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Interview
08.01.2022

Autorin Kirsten Boie: „Alles hing immer mit dem Krieg zusammen“

Die Kinder- und Jugendbuchautorin Kirstin Boie thematisiert in ihrem neuen Roman die Nachkriegszeit.
Foto: Ulrich Perrey, dpa

Exklusiv In Kirsten Boies „Heul doch nicht, du lebst ja noch“ versuchen fünf Kinder, mit den Folgen des Naziregimes zu leben. Ein Gespräch auch über den Umgang mit Geschichte.

Nach Ihrem Buch „Dunkelnacht“, das von der Penzberger Mordnacht in den letzten Kriegstagen handelt, spielt Ihr neues Buch „Heul doch nicht, du lebst ja noch“ in der unmittelbaren Nachkriegszeit. Ist das eine bewusste Kontinuität, Frau Boie?

Kirsten Boie: Überhaupt nicht. Auslöser für dieses Buch war das 75-jährige Jubiläum des Kriegsendes am 8. Mai vorletzten Jahres, als die Medien voll von Berichten darüber waren. Für mich war es sehr spannend, dass ich zum ersten Mal wahrnahm, dass sehr viel über die Zerstörung in Deutschland und die unglaublich belastende Nachkriegssituation berichtet wurde. Wir haben bisher, wenn wir über den Krieg gesprochen haben, mehr auf die Kriegsverbrechen geblickt. Damit hier kein falscher Eindruck entsteht: Das war gut und wichtig und richtig, und das sollte auch weiterhin geschehen. Aber ich finde es auch wichtig, Jugendlichen davon zu erzählen, wie es nach dem Krieg in Deutschland ausgesehen hat. Mit dieser Perspektive will ich jetzt, wo es so viele junge Menschen gibt, die nach rechts abdriften, zeigen, dass eben nicht nur die Opfer des Naziregimes und die von Deutschland angegriffenen Länder gelitten haben, sondern auch die Deutschen selbst. Da habe ich so ein wenig die Hoffnung, dass das den Blick erweitert und nachdenklich macht.

Sie erzählen in „Heul doch nicht, du lebst ja noch“ von fünf Kindern, die im Juni 1945 im zerstörten Hamburg auf ganz unterschiedliche Weise die Folgen der Naziherrschaft und des Krieges erleben. Worum ging es Ihnen dabei?

Boie: Was ich wichtig fand zu vermitteln ist, dass in der frühen Nachkriegszeit das Bewusstsein der Menschen ja noch gar nicht so verändert war – auch bei Kindern. Da waren die Feinde eben immer noch die Feinde. Die haben das ja nicht als Befreiung empfinden können. Für die waren diese Engländer, die nun als Besatzer herumfuhren, dieselben Menschen, die ihre Stadt zerbombt hatten. Es ist oft von einer Stunde Null gesprochen worden, wie wenn ein Hebel umgelegt worden wäre, und plötzlich gab es keine Nazis mehr und plötzlich waren alle Demokraten. Das ist ja ganz großer Quatsch, wie soll das denn gehen? Das darzustellen, fand ich ganz wichtig. Also den Hass, den man auf die britischen Besatzer hatte. Oder das Verhältnis zu den Menschen, die ihre Heimat verlassen mussten. Die wurden nicht so wahnsinnig freundlich aufgenommen, was man auch verstehen kann, weil sie in den Wohnungen einquartiert wurden. Oder auch die Kriegsversehrten. Ein nicht geringer Teil der Männer, die aus dem Krieg zurückkehrten, war in irgendeiner Weise verwundet. Auch das sollte eine Rolle in dem Buch spielen.

Sie sind 1950 geboren, haben diese Zeit unmittelbar nach Kriegsende also auch nicht erlebt. Hat es in Ihrer Kindheit noch eine Rolle gespielt?

Boie: Auch ich habe noch in Trümmern gespielt und bis ich etwa elf Jahre alt war, hatten diese angesprochenen Themen eine große Bedeutung. Alles hing immer mit dem Krieg zusammen, wenn wir am Esstisch zusammensaßen. Mein Vater war sehr still, aber meine Mutter hat viel erzählt aus dieser Zeit. Das hat mich durch meine Kindheit begleitet. Da ging es um den Hunger, um die Kälte. „Hunger kannst du aushalten, frieren nicht“, sagte meine Mutter immer. Da haben sich die Leute in einem Raum zusammengefunden, weil man dann nur den heizen musste. Das war für mich schon unvorstellbar. Und dann die Lebensmittelmarken. Diese Vorstellung, dass man vielleicht genug Geld, aber keine Lebensmittelmarke hat, um sich Brot zu kaufen, das war beeindruckend.

Wie spiegelt sich die indirekte Erfahrung dieser Zeit in Ihrem Buch wieder?

Boie: Ich habe es ja auch nicht direkt erlebt, insofern ist das ähnlich, zu dem, wie heutige Kinder und Jugendliche von dieser Zeit erfahren. Es ist aber insofern nicht das gleiche, als es bei mir noch sehr nah war, denn es waren meine eigenen Eltern und ältere Cousins und Cousinen, die das erlebt hatten. Die Distanz ist doch um einiges größer, wenn man heute ein Buch darüber schreibt, die kann man nur durch Emotionalität zu überwinden versuchen.

Sie haben auch sehr umfangreiche Recherchen betrieben, wie man in Ihrer Danksagung lesen kann.

Boie: Das war mir sehr wichtig. Besonders im Hinblick auf die Figur des halbjüdischen Jungen Jakob. Den wollte ich unbedingt dabeihaben, damit das Buch nicht so ein Ungleichgewicht bekommt, wenn ich über die schwierige Nachkriegszeit für die Deutschen schreibe, denn was den Opfern und Verfolgten der Nazizeit passiert ist, war ja ungleich dramatischer und es sollte auch in meiner Geschichte vorkommen. Das war eine Situation, mit der ich sehr sensibel umgehen wollte. Ungemein hilfreich für mich waren zwei Bücher einer Hamburger Mitarbeiterin des Instituts für Geschichte der Juden in Deutschland, die ich kaum zu lesen ausgehalten habe. Man weiß vieles zwar allgemein, aber wenn es dann um die eigene Stadt geht, wenn die Dinge in Straßen passiert sind, durch die man selbst gelaufen ist und Namen real existierender Menschen genannt werden, werden die Ereignisse noch mal auf eine ganz andere Weise real als über die eher distanzierten historischen Informationen. Das hat mich sehr ergriffen.

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Was wünschen Sie sich, dass Ihr Buch auslösen kann?

Boie: Zunächst mal Mitgefühl, und zwar mit allen, auch mit Hermann. Der ist im Grunde arm dran, weil er im Denken der Nazizeit noch so verhaftet ist. Leichter ist es da schon mit Jakob, der ganz allein in den Trümmern lebt, weil seine jüdische Mutter mit dem letzten Transport aus Hamburg nach Theresienstadt deportiert wurde. Der hat schließlich ein Happy End bekommen, das für mich selbst sehr überraschend war.

Wie das?

Boie: Ich bin davon ausgegangen, wenn ich diesen Jungen nehme, dessen Mutter ins KZ gekommen ist, weil der arische Vater gestorben ist, kommt sie nicht mehr zurück. Aber dann bin ich bei meinen Recherchen auf etwas Großartiges gestoßen. Die meisten der Menschen, die mit diesem letzten Transport aus Hamburg nach Theresienstadt kamen, haben überlebt und sind wieder zurückgekommen. Für mich war das geradezu eine Befreiung, Jakob seine Mutter zurückzugeben. Das lässt das Buch nicht in Düsternis enden und gibt ein bisschen Hoffnung. Und es entspricht sogar den Tatsachen. Das wusste ich nicht, als ich angefangen hatte zu schreiben.

Auch wenn das Buch mit einer hoffnungsvollen Perspektive endet, es gibt einige Szenen, die einem die Luft abschnüren beim Lesen. Wie verträgt sich das mit einem Buch für Kinder?

Boie: Ja, etwa als Hermann nach Hause kommt und sieht, dass sich sein Vater aus dem Fenster gestürzt hat. Das ist schwer zu verarbeiten für Kinder, vor allem weil Hermann sich selbst ja auch die Schuld daran gibt. Ich möchte aber, dass die Kinder angerührt und beunruhigt werden. Ich bin überhaupt nicht glücklich mit der Entwicklung, dass überall jetzt Triggerwarnungen gefordert werden, weil ein Kind traurig werden könnte. Für mich sind in meiner Kindheit die Bücher, die mich wirklich erschüttert haben, die wichtigsten gewesen. Das sind die Bücher, an die mich noch erinnern kann. Ich glaube, dass Kinder so etwas verarbeiten können, davon bin ich sehr, sehr überzeugt. Ich möchte ganz explizit die Kinder berühren, und zwar auf eine Weise, dass es sie trifft.

Wie meinen Sie das?

Boie: Ich will sie berühren, damit sie keine gleichgültige Haltung zu dieser Zeit haben. Ihnen soll bewusst werden, was am Ende bei einem so unmenschlichen System herauskommt. Dass man eben nicht sagen kann: Ich bin doch kein Jude, ich bin kein Sinti oder Roma, und ich bin auch nicht schwul, für mich wäre das egal gewesen. Es war für niemanden egal. Es wird leider immer schwieriger, dafür zu sensibilisieren.

Umso mehr, als es ja auch immer weniger Zeitzeugen gibt, die über die Nazizeit berichten. Können Bücher ein Ersatz sein?

Boie: Ich weiß aus dem Kontakt mit ganz vielen Schulen, dass auch Jugendliche, die diesen Themen eher unaufgeschlossen gegenüber stehen, ganz still werden und zuhören, wenn diese 80- und 90-jährigen Menschen erzählen. Alle gehen sie hinterher anders heraus als sie hineingegangen gegangen sind in diese Begegnungen. Es wird schwierig, das aufrecht zu erhalten mit Filmen oder Büchern. Bei Büchern habe ich aber die Hoffnung, dass es eine Rolle spielt, dass ich lesend selbst tiefer drin bin als im Film. Denn beim Lesen entsteht ein Dialog mit dem Text, ich muss ihn selbst konkretisieren, sonst habe ich eben nur die Buchstaben auf Papier.

Zur Person: Kirsten Boie ist eine der meistgelesenen und vielseitigsten deutschen Kinder- und Jugendbuchautorinnen („Der kleine Ritter Trenk“, „Die Kinder aus dem Möwenweg“). Dazu engagiert sie sich seit Jahren für die Leseförderung und initiierte 2018 die Petition „Jedes Kind muss lesen lernen“. Jetzt ist ihr neues Buch „Heul doch nicht, du lebst ja noch“ erschienen (Oetinger, 176 Seiten – ab 13 Jahre)

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