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Landsberg: Suizid nach Kündigung: Toter ist der vermisste Sozialzentrum-Chef

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Suizid nach Kündigung: Toter ist der vermisste Sozialzentrum-Chef

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    Suchaktion an der Lechstaustufe 15: Am späten Nachmittag haben Taucher der Bereitschaftspolizei eine Leiche geborgen.
    Suchaktion an der Lechstaustufe 15: Am späten Nachmittag haben Taucher der Bereitschaftspolizei eine Leiche geborgen. Foto: Thorsten Jordan

    Die Suche nach dem ehemaligen Geschäftsführer des Sozialzentrums St. Martin hat am Donnerstag in Landsberg für viel Aufsehen gesorgt. Der Mann war am Morgen als vermisst gemeldet worden. Am Tag zuvor hatte der Aufsichtsrat der ökumenischen Einrichtung schwere Vorwürfe gegen den 52-Jährigen erhoben – unter anderem verbale „massive sexuelle Belästigung“ von Mitarbeiterinnen und „finanzielle Unregelmäßigkeiten“.

    Am Donnerstagmorgen wurde das Fahrrad des im Januar fristlos gekündigten Geschäftsführers an einer Lechstaustufe südlich von Landsberg gefunden, gegen 17 Uhr eine Leiche geborgen. Die Polizei wollte zunächst keine näheren Angaben zur Identität machen. Sie bestätigte lediglich, dass die Person männlich und 52 Jahre alt war. Nach Informationen unserer Redaktion soll es sich um den Vermissten handeln.

    Aufsichtsrat macht Vorwürfe öffentlich

    Der Anwalt des Geschäftsführers, Miguel Bertoll, bezog am Donnerstagabend Stellung zu den Vorfällen und Vorwürfen. Sein Mandant habe sich durch die Vorgehensweise des Aufsichtsrats an den Pranger gestellt gefühlt. „Wenn ich über jemanden derartige Behauptungen – egal, ob wahr oder unwahr – veröffentliche, dann bezwecke ich, dass derjenige keine andere adäquate Arbeitsstelle mehr findet, und möchte dessen Ruf nachhaltig beschädigen. Sollte jemand, dem man die Ehre nimmt, sich selbst das Leben nehmen, so ist das keine fernliegende Folge“, so Bertoll in seiner Stellungnahme.

    Bei einer Pressekonferenz am Mittwoch hatte der Aufsichtsrat detaillierte Vorwürfe öffentlich gemacht. Aufgrund der finanziellen Schieflage des Sozialzentrums habe sich der Aufsichtsrat Hilfe von der Caritas geholt, deren kooperatives Mitglied das Sozialzentrum ist. Während der Beratungen sei beim Aufsichtsrat der Eindruck entstanden, dass der 52-Jährige die Veränderungen nicht mittragen wollte.

     Miguel Bertoll nannte in einer Presseerklärung vom 3. Februar als mögliches Motiv für die fristlose Kündigung, dass sich sein Mandant mit den geänderten strategischen Geschäftszielen nicht einverstanden gezeigt habe. Über die Gründe für die fristlose Kündigung wurde Bertoll via Pressemitteilung unterrichtet. Am 3. Februar nannte der Aufsichtsrat „Verfehlungen im vermögensrechtlichen Bereich und in der Führung und Behandlung von Mitarbeitern“. Mehr nicht.

    "Betriebsklima der Angst und des Misstrauens"

    Zwei Tage später wurde der Aufsichtsrat deutlicher. Bei ihren Nachforschungen und in Gesprächen mit Mitarbeitern seien sie auf „ein Betriebsklima der Angst und des Misstrauens“ gestoßen, wie Aufsichtsratsvorsitzender Manfred Rapp sagte. Der Geschäftsführer habe Mitarbeiterinnen „verbal massiv sexuell belästigt“, eingesperrt und auf diese Weise eingeschüchtert. Der evangelische Pfarrer Detlev Möller, ebenfalls Mitglied des Aufsichtsrates, sprach bei der Pressekonferenz von einem „chauvinistischen System“. Dass im Safe des Geschäftsführers ein Exemplar von Hitlers „Mein Kampf“ gestanden habe, sei kein Zufall im Hinblick auf dessen „diktatorischen Führungsstil“.

    Mitte Januar meldete sich der Geschäftsführer krank. Er habe dies damit begründet, vom Aufsichtsrat gemobbt zu werden, wie bei der Pressekonferenz gesagt wurde. Der Anwalt des Geschäftsführers erklärte, dass sein Mandant seit Beginn des Konflikts versucht habe, auf eine gütliche Einigung hinzuwirken. Dass der Aufsichtsrat eine umfangreiche Anzeige bei der Staatsanwaltschaft Augsburg gestellt hat, darüber sei der 52-Jährige auch nicht in Kenntnis gesetzt worden.

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