Serien-Kritik: Bei „Emily in Paris“ geht es jetzt um die Liebe
Die zweite Staffel der Netflix-Serie "Emily in Paris" bleibt ihrem Konzept treu. Es gibt da aber einen entscheidenden Haken. Lesen Sie hier die Kritik zur Serie.
Es muss nicht immer ein leidenschaftliches Bankräuber-Epos a la „Haus des Geldes“ oder ein brutales Überlebensdrama wie „Squid Game“ sein, um in die Top Ten der erfolgreichsten Netflix-Serien aufzusteigen. Manchmal genügt der klickwilligen Abonnentenschar eine gute Portion purer, harmloser Eskapismus. Während des letzten Jahres wurde „Emily in Paris“ weltweit in 58 Millionen Haushalten gestreamt. In der zehnteiligen Serie ging es um eine junge Amerikanerin, die von ihrem Mutterkonzern als Marketing-Fachkraft zu einer Agentur in der französische Metropole geschickt wird.
Mit staunenden Augen, rot gefärbten Lippen und perfekt gewelltem Haar stolziert diese Emily (Lily Collins) durch ein Postkarten-Paris und tritt privat, professionell und vor allem interkulturell in zahlreiche Fettnäpfchen. Die Culture-Clash-Komödie bediente sich munter auf dem Grabbeltisch der gegenseitigen Vorurteile. In Frankreich liefen die Twitter-Accounts mit Hassbotschaften heiß, in denen das zur Märchenidylle verkommene Bild der Stadt kritisiert wurde. Kein Müll, kein Clochard, nicht einmal die Metro sei zu sehen.
Und in der zweiten Staffel bleibt die Serie "Emily in Paris" ihrem Konzept treu
Der Rest der Welt amüsierte sich im ersten Jahr der Pandemie beim Hemden-Bügeln an den Klischees, dem touristischen Blick und der ständig wechselnden Kleidung, mit der Emily durch die Straßen des 5. Arrondissements stöckelte.
Auch in Staffel zwei bleibt Serienschöpfer Darren Star seinem offensiv oberflächlichen Konzept treu. Die Wogen des Kulturkampfes zwischen der amerikanischen Social-Media-Expertin und ihrer wunderbar biestigen Chefin Sylvie (Philippine Leroy-Beaulieu) beginnen sich zu glätten, während Emilys Liebesleben Fahrt aufnimmt und sie in das fremdländische Konzept einer Ménage-à-trois hineingezogen wird.
Darüber hinaus hat die Serienfortsetzung kaum tragfähige Handlungselemente oder überraschende Figurenentwicklungen zu bieten und schleppt sich in selbstgefälliger Wiederholung durch knapp fünf Streaming-Stunden. Da können auch ein Ausflug nach Saint Tropez, eine schrille Modenschau im pompösen Ballsaal und die herausragenden Gesangseinlagen von Ashley Park, deren Beste-Freundin-Figur Mindy mehr verdiente Aufmerksamkeit bekommt, nicht über die konzeptionellen Schwächen hinwegtäuschen. So leidet auch „Emily in Paris“ am klassischen Staffel-zwei-Syndrom einer Serie, deren übereilt zusammengeschusterte Fortsetzung sich auf dem eigenen Erfolg ausruht und kein Inspirationspotenzial entwickelt.
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