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Salzburger zeigt in der Schau „Die Farben der Serenissima“ Malerei aus Venedig

Ausstellung

Als in Venedig die Malerei zu blühen begann

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    Schau mir in die Augen: Judith mit dem Haupt des Holofernes, gemalt um 1582 von Veronese.
    Schau mir in die Augen: Judith mit dem Haupt des Holofernes, gemalt um 1582 von Veronese. Foto: © KHM-Museumsverband

    Wer im vergangenen Winterhalbjahr mit Begeisterung in München die Ausstellung zur venezianischen Kunst gesehen hat, der wird sich glücklich schätzen, jetzt in relativer Nähe den Meistermalern aus der Lagunenstadt erneut begegnen zu können, in Salzburg nämlich in einer Sonderausstellung im Domquartier. Kleiner dimensioniert als seinerzeit der raumgreifende Überblick in der Alten Pinakothek, ist die Salzburger Schau dennoch geeignet, die in München gewonnenen Seheindrücke zu erweitern und großen Namen der venezianischen Malerei wie Tizian, Tintoretto, Veronese und Giorgione neuerdings zu begegnen.

    Dass die Schau mit dem Titel „Die Farben der Serenissima“ – das Wort bezeichnet von alters her die Stadtrepublik Venedig –überhaupt möglich wurde in Salzburg, ist dem Umstand zu verdanken, dass das Kunsthistorische Museum Wien etliche Dutzend Gemälde seines kostbaren Venedig-Bestands nach Salzburg entliehen hat - fast gänzlich hiervon zehrt die Ausstellung. Doch die Residenzgalerie im Domquartier kann für die Gäste aus Wien allemal eine Raumfolge präsentieren, die sinnstiftende Themengruppierungen ebenso ermöglicht wie aufschlussreiche Gegenüberstellungen.

    Venedigs Kunst-Sättigung auf überschaubarem Raum

    Ein groß aufgezogener historischer Plan der Lagunenstadt zeigt gleich eingangs eindrucksvoll, auf welch überschaubarem Raum sich da im 16. Jahrhundert und in der Folgezeit hochrangige Künstler an eine Neuerfindung der Malerei machten. Zudem, welch kunstgesättigtes Umfeld die Lagunenmetropole an sich bot – etliche der in der Ausstellung gezeigten Gemälde hingen einst in den zahllosen Kirchen Venedigs. Eine Stadt, die durch Handel reich geworden war und zu jener Zeit europaweit auch als ein Zentrum für Herstellung und Erwerb kostbarer Farben galt. Nicht ohne Grund zählt die leuchtende Palette der venezianischen Meister zu den auffallendsten Merkmalen ihrer Arbeit.

    Gut gezielt, Amor! Mars, Venus und der Liebesgott mit Pfeil und Bogen, um 1550 geschaffen von Tizian und seiner Werkstatt.
    Gut gezielt, Amor! Mars, Venus und der Liebesgott mit Pfeil und Bogen, um 1550 geschaffen von Tizian und seiner Werkstatt. Foto: © KHM-Museumsverband

    Auch wenn der Untertitel der Ausstellung den Bogen „von Tizian bis Canaletto“ spannt, liegt der Schwerpunkt nicht bei Letzterem und somit im venezianischen Rokoko, sondern zwei Jahrhunderte zuvor in der Spätrenaissance. In Venedig hatte das Gedankengut der wiederentdeckten Antike ebenso inspirierend um sich gegriffen, hatte die humanistische Großwetterlage zahlreiche Kunstwerke zu antik-mythologischen Themen in Auftrag gegeben. So wie zu jener Szene aus den „Metamorphosen“ des römischen Dichters Ovid, die Tizian in eine spektakuläre Bildkomposition übertrug: Die Götter Mars und Venus entflammen füreinander, während der mit Pfeil und Bogen vorbeifliegende Amor sich über seinen sicher gesetzten Schuss zu freuen scheint. Zwar muss die Frage, wie viel Tizian, wie viel Anteil seiner Werkstatt-Gehilfen in der malerischen Ausführung steckt, offen bleiben; doch egal, die im Sich-Dehnen, Sich-Verwinden der Götter-Körper zutage tretende Sinneslust ist atemberaubend eingefangen.

    Die gemalte und die reale Rüstung des siegreichen Admirals

    Als die Maler in Venedig in der zweiten Hälfte des Cinquecento ihre satten Farben mischten und in lockerem Gestus aufzutragen begannen, hatte die Stadtrepublik den Zenit ihrer Macht im östlichen Mittelmeer schon überschritten. In der Seeschlacht von Lepanto 1571 konnte man sich mit vereinten Kräften noch einmal gegen die Osmanen behaupten. Tintoretto erinnert daran mit dem Fensterblick in einer Ecke seines Porträts von Sebastiano Venier, dem siegreichen venezianischen Kommandeur. Der Maler stellt ihn bei abgenommenem Helm in voller Rüstung dar – Clou der Ausstellung in Salzburg ist, dass daneben die erhaltene originale Rüstung Veniers zum Vergleich einlädt.

    Die Kunst des Porträts war hoch entwickelt bei den venezianischen Malern, doch gerade bei den Bildnissen von Männern waren nicht alle Konterfeiten so üppig ausstaffiert wie Tintorettos Admiral. Männliche Bewohner von gehobenem Stand pflegten durchaus das Understatement, hüllten sich in schlichtes Schwarz, wenn auch die Wahl der Stoffe Distinguiertheit signalisierte. So wie bei Benedetto Varchi, einem eigentlich aus Florenz stammenden Humanisten, den Tizian als zurückhaltend elegante, aristokratische Erscheinung in Szene setzt.

    Giorgiones gelassener Krieger und sein dämonisches Gegenüber

    Aufwendiger ausgestattet mit farbenreichen Gewändern, kostbarem Schmuck und kunstvoll drapierter Haarpracht sind hingegen die (meist idealisierten) Bildnisse von Frauen. Das gilt sogar für die beiden Femmes fatales aus biblischer Überlieferung, Judith und Salome. Und doch ging es den Künstlern Veronese (Judith mit dem Haupt des Holofernes) beziehungsweise Palma dem Jüngeren (Salome mit dem Haupt des Johannes) nicht bloß um die Darstellung zweier Schönheiten, sondern um die sich in den Gesichtern spiegelnden inneren Vorgänge: Beide Frauen, vor sich jeweils einen abgeschlagenen Kopf, triumphieren keineswegs, ihre Blicke künden eher von emotionaler Verwirrung, vom Unerfassten des Geschehens. Nicht zuletzt erzielen Palma und Veronese die Dramatik des Moments dadurch, dass sie den Betrachter durch ungewöhnliche Ausschnitte nahe heranholen an das Bild. Giorgione hat das vorgemacht, es regelrecht auf die Spitze getrieben in seinem sensationellen, gelassenen dreinblickenden „Krieger“ und dessen aus dem Dunkel auftauchenden dämonischem Gegenüber.

    Die Ausstellung, die noch eine ganze Reihe weiterer Aspekte der venezianischen Malerei verhandelt, etwa das Vordringen der Licht- und Farbkunst in die religiöse Motivik, endet mit einer Reverenz an das Gastquartier Salzburg, indem sie sich mit einigen Gemälden dem Thema Musik widmet (darunter ein wunderbar lebendiger „Lautenspieler“ von Bernardo Strozzi). Das letzte Wort, als Schrift an der Wand, hat dann Mozart, der als 15-Jähriger auf seiner ersten Italienreise ausrief: „Venezia mi piace aßai“ – Venedig gefällt mir sehr. Nicht nur auf die Stadt in der Lagune, auch auf die Ausstellung bezogen kann man dem nur beipflichten.

    Die Farben der Serenissima – venezianische Meisterwerke von Tizian bis Canaletto. Bis 6. Januar 2025 in der Residenzgalerie im Domquartier Salzburg, täglich 10 bis 17 Uhr (September bis November dienstags geschlossen).

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