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Lesung
12.03.2022

Eine "Schmähtandlerin" erzählt: Monika Helfer beim AZ-Literaturabend

Monika Helfer fasziniert beim Literaturabend der Augsburger Allgemeinen mit emotionalen Ausschnitten aus ihrem neuen Buch Löwenherz.
Foto: Ulrich Wagner

Monika Helfer berührt in der Augsburger Stadtbücherei mit "Löwenherz", literarischen Erinnerungen an ihren Bruder. Danach spricht das Kritiker-Quartett.

Ein Halodri sei er gewesen, "ein Münchhausen, der selbst an seine Geschichten geglaubt hat". Oder auf gut Österreichisch: Er war ein "Schmähtandler". Denn so nennen die Wiener Menschen, die es lieben, Geschichten zu erfinden. Und genau so erinnert sich die Bestseller-Autorin Monika Helfer an ihren Bruder Richard, in ihrem neuen Roman "Löwenherz". Kulturredakteurin Birgit Müller-Bardorff hatte jetzt live auf der Bühne, beim Literaturabend der Augsburger Allgemeinen, die Chance, bei Helfer nachzuhaken.

Monika Helfer Literaturabend der Augsburger Allgemeinen. Schriftstellerin / Autorin Monika Helfer liest in der Stadtbücherei aus ihrem neuen Buch Löwenherz. Bild: Ulrich Wagner
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AZ-Literaturabend in der Stadtbücherei: Monika Helfer liest aus "Löwenherz"
Foto: Ulrich Wagner

Ganz unverblümt, aber mit großem Respekt für Helfers packendes, neues Werk fragte sie: "Sind Sie nicht auch selbst eine Schmähtandlerin?" Da musste Helfer lachen: Gute Literatur ohne Fantasie gebe es nicht, natürlich habe sie auch in "Löwenherz" hinzu- und umgedichtet, die Wirklichkeit etwas gebogen. Aber: "Bei mir sind auch ein paar wahre Sachen dabei." Über die sehr wahren, die fiktiven und die ganz persönlichen Momente in ihrem Schreiben sprach sie in der Stadtbücherei Augsburg.

AZ-Literaturabend: Der Literarische Salon begrüßt wieder ein großes Publikum

An diesem Abend begrüßt Richard Mayr "das größte Publikum seit zwei Jahren" in dieser AZ-Lesereihe. Das Büchereifoyer brummt, die Stimmung ist gespannt und lebendig, der Abend wartet auf mit anspruchsvoller, frisch gedruckter Literatur. Ein Thema hält die Bücher dabei dicht zusammen: Es ist die wiederkehrende Frage, wie der intime Kosmos der Familie die Literatur von heute bewegt. Monika Helfer entpuppt sich dafür als perfekter Gast, in ihren jüngsten Büchern schreibt sie als Chronistin über ihre eigene Familie.

Helfer stammt aus Au in Vorarlberg, seit 1977 schreibt sie Hörspiele, Romane, aber auch Kinderbücher, wie "Dickerle" (2021). Mit österreichischem Charme und sanftem Lächeln kommentiert sie das: "Die Kinder sollen ja auch was zu lesen haben." Die eigene Familie nennt Helfer im ersten Titel ihrer Familien-Trilogie "Die Bagage" (2020), der Roman "Vati" folgte 2021. Das Schicksal brach immer wieder in das Familienleben ein, der Vater war ein Kriegsversehrter mit Beinprothese, ein Abwesender, und früh starb die Mutter der vier Kinder. Wie heikel ist es, so tief Persönliches zu schreiben? Helfer sagt: "Ich habe gewartet, bis sie alle im Grab liegen und jetzt habe ich damit angefangen." Das Publikum lacht über solche ironischen, liebevollen Bemerkungen. Aber tatsächlich erklärt die Autorin, wie hart der Schreibprozess war, diesen Menschen, ihren Nächsten gerecht zu werden. Dabei möchte sie ehrlich und ungeschönt berichten: "Wie durch Wolken schreiben, nein das geht nicht."

Monika Helfer liest aus ihrem Roman "Löwenherz"

Nun also ein Bruder-Roman: Viele kommen da Astrid Lindgrens "Gebrüder Löwenherz" in den Sinn, aber tatsächlich war der historische Richard Löwenherz die Inspiration. Wie der englische König in seiner Gefangenschaft, habe sich Helfers Richard zum Lebensende zurückgezogen, vom Leben abgewandt. Bis er sich mit 30 das Leben nahm.

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Helfer beginnt aus dem Buch zu lesen: "So war er, mein Bruder Richard". Einer der fest glaubte, dass Blindschleichen Sing- von Sprechstimmen unterscheiden können, "zwischen Gesagtem und Gesungenem". Einer, dem ein lustiger Hund Schritt auf Tritt folgte, der - fast - einen Gang wie John Wayne hatte. Er habe manchmal so sehr erwachsen dreingeblickt, wie es eigentlich nur ein Kind kann. Dabei läuft Richard selbst ein Kind zu, das ihm eine weibliche Bekanntschaft vor die Türe stellt. Und spätestens ab dieser Passage wird es unfassbar still im Saal.


Mit Ruhe und Melodie liest sich Helfer nah an die Zuschauer und Zuschauerinnen heran, bis die Gefühle im Raum greifbar werden. "Putzi" kommt mit einem Köfferchen von fünf Windeln bei Richard an. Gemeinsam Klötzchen bauen, zählen bis zehn und zweistimmige Kantaten erfinden, Richard und die Tochter finden zusammen. "Er war Putzis Paradies und Putzi war sein Paradies." Doch dann bricht das Glück.

Michael Köhlmeier hat Monika Helfers Romanreihe angestoßen

"Ich weiß niemanden, dem das Leben so wenig wichtig war, wie dem Richard." Diesen Satz sagt im Roman Michael Köhlmeier über den Richard. Köhlmeier ist im wahren Leben Erfolgsautor und Monika Helfers Ehemann. Im Gespräch mit Müller-Bardoff gibt Helfer auch Einblicke in das Eheleben eines Schriftstellerpaars: In ihrem Haus habe sich jeder eine "Schreibstube" eingerichtet, sie im ersten Stock, er im Parterre - "und dann treffen wir uns in der Küche".

Mails wandern zwischen den Stockwerken hin und her, sie fragen einander um Rat, wenn sie sich "verschrieben" haben. So wie Helfer es beschreibt, leben da nicht nur zwei herausragende Autoren unter einem Dach, sondern auch zwei ehrliche, schonungslose Kritiker. Das schätzt Helfer: "Er sagt mir die Wahrheit, ich sage ihm die Wahrheit."

Das Publikum erlebt Helfer an diesem Abend offen und humorvoll. In dieser entspannten Stimmung fragt Birgit Müller-Bardorff auch nach ihren Zukunftsplänen: Ist "Löwenherz" das Ende der Familienreihe? "So viele Leben sind noch nicht erzählt", habe sie nach "Bagage" gedacht, sagt Helfer. Doch nach Band drei habe sie das Gefühl: "Ich habe genug erzählt." Zumindest zu diesem Sujet.

Das Quartett des AZ-Literaturabends debattiert Yasmina Reza

Nach der Pause, in der Helfer noch viele Bücher signierte, läutete Richard Mayr die traditionelle zweite Hälfte des Abends ein: den Literarischen Salon, das Kritiker-Quartett. Eine Hausname in Augsburgs Literaturszene ist Kurt Idrizovic. Seit 1984 betreibt er die Buchhandlung am Obstmarkt, die Stadt kennt ihn als Streiter für das gute Buch.

Marius Müller ist Stammgast im Salon und hat bis vor kurzem die Stadtteilbücherei Göggingen geleitet, dazu betreibt er einen weit mehr als stadtbekannten Buchkritik-Blog "Buch-Haltung". Für AZ-Redakteurin Stefanie Wirsching sprang diesmal spontan Michael Schreiner ein - lange Jahre leitete er die Journal-Redaktion der Augsburger Allgemeinen, wobei er immer wieder das Salon-Quartett komplettierte. Auf der Bühne nehmen also vier Männer Platz, auf der Buchliste stehen unter drei Titeln dafür zwei Autorinnen. Richard Mayr nimmt die Frage der Debatte vorweg: "Wie lesen Männer Bücher von Frauen?" Vor allem aber greifen all drei Werke Monika Helfers Lebensthema auf: die liebe Familie.

Vier Männer für das gute Buch: Den Literarischen Salon bildeten diesmal (von links) Richard Mayr, Kurr Idrizovic, Marius Müller und Michael Schreiner.
Foto: Ulrich Wagner

Feuer in der Diskussion entfacht das erste Buch, Yasmina Rezas "Serge". Ihre Fans lieben die Französin für ihre film- und bühnenreifen Texte wie "Der Gott des Gemetzels". Rezas neuster Roman spaltet allerdings die Runde. "Serge" erzählt von einer Familie, die mit ihrer eigenen von der Schoah belasteten Geschichte hadert, sie verdrängt - bis alle gemeinsam nach Auschwitz reisen. Idrizovic zeigt sich begeistert von diesem Werk und schwärmt für Rezas "scharfe, kluge Dialoge". Da legt Marius Müller Widerspruch ein: "Ich finde es sehr schludrig ausgeführt." Er entdeckt im Roman viel zu lose verknüpfte Themen, Wohnungssuche; Arbeitsmarkt, Banales neben dem Holocaust. Außerdem hätten die Figuren Schwächen: "Plastische Charaktere sind das allemal nicht."

Percival Everetts "Erschütterung" begeistert den literarischen Salon

Gerade als die Diskussion Fahrt und Schärfe aufnimmt, bringt Buch Nummer zwei Harmonie in das Quartett. Der US-Amerikaner Percival Everett hat gut 30 Bücher veröffentlicht, allerdings wurden davon bislang nur drei ins Deutsche übersetzt - wie nun "Erschütterung". Der Held heißt Zach, ist Paläontologe, Anfang 40, und in sein Leben platzen gleich zwei Ereignisse: Seine Tochter erkrankt schwer. Und er entdeckt in einer Jacke eine geheime Botschaft, einen Hilferuf. So bahnt sich eine Geschichte um Rettung und große Gefühle an. Begeisterung auf allen Plätzen: "Es ist ein fantastischer Roman, weil er verschiedene Genres in sich vereint", sagt Schreiner. Müller stimmt mit ein ins Kritikerlob: Krimihandlung einerseits, die innigen Gefühle eines Vaters andererseits, dazu wissenschaftliche Beobachtungen, das sei ein Spagat - aber "man nimmt es dem Autor ab."

Den Abschluss macht Fatma Aydemirs Werk, sie hat nach "Ellenbogen" nun ihren zweiten Roman veröffentlicht. "Dschinn" taucht ein in Lebenswelten türkischer "Gastarbeiter". Hussein, vierfacher Vater, hat sich mit 59 Jahren einen Traum erfüllt, eine eigene, prächtige Wohnung in Istanbul. Aber schon früh im Roman stirbt er. Seine Familie eilt aus Deutschland in die Türkei, für seine Beerdigung. Für Idrizevic gibt das Buch beeindruckende Einsichten in das Leben türkischer, vor allem kurdischer Mitbürger und Mitbürgerinnen in Deutschland.

Um die Familienstrukturen zu verstehen, hat er sich einen Stammbaum der Figuren aufgezeichnet, mit sechs Protagonisten. Und da setzt der Buchhändler auch mit Kritik an der Autorin an: "Ich glaube, dass sie zu viel gewollt hat." Richard Mayr wägt dagegen ab: "Ich habe es gern gelesen", sagt er und zeigt sich beeindruckt von der Schilderung, wie jeder in dieser Familie sein eigenes Päckchen zu tragen hat, aber nicht darüber zu sprechen vermag. Trotzdem sagt Mayr: "Für mich ist das ein grell-heller Roman." Das Lesegefühl beschreibt er, so als würde man an einer Stereoanlage alle Regler bis zum Anschlag drehen. Für Müller ist dieses Buch trotzdem ein wichtiger Beitrag, der türkische Kultur greifbar mache.

Frisch gedruckt, prall gefüllt mit Buchtipps: Das ist die neue "Bücher-Frühling"-Beilage der Augsburger Allgemeinen.
Foto: Ulrich Wagner

Am Schluss tickt die Sanduhr und die Kritiker dürfen noch weitere Buchtipps in aller Schnelle ans Publikum bringen. Drei Minuten bleibt ihnen für letzte Empfehlungen an diesem üppigen AZ-Literaturabend. Die nächste Ausgabe ist schon in Planung.

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