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Foto: Julian Leitenstorfer (Archiv)
Foto: Julian Leitenstorfer (Archiv)

Die Bronzefigur Panther steht am Schwimmerbecken im Landsberger Inselbad.

Landsberg
08.06.2021

Erinnerungskultur: Heftige Kritik an Landsberger Oberbürgermeisterin

Von Thomas Wunder

Plus In der Sitzung des Kulturausschusses des Stadtrats geht es um die historische Bedeutung von Denkmälern, Skulpturen und Straßennamen. Ein offener Brief zum Thema sorgt für Wirbel.

Die Erinnerungskultur im öffentlichen Raum ist Thema in der Sitzung des Bildungs-, Sozial- und Kulturausschusses des Stadtrats am Mittwoch (9. Juni). Dabei geht es unter anderem auch um die Bronzefigur Panther im Inselbad, über deren künftigen Standort eine Diskussion entbrannt ist. Oberbürgermeisterin Doris Baumgartl (UBV) hat dazu Stellung bezogen und muss sich jetzt mit einem offenen Brief auseinandersetzen. Darin geht es um Vorwürfe rund um die NS-Zeit.

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Nicht nur im Landsberger Tagblatt, sondern auch im aktuellen Bürgerbrief hat die Oberbürgermeisterin deutlich gemacht, dass der Panther ebenso wie der Speerträger und die Bärengruppe im Inselbad bleiben. „Die Diskussion hatte ein Privatmann ausgelöst, der mit der Forderung an die Öffentlichkeit getreten war, man solle ihm die Plastik in welcher Rechtsform auch immer anvertrauen, damit er sich ihrer ,fachlich kompetent’ annehmen könne“, schreibt Baumgartl weiter.

Wolfgang Hauck kritisiert, dass es kein Gesprächsangebot gab

Der angesprochene „Privatmann“ ist der Landsberger Wolfgang Hauck. In einem offenen Brief an Doris Baumgartl schreibt er, dass er zu keinem Zeitpunkt den Standort des von Fritz Behn geschaffenen Panthers infrage gestellt habe, sondern lediglich intern den Stadtwerken und der Oberbürgermeisterin vorgeschlagen habe, die bisherigen Standorte historisch zu kontextualisieren und darüber hinaus die Bevölkerung an diesem Prozess zu beteiligen.

Und der Vorstoß von Hauck als Privatperson, den Panther als Eigentum zu begehren und aus dem Inselbad entfernen zu wollen? „Ich weiß nicht, wie Sie zu dieser Vorstellung kommen?“, schreibt Hauck. Er kritisiert, dass die Oberbürgermeisterin sein Gesprächsangebot nicht angenommen und sich stattdessen öffentlich geäußert habe.

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Foto: Thorsten Jordan (Archiv)
Foto: Thorsten Jordan (Archiv)

Wolfgang Hauck kritisiert die Landsberger Oberbürgermeisterin Doris Baumgartl (UBV).

Die emotionalen Bindungen der Bevölkerung zum Panther sind laut Hauck unwidersprochen. „Man darf aber die Frage stellen, ob man mit der Zweckentfremdung als Handtuchhalter und Klettergerüst einem einmaligen, unersetzbaren Kunstwerk von besonderem Wert in konservatorischer und kunsthistorischer Würdigung und Verpflichtung gerecht wird.“

Panther im Landsberger Inselbad: Wohin mit der Bronzeplastik?

Der Panther soll an seinem jetzigen Standort am Schwimmerbecken bleiben.
Der Panther soll am Mutterturm Platz finden.
Im Inselbad soll eine Replik aufgestellt werden.
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Das Ergebnis ist nicht repräsentativ.

Die Recherchen des damaligen Projektteams zum Projekt „Der Panther im Inselbad“ im Jahr 2016 hätten Daten, Fakten und Sachverhalte ergeben, die zudem mit dem einzigen Biografen Fritz Behns noch vertieft werden konnten. Diese Quellen lägen der Stadt nicht vor. „Wenn Sie davon ausgehen, dass man solche Quellen nicht benötigt, um eine adäquate Darstellung zur Geschichte des Panthers in Landsberg, Penzing und Köln zu erarbeiten, dann kommen mir Zweifel an einer qualifizierten und kompetenten Umsetzung“, so Hauck.

Hauck: Koloniale Kunst im öffentlichen Raum ohne Kontext

Auch die Sitzungsvorlage über die Erinnerungskultur im öffentlichen Raum kritisiert Hauck in seinem Brief: „Statt am konkreten Fall des Panthers zu zeigen, wie Sie kooperativ und konstruktiv damit umgehen, sprechen Sie ein Paket von Deutungsaufgaben an, ohne die Voraussetzungen zur Bearbeitung zu benennen.“ Der Panther in Inselbad sei ein Beispiel für fehlende Kontextualisierung kolonialer Kunst im öffentlichen Raum.

In der Vorlage für die Sitzung wird unter anderem als Ziel ausgegeben, Bedeutung und historischen Hintergrund von Denkmälern, Skulpturen und Kunstwerken im öffentlichen Raum sowie von Straßennamen zu vermitteln. Erläuternde Texte könnten dies nur in verkürzter Form. Ausstellungen, Publikationen, eine zusätzliche digitale Datenbank, ein interaktiver digitaler Stadtplan und eine Stadt-App, die das Stadtmuseum im Zuge der Neukonzeption entwickeln wird, könnten die Informationen ergänzen. Zudem soll eine Gedenkform im öffentlichen Raum für die Opfer des Nationalsozialismus in der Stadt entwickelt werden.

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Foto: Thorsten Jordan
Foto: Thorsten Jordan

Der Karl-Schrem-Bau stand auf dem Gelände der ehemaligen Pflugfabrik. Im dort entstehenden Stadtviertel „Urbanes Leben am Papierbach“ entsteht ein Nachbau,

Dass das größte Gebäude im neuen Stadtviertel „Urbanes Leben am Papierbach“ nach dem Nationalsozialisten Karl Schrem benannt wird, kritisiert Wolfgang Hauck in seinem offenen Brief ebenfalls. Er stellt die Frage, ob die Oberbürgermeisterin dies dulden kann. Im städtebaulichen Vertrag beziehungsweise in den Ausschreibungen zur Planung des Kulturgebäudes sei die Aufgabenstellung formuliert worden, die Erinnerung an die Industriekultur im Baugebiet zu verorten. Dazu gehört für Hauck auch die Kontextualisierung der Zwangsarbeit in der Pflugfabrik als Rüstungsbetrieb während des Zweiten Weltkriegs. Wie berichtet, war der alte Schrem-Bau war so marode, dass er abgerissen werden musste und nachgebaut wird.

Ein nach einem Nationalsozialisten benanntes Gebäude?

Für Wolfgang Hauck ist es „befremdlich“ und „verstörend“, wenn man dem Investor die Namensgebung unreflektiert und unkommentiert überlässt. „Im Jahr 2021 darf man einen aktiven Nationalsozialisten aufgrund heutiger Maßstäbe und Bewertungen nicht mehr durch eine Benennung würdigen und ihn als Namensgeber in einem neuen Baugebiet etablieren“, schreibt Wolfgang Hauck in seinem offenen Brief. Die Oberbürgermeisterin beanspruche zunehmend eine immer größere Zuständigkeit für die Erinnerungskultur. Andererseits werde das Defizit bei der Bewältigung der Aufgabe immer deutlicher, so Hauck.

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