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König der Widersprüche: Bayerns Ludwig I. in der neuen Landesausstellung

Haus der Bayerischen Geschichte

Die Bayerische Landesausstellung fragt: War Ludwig I. wirklich Bayerns größter König?

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    Hand am Szepter, nicht auf der Verfassung: Ein unbekannter Künstler schuf in den 1840er Jahren diese Porträt König Ludwigs I.
    Hand am Szepter, nicht auf der Verfassung: Ein unbekannter Künstler schuf in den 1840er Jahren diese Porträt König Ludwigs I. Foto: Philipp Mansmann/Haus der Bayerischen Geschichte/Museen der Stadt Aschaffenburg

    Wie kann das sein: Eine Bayerische Landesausstellung zu Ludwig I., die nicht in München angesiedelt ist, der Stadt, die doch auch leuchtet wegen all der Bauten, die dieser bayerische König hier hat errichten lassen? Aber schon das Fragezeichen im Titel der Ausstellung – „Ludwig I. – Bayerns größter König?“ – weist darauf hin, dass die Kuratoren ihre Zweifel haben an dieser Regentschaft. Nein, die Ausstellung anlässlich des 200-jährigen Krönungsjubiläums von Ludwig I. findet nicht an den Ufern der Isar statt, sondern in dem an der Donau gelegenen Haus der Bayerischen Geschichte in Regensburg. Dessen Chef Richard Loibl hatte die „Gefahr“ gewittert, bei einer Ausstellung in München „zu einseitig positiv an den König heranzugehen“. Eine reine Jubelschau ist es dann auch nicht geworden.

    1825 hatte der damals 39-jährige Ludwig die Herrschaft übernommen über ein Land, das unter seinem Vater Max Joseph zwar zum Königreich aufgestiegen, infolge rigider Reformen aber überfordert war, sich hart am Rande des Bankrotts bewegte und sichtlich damit rang, als Verbund ganz unterschiedlicher Landesteile - Franken und Schwaben waren neu hinzugekommen – eine gemeinschaftliche Identität auszubilden. Davon ausgehend blickt die diesjährige Landesausstellung vor allem in die Fläche des Königreichs Bayern und die dortigen Auswirkungen der 23 Jahre dauernden Herrschaft des zweiten Wittelsbacherkönigs.

    Eine Computeranimation zeigt Ludwigs Gesicht

    Wie es für die vom Haus der Bayerischen Geschichte ausgerichteten Ausstellungen Prinzip geworden ist, bemüht sich auch die Ludwig-Schau – kuratiert hat sie Rainhard Riepertinger – wieder merklich um Publikumsnähe. Gleich zu Beginn wird der Besucher eingefangen von einer Computeranimation von Ludwigs Gesicht zur Zeit seiner Krönung, fußend auf sämtlichen zur Verfügung stehenden Bildern und sonstigen Daten (nur auf die erwiesenen Pockennarben wurde verzichtet). Auch darüber hinaus kommt die digitale Museumsmethodik nicht zu kurz, werden Porträtbilder von Abgeordneten buchstäblich zum Sprechen gebracht, um sich zustimmend oder ablehnend zu politischen Belangen zu äußern. Wie zumeist bei Landesausstellungen, kennzeichnet die Reihe der Exponate auch diesmal denkbar breite Divergenz. Und oft nimmt sich das ein oder andere auf den ersten Blick recht unspektakulär aus – bei näherem Betrachten das abgezielte Thema jedoch treffsicher illustrierend wie jener Regenschirm, auf dem Deutschlands erste Eisenbahn zwischen Nürnberg und Fürth aufgedruckt ist. Ein Ereignis, dem Ludwig fernblieb, skeptisch, wie er der maschinellen Fortbewegung gegenüber eingestellt war.

    Des Königs Infrastrukturpolitik bildet denn auch einen der Schwerpunkte der Ausstellung. Ludwig setzte vor allem auf die Flussschifffahrt und betrieb den Bau des Ludwig-Donau-Main-Kanals, welcher sich nach der Fertigstellung jedoch als alles andere als lukrativ erwies. Auf 173 Kilometern Länge mussten 100 Schleusen überwunden werden, da war man von der Donaumündung bis zum Rhein als den angepeilten Endpunkten schneller auf der Meer-Route unterwegs. Der geschichtsbewusste Ludwig aber beharrte auf seinem schon damals kritisch beäugten Prestigeprojekt, wurde mit der Verbindung von Donau und Main doch eine Vision Karls des Großen Wirklichkeit.

    Ludwigs Süd-Nord-Eisenbahntrasse führte von Lindau bis Hof

    Besser hätte Ludwig wohl auf den verstärkten Ausbau des Schienennetzes gesetzt. Denn die Eisenbahn hatte sich rasch als das maßgebliche Transportmittel des frühen Industriezeitalters entpuppt. Tatsächlich entstand unter Ludwig die Süd-Nord-Trasse von Lindau über Kempten, Augsburg, Donauwörth, Nürnberg und Bamberg bis Hof; doch war damit vor allem der Westen Bayerns gut abgedeckt. Anders war es um Ostbayern bestellt, wo der König sich nicht für eine Bahnlinie begeistern wollte – mit entsprechend negativen Folgen für die wirtschaftlichen Folgen in der Region. Die qualmend dahinrollenden Ungetüme aber waren Ludwig nie recht geheuer, was man in der Ausstellung nachempfinden mag, wenn der in einen Tunnel geführte Besucher plötzlich eine Lokomotive riesengroß auf sich zudampfen sieht.

    Doch der Schau ist nicht nur am Kritteln gelegen. Mit Nachdruck wird herausgestrichen, was die Neugründung von rund 130 Klöstern bedeutete, nachdem Bayerns Klöster im Zuge der Säkularisation zu Beginn des 19. Jahrhunderts aufgehoben worden waren. Vor allem in den ländlichen Gebieten waren damit die in Jahrhunderten eingespielten Wege der Bildungsvermittlung und der Fürsorge von der Bildfläche verschwunden, Traditionen, an die Ludwig wieder anknüpfen wollte. Auch in der Zollpolitik, vorneweg durch den Zollverein mit Baden-Württemberg, erwies sich der König als kluger, dem freien Warenfluss dienlicher Kopf.

    Lola Montez darf in der Ausstellung natürlich nicht fehlen

    Wieder anders verhält es sich mit Ludwigs Verständnis des eigenen Königtums in einem Zeitalter, in dem auch das Volk zunehmend Mitsprache einforderte. Bezeichnend fasst das ein Ölgemälde von einem unbekannten Maler ins Bild, das Ludwig im Krönungsornat zeigt: Statt die Hand mit dem Szepter bedeutungsvoll auf die bayerische Verfassung zu legen, wie es Joseph Stieler in seinem berühmten motivgleichen Porträt zeigt, lässt Ludwig hier auf dem wohl in den 1840er Jahren entstandenen Gemälde die Verfassung unbeachtet. Sein sich verhärtender Konservatismus, seine restriktive Pressepolitik, das alles lief zusammen in jener Lola-Montez-Affäre, die als letzter Tropfen auf dem heißen Stein dem König die Abdankung abnötigte. Die schöne Lola, natürlich darf dieses Thema nicht fehlen in der Ausstellung: Kurios eine gipserne Spottfigur der „Spanierin“, wo unterm langen Rock das grinsende Konterfei des Königs hervorlugt.

    Ludwig I. – Bayerns größter König? Nach dem Besuch der Ausstellung lässt sich die Frage nur damit beantworten, dass sie nicht eindeutig zu beantworten ist; dass König Ludwig I. diesem Land jedoch fraglos nachhaltig seinen Stempel aufgedrückt hat.

    Im Haus der Bayerischen Geschichte in Regensburg läuft die Ausstellung vom 10. Mai bis zum 2. November (Di-So von 9 bis 18 Uhr). Empfehlenswert der Katalog (Verlag Friedrich Pustet), der 29,95 Euro kostet.

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