Der Landsberger Stadtrat Christoph Jell bekommt seine beiden gekündigten Girokonten bei der VR-Bank Landsberg-Ammersee zurück. Dies ist das Ergebnis einer Güteverhandlung vor dem Gütegericht des Augsburger Landgerichts. Indem sie die Klage des 51-Jährigen anerkannte, verhinderte die Bank eine weitere Aufarbeitung der Hintergründe vor Gericht. Die Bank hatte zwei Girokonten des Stadtrats gekündigt, der gleichwohl nach wie vor Mitglied der Genossenschaft blieb. Letztendlich ungeklärt bleibt, inwieweit die Kündigung mit Jells Antrag zu tun hat, den er auf Anregung dreier Gastronomen bei der Stadtverwaltung eingereicht hatte. Danach entbrannte eine Diskussion darüber, ob in der Altstadt künftig der Aufbau großer Festzelte, wie bei der von der VR-Bank mitveranstalteten Oiden Wiesn, überhaupt noch erlaubt sein soll.
Mein Bäcker könnte mir Hausverbot erteilen, weil ich für eine andere Route beim Martinsumzug votiert habe. Und meine Friseurin könnte Gleiches tun, weil ich für eine Halteverbotszone vor ihrem Salon gestimmt habe. Mit solch einer Problematik hat seit über einem Jahr der Landsberger Stadtrat Christoph Jell zu kämpfen, der jetzt vor dem Landgericht in Augsburg einen Sieg errang. Jell hatte geklagt, seine beiden Girokonten bei der VR-Bank behalten zu dürfen. Diese waren ihm nach einer Abstimmung im Landsberger Stadtrat im Oktober 2023 gekündigt worden war. Stefan Jäger, der Rechtsvertreter der beklagten Bank, anerkannte nach einem Telefonat die Klageansprüche des Stadtrats. Ein zuvor vom Gütegericht ins Gespräch gebrachter Vergleich mit einer einvernehmlichen Aufhebung der Geschäftsverbindung und einer Ehren rettenden öffentlichen Erklärung durch das Geldhaus war somit vom Tisch.
Die VR-Bank Landsberg-Ammersee kündigt zwei Stadträten die Konten
Hintergrund des Streits: Nach der Diskussion über den von Christoph Jell eingereichten Antrag, legte der Stadtrat im Oktober 2023 fest, dass in der Innenstadt nur noch Zelte mit einer Fläche von maximal 20 Quadratmetern erlaubt sind. Das hätte das Aus für das Festzelt bei der Oiden Wiesn bedeutet. Kurz darauf hatte der 51-Jährige eine Kündigung der VR-Bank über seine Geschäftsbeziehungen, betreffend zwei Girokonten erhalten. Eine ähnliche Sanktion ereilte einen weiteren Landsberger Stadtrat, Claus Moritz. Wegen des Abstimmungsverhaltens? Wegen eines als Genossenschaftsmitglied mit den Interessen des Bankhauses unvereinbaren Verhaltens?
In einer danach verbreiteten Erklärung hatte der Bankvorstand klargestellt, dass der zeitliche Zusammenhang der Kündigung sehr unglücklich gewählt worden sei, es keine derartigen Zusammenhänge gebe. Die Gründe seien andere, hieß es in der Erklärung, darüber zu sprechen, verbiete jedoch das Bankgeheimnis. Durch eben diese Erklärung sah sich Christoph Jell nach Worten seiner Rechtsvertreterin Anne Becker in seinem Ruf geschädigt, könne doch der Eindruck entstehen, die Bank habe ihm gekündigt, weil er ein schlechter Kunde sei. Aus diesem Grund und um seine Unabhängigkeit als Mandatsträger gegenüber anderen Interessen gestärkt zu wissen, klagte der Stadtrat vor dem Gericht auf Weiterbetrieb seiner Konten.
In der Verhandlung des Gütegerichts versuchte es vorsitzender Richter Christian Hanft mit einem Vergleich und lotete entsprechende Angebote aus. Etwa jenes, die möglicherweise sowieso beschädigte Geschäftsbeziehung seitens des Klägers aufzugeben und im Gegenzug vonseiten der Bank eine Art öffentlicher Ehrenerklärung zu erhalten. Signalisierten Stadtrat Jell und seine Anwältin Becker dazu Bereitschaft, gab es vonseiten der Bank mit Rechtsvertreter Stefan Jäger kein Angebot. Jäger räume ein, seitens des Bankvorstandes zwar mit einer Vollmacht ausgestattet zu sein, aber keinen Verhandlungsspielraum zu haben.
Das Gütegericht ließ durchblicken, was es davon hielt, dass der Bankvorstand trotz der Anordnung des persönlichen Erscheinens („aus Termingründen“) fehlte und „keine Einigungsperspektive“ anbot. Und es ließ den Tenor eines möglichen Urteils zugunsten des Klägers durchblicken, obwohl die VR-Bank Landsberg-Ammersee laut höchstrichterlicher Rechtsprechung nicht verpflichtet sei, Kunden ein Konto anzubieten. Allen Erwägungen entzog Bank-Vertreter Jäger die Grundlage, indem er nach einem längeren Telefonat in einer Verhandlungspause erklärte: Die Bank anerkennt die Klage des 51-Jährigen. Sie stelle seine beiden Girokonten wieder her und erstatte ihm seine bisher in der Sache angefallenen Auslagen. Dadurch werde am schnellsten eine Befriedung der Angelegenheit erwartet. Ein entsprechendes Anerkenntnisurteil wurde protokolliert.
Übrigens: Auch heuer fand die von der VR-Bank Landsberg-Ammersee mitorganisierte Oide Wiesn in Landsberg statt. Mit Festzelt. Mitte April hatte der Stadtrat seine Begrenzung wieder aufgehoben und stattdessen beschlossen, pro Jahr drei Veranstaltungen mit Festzelten in der Altstadt zu erlauben.
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