botschaft ins Weiße Haus geschafft und demontiert gerade die Demokratie, als sei er vom I-don’t-care-Parka seiner Frau inspiriert.
Aber plakative Botschaften haben noch nie zu einem differenzierten Weltbild beigetragen. Man darf Haltung zeigen und über Missstände diskutieren, das kann Neubauer auch gut. Schade, dass sie ihre Anliegen auf simple Botschaften reduziert und alle über Luisa reden statt über das, was sie kritisiert. Die Zurschaustellung der eigenen Haltung dient letztlich nur der Selbstinszenierung, aber die ist halt gerade angesagt, im Netz oder auf dem Stoff. Sängerin Lizzo ruft per Kleid zum Wählen auf, Model Alina Baikova feiert im Fuck-you-Putin-Pulli die Eröffnung der New York Fashion. Friede, Freude, Fischfilet, kann sich jeder aufs T-Shirt schreiben. Das Aufgedruckte muss sitzen, ist aber einfach nur aufdringlich und austauschbar. (Felicitas Lachmayr)
Hier ist doch auch der Veranstalter gefragt. Diese Unsitte trägt doch definitiv nicht zu einem angenehmen und geselligen Ablauf der Veranstaltung bei. Außerdem schmälern sie das eigentliche Thema der jeweiligen Veranstaltung. Warum wird durch die Veranstalter nicht im Rahmen des Hausrechts auf das Tragen "normaler" Kleidung wert gelegt?
Mal ehrlich, wer hat bei solchen Veranstaltungen schon "normale" Kleidung an. Was da getragen wird hat alles irgendwie ein Statement, ok meistens für sich selber.
Wenn eine Schauspielerin mit fast nix auf der Haut erscheint, da regt sich keiner auf, schon gar nicht die sonst so auf Etikette bedachte Männerwelt, aber eine politisches Statement soll der Veranstalter canceln? Ja, wo sind wir denn? hab ich was verpasst? Hat die AfD schon übernommen oder sagt uns Donald schon, was wir wo zu tragen haben? Oder muss es uns die Zeitung sagen? Also ehrlich, mir ist es wurscht, wer was trägt – Hauptsache es ist gut gemacht.
Hauptsache das Kleidungsstück stammt aus heimischer Fertigung und kam ohne umweltschädliche Bleich und sonstiger Chemikalien aus. Die Frau Neubauer hat doch hoffentlich die Lieferkette zurückverfolgt? Oder lässt sie sich von Talkshow und Auftritt weiterreichen, schreibt ein Buch und die Arbeit machen dann andere?
Frau Lachmayrs macht es sich meiner Ansicht nach mit ihrem Contra zu leicht. Sie schreibt selbst dass " Trump (...) es mit seiner Vier-Wort-Botschaft ins Weiße Haus geschafft" hat und dort Unheil anrichtet, gibt sich aber überzeugt dass "eine bedruckte Basecap kein System (...)stürzt". Einen Aufruf zum Wählen als "aufdringlich und austauschbar" zu nennen finde ich in der heutigen Zeit fragwürdig, dass sie Neubauer zwar bescheinigt dass sie gut darin ist Missstände zu diskutieren und Haltung zu zeigen ist offenbar ein vergiftetes Kompliment, dient das "Zurschaustellung der eigenen Haltung" doch in den Augen der Autor "letztlich nur der Selbstinszenierung". Aber dem Statement der Ukrainerin Baikova "Austauschbarkeit" vorzuwerfen wenn sie ein Putinkritisches Outfit trägt ist meiner Ansicht nach schlichtweg fehl am Platz. So sehr man ihr im Allgemeinen Recht geben mag, so sher zeigen die von ihr genannten Beispiele doch dass sie mit ihren Ansicht zu kurz greift.
Warum muß ich mir eigentlich immer wieder von Töchtern aus Millionärsfamilien die Welt erklären lassen. Was ich zu tun und zu lassen habe entscheide ich selbst. Frau Neubauer sollte sich mit ihrer Cousine Carla ein Insel kaufen und dort auch hinziehen. Dort kann sie den ganzen predigen ohne jemandem auf den Senkel zu gehen. Den Wohnsitz aber bitte ganzen oben auf dem Berg errichten..... weil... die Insel geht ja demnächst unter.
Wie wäre es mit etwas mehr Toleranz? Jeder kann tragen, was er will – der eine hat ein Markenlogo auf dem Shirt, ein anderer eine Botschaft. Also was ist Ihr Problem? Und ob jemand mit Geld das Shirt trägt oder ein armer Schlucker – was ist der Unterschied? Darf jemand mit Geld keine Meimung haben und vor allem nicht äußern? Oder nagt in Ihnen wie so viele in unserem Land einfach Neid und Missgunst?
Hm, ich kann mir die Anreise, Verpflegung und Eintritt dorthin nicht leisten. Hätte es ohne hin nicht vor. Aber ich habe hier zuhause meine Meinung von eben diesen Berufstöchtern und Söhnen.
Ob man damit Politik "macht" sei mal dahingestellt, aber warum sollte man seine Meinung in einer Demokratie nicht auch nach außen tragen dürfen - im wahrsten Sinne!? Andere laufen lieber als Litfaßsäulen umher und machen Werbung für die ein oder andere Modemarke, Sport-Team, Stadt, Land etc. und auch hier tragen die Kommentatoren ihre teils sehr intolerante Meinungen nach außen...da ist mir die Message beispielsweise von Frau Neubauer dann doch deutlich lieber - gerne ein weiter so!
Ach, Felicitas, erkennen Sie die Genialität nicht, möchte man Ihnen zurufen. Wenn Sie schon, Frau Lachmayr, Ihr Contra so polemisch formulieren. Im Gegensatz zum hohlen "MAGA"-Spruch von Trump benennt Luisa Neubauer konkret 4 Personen aus der Politik und jeder weiß, um was es geht. Trägt der "I-don't-care!"-Aufschrei auf Melania Trumps Parka etwas zur Diskussion bei? Elisabeth Marx kann ich voll und ganz zustimmen: Bei wichtigen Themen gibt es keine politikfreien Zonen. Die Gesellschaft bestimmt die Politik und umgekehrt. Wenn Luisa Neubauer immer wieder auf den Klimawandel hinweist, dann nervt Sie das. Sie bezeichnen es ernsthaft als "wettern ... gegen fossile Brennstoffe und Erderwärmung." Nein, ist kein Wetter. Es ist das Klima. Sehr treffend und absolut notwendig, dass sie die Demokratiegegner immer wieder benennt. Auch auf dem Abendkleid. Wirkungsvoll, weil plakativ. Ach, Luisa, wie gut, dass du dich immer wieder zu Wort meldest, möchte man ihr zurufen. Alles richtig gemacht!
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