Die Taufe der "Lachenden Lucy"
Seit 140 Jahren gibt es die Streichers in Utting. Was der Schauspieler Hannes Jaenicke und die Penzingerin Silvia Sperber mit der bayerischen Blume des Jahres zu tun haben.
Von Sybille Reiter Utting 1875, vor 140 Jahren, gründete Joseph Streicher in der Uttinger Hofstattstraße 28 eine Gärtnerei und gliederte sie dem familieneigenen Bauernhof an. Mittlerweile führen Nachkomme Josef Streicher und seine Frau Gerlinde das Unternehmen in der fünften Generation. Alle hießen und heißen Joseph oder Josef und der nächste Josef wurde 2001 geboren: Luis Josef Streicher. Diese Woche wird großes Jubiläum gefeiert und die diesjährige Pflanze des Jahres, die Lachende Lucy, getauft. 1875 war eine Gärtnerei ausschließlich auf Versorgung ausgerichtet: Kohl, Kartoffeln, Sellerie und Karotten – größer war das Angebot damals nicht, erzählen Josef Streicher IV und V. Gewächshäuser waren noch nicht Standard, „man arbeitete aber bereits mit Glasabdeckungen“, weiß Josef Streicher V. Auch Schnittblumen zum Verkauf waren noch lange nicht üblich, man hatte nur die eigenen Blumen vom Garten. Im Lauf der Jahrzehnte – die Gärtnerei überstand die Jahre des Ersten und Zweiten Weltkriegs gut– erweiterten Joseph Streicher I. und sein Sohn Joseph II. durch Zukauf und Tausch von Grundstücken das Unternehmen kontinuierlich. Längst war zum Gemüse auch Obst von der Streuobstwiese dazugekommen. Die umliegenden Gemeinden wurden per Pferdewagen beliefert und per Bahnfracht ging die Ware sogar bis nach Garmisch. 1947 dehnte sich der Betrieb von der Hofstattstraße 28 bis zur Hausnummer 40 aus. Das Gebäude von damals gibt es noch, es ist verkauft. Auch unter der Führung von Josef Rasso Streicher III. (1913-1976) und seiner Frau Anna (1918-1999) wurde die Gärtnerei ausgebaut, 1950 erfolgte die größte Erweiterung in der Geschichte: der Neubau in der Holzhauser Straße 11/Ecke Laibnerstraße. Grundstücke in der Kellersgartenstraße und am Hechelwiesenweg kamen dazu, ebenso vier beheizte Gewächshäuser. Diese wurden zunächst mit Kohlen geheizt, später mit Öl. Mit dem wirtschaftlichen Aufschwung nach dem Zweiten Weltkrieg begann auch der Anbau von Pflanzen und Blumen für Garten, Balkon und Friedhof. Sträucher und Stauden gesellten sich hinzu. Auch der Muttertag war jetzt Thema. Das „A und O“ der Gärtnerei war die eigene Anzucht von Pflanzen bis zum Verkauf in bester Qualität, und, das ist es bis zum heutigen Tag. In den 1960er- und 1970er-Jahren waren Schnittblumen zunehmend gefragt, „zu der Zeit konnten sich das viele schon leisten“, so Josef Streicher V. Von 1977 bis 2001 führten Josef Johann Streicher IV (geb. 1941) und seine Frau Anneliese (geb. 1943) das Unternehmen. Sie erweiterten den Gemüse- und Blumenladen. Außerdem entstanden weitere Gewächshäuser für den Anbau von Feingemüse, Schnittsalat und Kräutern. Eine Zäsur war 1984 das Unwetter mit großem Hagelschaden. „Alles im Freiland war kaputt, und auch sehr viel Glas“, erinnert sich Josef Streicher IV. Seit 2002 halten Josef Streicher V und seine Frau Gerlinde (ebenfalls Meisterin) das Zepter in der Hand, die Eltern arbeiten aber beide noch fleißig mit. 2008 wurde das alte Wohnhaus abgerissen, ein Neubau entstand und im Zuge dessen wurden auch die Verkaufsfläche erweitert und der Blumenladen modernisiert. Dort findet man heute auch schöne Dinge für Haus und Garten. Variantenreicher ist heute auch die Farbenpracht: „Gab es früher Stiefmütterchen in zwei Farben, gibt’s heute über 20“, so Anneliese Streicher. 2014 folgte die jüngste Vergrößerung der Verkaufsfläche und der Parkplätze. Heute ist die Gärtnerei Streicher die einzige am Ammersee-Westufer, die Blumen und Gemüse zusammen anbietet. „Wir sind froh, dass wir beides haben“, sagt Gerlinde Streicher. Das meiste bauen die Streichers selber an, zweimal in der Woche kaufen sie ausgesuchtes frisches Obst und Gemüse in der Münchner Großmarkthalle zu. „Bei uns kann man auch einzelne Äpfel oder Zwiebeln kaufen, wir vermeiden Plastik, es gibt nichts Eingeschweißtes wie im Supermarkt. Das Angebot ist exakt auf unsere Kunden zugeschnitten, wir müssen so gut wie nichts wegwerfen“, sagen die Streichers. Am gestrigen Donnerstag wurde das Jubiläum groß gefeiert, als Ehrengäste waren Landrat Thomas Eichinger, Olympiasiegerin Silvia Sperber-Seiderer und Uttings Bürgermeister Josef Lutzenberger da. Ursprünglich sollte der in Utting lebende Schauspieler Hannes Jaenicke die bayerische Blume des Jahres taufen. Er musste aus beruflichen Gründen kurzfristig absagen. Die Streichers sind dankbar, dass Silvia Sperber kurzfristig eingesprungen ist und die „Lachende Lucy“ aus der Gattung der Korbblütler taufen wird. Am Dienstag kam Hannes Jaenicke überraschend in die Gärtnerei, um sich für seine Absage zu entschuldigen. Er nahm sich eine Stunde Zeit, um die Gärtnerei zu besichtigen. „Ich bin sehr beeindruckt“, so der Schauspieler. Termine 24. bis 26. April, Tage der offenen Gärtnerei mit Schwerpunkt Bienen- und Schmetterlingspflanzen: Freitag, 8 bis 18 Uhr, Samstag, 8 bis 17 Uhr, Sonntag, 13 bis 17 Uhr.
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