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Interview
04.01.2022

Historiker Frank Vorpahl: "Schliemann wäre heute der Twitterkönig"

Der deutsche Kaufmann, Archäologe und Altertumsforscher Heinrich Schliemann.
Foto: dpa

Vom Krämergehilfen zum Millionär und „Entdecker Trojas“: Kaum ein Deutscher hat die Fantasie der Menschen so beflügelt wie Heinrich Schliemann, der vor 200 Jahren geboren wurde.

Herr Vorpahl, je länger man sich mit Heinrich Schliemann beschäftigt, desto weniger greifbar wird er. Was hat diesen steinreich gewordenen Pastorensohn bei der Goldsuche angetrieben?

Frank Vorpahl: Heinrich Schliemann war keine Goldgräbernatur, er hatte vielmehr den Wunsch, berühmt zu werden. Warum? Er muss mit 14 vom Gymnasium, weil der Vater trinkt, das Geld verprasst, rumhurt, gewalttätig ist. Also wird Heinrich Krämergehilfe in Fürstenberg an der Havel und erweist sich bald als äußerst geschickter Geschäftsmann. Doch es bleibt zeitlebens das Gefühl eines Bildungsdefizits. Als Schliemann genug Geld gemacht hatte, wollte er intellektuell nachrüsten. Bildung und Ruhm, darum ging es ihm.

Dafür ist er um die ganze Welt gereist.

Vorpahl: Ohne Vorbehalte. Schliemann war nicht nationalistisch, es gab für ihn keine „niederen Rassen“, und er gehört zu den wenigen kosmopolitischen Deutschen dieser Zeit. Allein 20 Jahre lebt er in Russland, ein Jahr in Sacramento, drei Jahre in Paris, dann kommen die Ausgrabungen in der heutigen Türkei und in Mykene. Er lässt sich in Athen nieder, bereist China, Japan.

Schliemann beherrscht ja auch mehrere Sprachen, oder übertreibt er da?

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Vorpahl: Er sprach über zehn Sprachen. Ich war in der Gennadius-Bibliothek in Athen, wo sein Nachlass liegt. Unter unglaublichen 100.000 Dokumenten findet man Übungsbücher fürs Arabische und sogar Dokumente in Finnisch, obwohl er dort nie war. Schliemann hat Wert darauf gelegt, in der jeweiligen Landessprache zu sprechen. Die Sprachen waren sein Kapital. Vielleicht haben wir heute nicht mehr diese strenge Disziplin. Schliemann ist ja auch jeden Morgen um vier aufgestanden. Aber wäre er nicht so strikt mit sich umgegangen, hätte er nicht annähernd diesen Erfolg gehabt.

Der Historiker Frank Vorpahl hat ein Buch über Heinrich Schliemann geschrieben.
Foto: Peer Kugler

Trotzdem wird Schliemann nicht von allen Archäologen bejubelt.

Vorpahl: Er ist aber groß genug, um den kritischen Blick auszuhalten. Sicher, Schliemann hat sich in Troja um 1000 Jahre vertan. Er lässt in Hissarlik ganze Kulturperioden als Schutt entsorgen und verursacht den sogenannten Schliemann-Graben. Aber er hat die erste große Hochkultur des europäischen Kontinents entdeckt – in Mykene statt in Troja. Es ist wie bei Kolumbus. Der wollte nach Indien und hat stattdessen Amerika entdeckt. Schliemann wollte die realen Kulissen für das Troja aus Homers „Ilias“ finden. Dabei ist er eben auf das bis dato völlig unbekannte mykenische Zeitalter gestoßen.

Seine zweite Frau scheint dabei eine besondere Rolle zu spielen?

Vorpahl: Sophia Engastromenos war Schliemanns Galionsfigur. Er hat bewusst nach einer schönen Griechin mit schwarzem Haar und griechischem Profil gesucht. Außerdem sollte sie Homer kennen und zitieren können. Dazu kam der Altersunterschied. Er war 57, sie 18. Schliemanns Plan ging jedenfalls auf: Jeder kennt das Porträtfoto von Sophia mit dem großen Diadem aus dem „Schatz des Priamos“.

Schliemann arbeitet auch als Korrespondent für die seriöse Augsburger Allgemeine. Wie geht das zusammen?

Vorpahl: Es ist die Zeit der Fortsetzungsromane. So halten Charles Dickens und viele andere ihr Publikum bei der Stange. Schliemann musste jeden Monat liefern, das dürfte seine Fantasie beflügelt haben. Dann fand er eben im Zeitungsartikel Bedeutenderes, als es tatsächlich der Fall war, und hat sich das passend zu den anderen Funden zurechtgebogen.

Wo bleibt da die solide Wissenschaft?

Vorpahl: Schliemann hat irgendwann Wilhelm Dörpfeld, den Assistenten von Ernst Curtius, von Olympia abgezogen. Auf ihn geht ein Gutteil seines archäologischen Know-hows zurück. Dörpfeld gilt heute als der Schöpfer des modernen Grabungswesens, und man darf davon ausgehen, dass er den ungeduldigen Schliemann diszipliniert hat. Er hat übrigens nach Schliemanns Tod in Troja weitergegraben, finanziert von dessen Ehefrau.

Was war Sophia Schliemann für eine Persönlichkeit?

Vorpahl: Eine glühende Patriotin! Griechenland ist für sie die Wiege des Abendlandes, das gefällt Schliemann. Sie ist sehr gebildet und entsprechend selbstbewusst, das behagt ihm wiederum gar nicht. In dieser Ehe kriselt es ständig, aber Schliemann ist für eine typisch großzügige Griechin schlicht unmöglich. Ein Millionär, der kein Trinkgeld gibt, in der dritten Klasse reist und an der Unterwäsche spart! Kurzum: Sophia heiratet zunächst wegen des Geldes, das sagt sie ihm auch, und bekommt den knickerigsten Ehemann weit und breit.

Trotzdem ließ sich Schliemann vom angesagten Architekten Ernst Ziller eine Prachtvilla in Athen errichten.

Vorpahl: Ziller hat dort auch das Parlament, die Nationalbibliothek und vieles mehr gebaut. Auf seinen Freund Schliemann ging er in besonderer Weise ein und entwarf ihm ein auf Troja abgestimmtes Haus. Überall an den Wänden sind Zitate Homers zu lesen, die Szenen der Ilias zieren die Decke. Schliemann, der nur 1,57 Meter groß war, ließ sich sogar einen Stuhl bauen, auf dem er höher saß als seine Gäste. Die Leute sind dennoch zu den Diners geströmt. Dabei sprach er ständig altgriechisch, und sein Diener Ödipus hatte auf dem Balkon Verse aus der „Ilias“ zu singen. Das muss seltsam geklungen haben, doch dieses spleenige Haus zwischen Königspalast und Universität war der Society-Hotspot in Athen.

Welche Rolle könnte dieser spleenige Heinrich Schliemann heute spielen?

Vorpahl: Bei seinem Interesse an neuen Technologien wäre er eine Art Elon Musk. Schliemann hat mit Eisenbahnen in Troja gegraben und dafür eigens Ingenieure geholt. Außerdem führte er als Erster die Fotografie auf seinen Grabungen ein, deshalb ist das alles so gut dokumentiert. Er war ein Freund schneller Nachrichten aus dem Telegrafen, schrieb selbst viele Telegramme. Schliemann wäre heute der Twitterkönig, er würde aber auch viele Fake News in die Welt setzen.

Sie sind an die Orte des Geschehens gefahren. Hat sich Ihre Sicht auf Schliemann verändert?

Vorpahl: Das betrifft tatsächlich die Fake News. Als der „Schatz des Priamos“ vor 25 Jahren in Moskau aufgetaucht ist, gingen wir alle davon aus, dass Schliemann ihn am 31. Mai 1873 zusammen mit seiner Frau Sophia gefunden hat. Inzwischen steht fest, dass sie an diesem Tag bei ihrem sterbenden Vater in Athen war. Also fragt man sich, was noch alles falsch dargestellt ist. Allein der Brief an seinen französischen Makler in Paris offenbart eine weniger schöne Seite. In dem äußert Schliemann die Bitte, einen Juwelier zu finden, der sein Gold aus Troja notfalls nachmachen kann.

Wie?

Vorpahl: Die Kopien wollte Schliemann wohl den Türken unterjubeln, um sie ruhigzustellen. Ich habe auch Rüstem Aslan, den Grabungsleiter von Troja, getroffen. Der hat mir viele osmanische Quellen gezeigt: Polizeiakten zum Beispiel, wie Heinrich Schliemann seinen „Schatz des Priamos“ 1873 außer Landes geschmuggelt hat. Präsident Erdogan hat in diesen Tagen eine Troja-Ausstellung in Istanbul eröffnet und den „Schatz des Priamos“ für die Türkei zurückverlangt.

Sie haben die kürzlich verstorbene Irina Antonowa besucht, die lange Direktorin im Puschkin Museum war. Dort ist der Schatz des Priamos ausgestellt. Was hat sie Ihnen gesagt?

Vorpahl: Schliemann mag den Schatz des Priamos dem deutschen Volk „zu ewigem Besitze“ vermacht haben, für Frau Antonowa war aber völlig klar, dass dieser Fund in Russland zu bleiben hat. Und zwar nach allem,was dieDeutschen denRussen im Krieg angetan hätten. 90 Prozent der Beutekunst wurde zurückgegeben, das sei ein „kleiner Rest“. Bei diesem für sie „symbolischen Gold“ blieb Antonowa die „Eiserne Lady der Beutekunst“, wie man sie kennt.

Gibt es dennoch eine Chance, den Schatz in Deutschland zu zeigen?

Vorpahl: Bestimmt. Angela Merkel hat die Rückgabeansprüche gegenüber Wladimir Putin 2013 wiederholt – sie stimmen mit dem Völkerrecht überein. Aber danach ging eben nichts mehr. Die neue Bundesregierung könnte nun wieder einen Versuch starten. Allerdings unter anderen Vorzeichen, denn an den Eigentumsverhältnissen wird sich vermutlich nichts mehr ändern.

Zur Person: Der Historiker Frank Vorpahl aus Berlin, Jahrgang 1963, arbeitet als Chef vom Dienst beim ZDF-Kulturmagazin „Aspekte“. Seit 25 Jahren forscht er über Heinrich Schliemann und das Gold von Troja.

Buchtipp: Frank Vorpahl: Schliemann und das Gold von Troja. Mythos und Wirklichkeit, Galiani Berlin, 368 Seiten, 24 Euro

Dokumentation: Der Schatz des Priamos von Frank Vorpahl, am 7. Januar um 23.45 Uhr (ZDF) oder am 8. Januar um 19.20 Uhr (3sat)

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