Regisseurin Jane Campion nimmt Kurs auf den Oscar
Regisseurin Jane Campion triumphiert mit dem Drama "The Power of the Dog" bei den Golden Globes. Die Neuseeländerin ist selbst vom Schicksal gezeichnet.
Was fiele Ihnen ein, wenn Sie gefragt würden: Welcher ist der beste je von einer Frau gemachte Film? Womöglich nicht viel, weil Sie nie darauf geachtet haben? Wenn doch etwas, so ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass ihr Name fällt: Jane Campion. Nach einer BBC-Umfrage gilt jedenfalls auch Fachleuten weltweit ihr bald 30 Jahre altes Werk „Das Piano“ als Nummer eins in der Kategorie.
Über deren Relevanz kann man freilich streiten. Ist das Geschlecht in der Regie von Bedeutung? Aber schon schräg: Im vergangenen Jahr Chloe Zhao für „Nomadland“ war erst die zweite Frau in diesem Fach, die den Oscar gewann – nach Kathryn Bigelow für „Hurt Locker“ als Pionierin auch erst 2010. Beglückend andererseits, für welche Schar an tollen Regisseurinnen diese inzwischen stehen: von Sofia Coppola bis Greta Gerwig, von Maren Ade bis Maria Schrader …
Drei Hauptpreise bei den Golden Globes für "The Power of the Dog"
Da wäre es doch endlich an der Zeit, die Grande Dame der Regie selbst mit dem bedeutendsten Filmpreis zu würdigen (beim „Piano“ bekam sie ihn nur fürs Drehbuch). Zumal es mit ihrem aktuellen Film einen würdigen Anlass gäbe: „The Power of the Dog“ hat bei den Golden Globes jetzt auch gleich drei der Hauptpreise abgeräumt: als bestes Drama, für den besten Nebendarsteller (Kodi Smit-McPhee) und eben für die Regie.
Es ist wieder eines dieser Schicksalsdramen, für die die Neuseeländerin bekannt wurde – nachdem sie zwar förmlich in die Welt von Film und Theater hineingeboren wurde, als Tochter der erfolgreichsten Schauspielerin ihres Landes und eines Regisseurs – aber erst mal meinte, Anthropologie studieren zu müssen. Viele Europareisen und weitere Studien dann in Kunst, Design und auch Film später aber fand sie doch in die Familienspur, wie ihre ältere Schwester Anna übrigens auch. Und nachdem der Mann, den die bereits mit frühen Kurzfilmen auch in Cannes ausgezeichnete Jane geheiratet hat, auch noch Produzent war, könnte man ja fast auf die Idee einer Dynastie kommen – landet damit aber unversehens an ihrem dunkelsten Punkt. Denn noch im Jahr von „Das Piano“ starb ihr Sohn kurz nach der Geburt – und schließlich wurde auch die Ehe geschieden.
Schicksalsdramen also: Jane Campion kehrte nach drei Jahren mit ihrem stets mutigen und poetischen Zugriff zurück, mit ihrer Bildkraft und der Intensität im Ausdruck: Mit Film als Kunstform, die sich eben nicht auf den ersten Blick restlos erschließt und aufgeht. Man könnte Werke wie „Bright Star“ oder die Serie „Top of the Lake“ nennen. Aber mit „The Power of the Dog“ schafft sie das auch beim Western. Darin befragt Campion wie einst im „Piano“ auch Geschlechterrollen. Aber damit gibt die 67-Jährige auch eine Antwort auf die Frage: Worin kann sich eine „beste Regie“ zeigen? Zum Beispiel daran, dass ein so oft gesehener Schauspieler wie Benedict Cumberbatch einem unter Campions Führung ganz neu begegnet, vielleicht tiefer, berührender, wohl schwächer und damit stärker als je zuvor.
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