
Der Biber ist ein Streitfall in Issing

Plus Biber haben sich in Issing ausgebreitet. Es gibt Befürchtungen, die Tiere schaffen Fakten für ein umstrittenes Vorhaben. Wie die Situation im Landkreis ist.

Biber gelten als Ökoingenieure. Sie verändern ihre Umgebung so, dass auch andere Tiere wie Fische oder Reptilien davon profitieren. Doch nicht immer stößt die Arbeitsleistung der Biber auf Begeisterung, wie ein aktueller Fall in Issing zeigt. Dort besteht die Sorge, dass der Biber zugleich als Wegbereiter für ein anderes, im Ort umstrittenes Projekt des Landratsamts dient.
Der Biber ist in Vilgertshofen kein Unbekannter. Die Tiere leben unter anderem am Lech bei Mundraching. Nun haben sich die Nager aber auch im Tannerfilz – einem ehemaligen Moorgebiet nordöstlich von Issing – niedergelassen. Der Tannerfilz werde laut Bürgermeister Albert Thurner von mehreren Gräben entwässert. „Das ist ideales Terrain für den Biber: Ein schnell gebauter Damm setzt gleich große Flächen unter Wasser.“
Und der Biber hat noch ein weiteres Problem verursacht: Er hat einen Feldweg unterhöhlt, dessen Verkehrssicherheit dadurch gefährdet sei, beklagt Konrad Welz, einer der Grundstückseigentümer in dem Bereich. Und das sei ein großes Problem, sagt Vilgertshofens Altbürgermeister und Vorsitzender der Jagdgenossenschaft Issing. „Es ist der einzige Zuweg zum Waldgebiet, das sich hinter dem Moor in Richtung Dettenschwang befindet.“

Der Feldweg gehört zwar der Gemeinde, die muss aber dank einer Ausschlussklausel nicht für dessen Unterhalt aufkommen, so Konrad Welz. Das bestätigt der Bürgermeister und schränkt gleich ein: „Wir werden uns nicht dauerhaft kümmern. Da müssen die Eigentümer selber mit einer Traktorschaufel Kies anrücken und das Loch wieder verfüllen.“ Einmal hat dies die Gemeinde übernommen.
Dämme des Bibers dürfen in Issing beseitigt werden
Da der Biber zu den streng geschützten Tieren gehört, sind die Handlungsmöglichkeiten vor Ort eingeschränkt und nur in Absprache mit der Unteren Naturschutzbehörde des Landratsamts erlaubt. Deren Mitarbeiter Stephan Wenning sagt, dass eine Genehmigung zur Beseitigung der Dämme erteilt wurde. „Die Bauwerke sind so klein, dass man sie mit einer Harke oder dem Stiefel öffnen kann. Dann kann überschüssiges Wasser aus dem Filz herausgeleitet werden.“ Eine dauerhafte Lösung sei das nicht. Der Biber stelle den alten Zustand schnell wieder her. Deswegen sollten die Anlieger des Feldwegs nach dem Wasserstand im Hauptgraben schauen, rät Umweltplaner und Ingenieurökologe Wenning.
Eine Umsiedlung sieht der Fachmann skeptisch: „Aktuell kenne ich kein geeignetes freies Revier im Landkreis, wohin man ihn umsiedeln könnte. Im Tannerfilz lebt zudem nicht nur ein Biber, es sind etliche Exemplare, wie man an der imposanten Biberburg und den vielen Fraßstellen erkennen kann. Bei der Populationsdichte im Landkreis wäre das Revier auch sofort wieder besetzt.“ Wie viele Biber im Landkreis leben, dazu gibt es laut Wenning keine genauen Zahlen. Er schätzt, dass es mehrere Hundert sind.
Der Landkreis Landsberg siedelt Biber um
Als einziger Landkreis in Bayern siedle Landsberg regelmäßig Biber um. Manchmal innerhalb der Kreisgrenzen, teils ins Ausland. Dafür müssten aber die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt sein, informiert der Mitarbeiter des Landratsamts. Es müsse beispielsweise ein „massiver wirtschaftlicher Schaden“ vorliegen. Das neue Revier dürfe zudem noch nicht besetzt sein, sonst gebe es Revierkämpfe. Es dürfe auch kein Bereich mit intensiver Landwirtschaft sein, sonst seien Schäden vorprogrammiert. Und der Abstand zu Siedlungsgebieten müsse gewahrt sein.
Grundsätzlich erfolge die Vorgehensweise nach dem Kanon: Schützen, bei Problemen vergrämen und wenn das nicht helfe als letzte Option der Abschuss. „Im Schnitt gibt es im Landkreis im Jahr über 40 genehmigte Abschüsse“, so Wenning. Die Frage, wie mit den Nagern umzugehen sei, sorge vor Ort immer wieder für Streit, berichtet er. Er verstehe den Frust der Betroffenen bei dem „Reizthema“. Die Verantwortlichen setzten auf Aufklärung und Kommunikation. Hilfreich sei die Arbeit der vier ehrenamtlichen Biberberater im Landkreis.
Die Wiedervernässung von Mooren stößt auf Kritik
In Vilgertshofen würde das Thema nicht solche Wellen schlagen, gäbe es nicht zugleich ein strittiges Vorhaben des Landkreises, glaubt Konrad Welz: die angestrebte Wiedervernässung von Tannerfilz und Oberen Filzen. „Der Biber setzt die Grundstücke permanent unter Wasser, bis die Eigentümer entnervt aufgeben und die Flächen weit unter Wert verkaufen“, fürchtet er. Kritisch sieht Welz das Vorhaben auch deswegen, weil im früheren Moor Bäume gepflanzt wurden. „Bei einer Vernässung würde dieser Wald gerodet oder absterben.“ Dabei seien dort Baumarten gepflanzt worden, die mit dem Klimawandel vergleichsweise gut zurechtkämen und es gäbe dort auch kaum Schäden durch Stürme und Käfer.
„Wir fürchten zudem, dass es in Issing zu einer Mückenplage kommt, wenn das Moor wiedervernässt wird“, so Welz. Warum die Wiedervernässung angestrebt wird, erläutert Rainer Fuß, bei der Unteren Naturschutzbehörde zuständig für das Thema: „Die Moore in Mitteleuropa speichern mehr Kohlendioxid als jedes andere Ökosystem. Zudem entweicht auch aus trockengelegten Mooren immer noch Kohlendioxid aus dem Torf.“
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