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Das Heilige Grab in Erpfting ist nach 60 Jahren wieder für eine breite Öffentlichkeit zu sehen

Erpfting

Wiederauferstehung an Ostern: Das Heilige Grab in Erpfting

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    Das Heilige Grab in Erpfting wird heuer erstmals seit 60 Jahren wieder einer breiten Öffentlichkeit präsentiert. In der Mitte ist die Figur des Auferstandenen zu sehen, eine Leihgabe aus dem Diözesanmuseum in Augsburg.
    Das Heilige Grab in Erpfting wird heuer erstmals seit 60 Jahren wieder einer breiten Öffentlichkeit präsentiert. In der Mitte ist die Figur des Auferstandenen zu sehen, eine Leihgabe aus dem Diözesanmuseum in Augsburg. Foto: Christian Rudnik

    Am Karfreitag wird in vielen Kirchen symbolisch ein Heiliges Grab dargestellt, oft in Form einer Grabeshöhle, die an den Altar gebaut wird. Diese Tradition soll den Gläubigen helfen, die Bedeutung von Jesu Tod und Auferstehung besser zu verstehen und sich mit seinem Leiden zu verbinden. Mittlerweile auch wieder in Erpfting. Dort wurden vor wenigen Jahren die historischen Kulissen auf einem Dachboden wiederentdeckt. Nach einem Probelauf im vergangenen Jahr wird das Heilige Grab heuer einer breiten Öffentlichkeit präsentiert. Unter anderem mit einer wertvollen Leihgabe aus dem Diözesanmuseum in Augsburg.

    Die Tradition geht auf das Grab Jesu in Jerusalem zurück, das nach den Evangelien in einem unbenutzten Felsengrab lag und mit einem Stein verschlossen wurde. Schon früh entstanden in Europa Nachbildungen dieses Heiligen Grabes. Ihren Höhepunkt erreichten sie in der Barockzeit, als sie aufwendig inszenierte Kulissen darstellten. Die Heiligen Gräber wurden, mit farbigen Glaskugeln, kunstvoll beleuchtet, sodass sie in geheimnisvollem Glanz erstrahlten. Manche verfügten zudem über mechanische Elemente. So konnte mittels Seilwinden am Ostermorgen eine Figur des Auferstandenen hervorgehoben werden. Mit den liturgischen Reformen des Zweiten Vatikanischen Konzils (1962 bis 1965) verschwanden viele vollständig aus den Kirchen.

    Auf dem Dachboden des Erpftinger Pfarrstadels lagern die wertvollen Kulissen

    Über das Heilige Grab in Erpfting informiert die Kirchenstiftung St. Michael in einer Festschrift. Auch in Erpfting war das Heilige Grab wahrscheinlich in den frühen 1960er-Jahren das letzte Mal zu Ostern in der Pfarrkirche zu bestaunen. Die prächtigen Holzkulissen gerieten mit der Zeit in Vergessenheit und galten jahrzehntelang als verschollen. Erst Anfang der 2020er Jahre kam es zu einer überraschenden Entdeckung: Auf dem Dachboden des Pfarrstadels, verborgen zwischen alten, wurmstichigen Brettern, fanden engagierte Dorfbewohner die verschollenen Kulissen. Zur großen Überraschung waren die großflächigen Holzbilder in einem erstaunlich guten Zustand.

    Hubert Ludwig (links) und Norbert Leutner heben die Figur des Auferstandenen in die richtige Position.
    Hubert Ludwig (links) und Norbert Leutner heben die Figur des Auferstandenen in die richtige Position. Foto: Christian Rudnik

    Die Tafeln wurden von einer dicken Schicht Staub befreit und behutsam gereinigt. Während sich das Holz als überraschend stabil erwies, zeigte sich ein anderes Problem: Viele der einst farbenprächtigen Schusterkugeln, die das Grab schmückten, fehlten. Dennoch ließ sich das Ensemble weitgehend rekonstruieren. Ein erster Probeaufbau in einem Stadel wurde zu einem wahren Puzzlespiel. Wie gehörten die einzelnen Elemente zusammen? Welche Ebene musste zuerst stehen? Um Antworten zu finden, wurden alte Dorfbewohner befragt, die sich vage an den Aufbau aus ihrer Kindheit erinnern konnten.

    Nach mehr als sechs Jahrzehnten wurde das Heilige Grab zu Ostern 2024 wieder in der Pfarrkirche St. Michael aufgebaut. Viele Erpftinger zeigten großes Interesse an der Wiederbelebung dieser alten Tradition, erinnert sich Pfarrgemeinderatsvorsitzender Hubert Ludwig. Zahlreiche Spenden gingen ein, um fehlende Elemente zu ersetzen und die Restaurierung zu sichern. Heuer werden die ersten Teile des Heiligen Grabes nachweislich 200 Jahre alt. Aus diesem Anlass wird das Heilige Grab nicht nur an Karfreitag und Karsamstag aufgestellt sein, sondern bis einschließlich 27. April. Zudem stellt das Diözesanmuseum Augsburg die Figur des Auferstandenen bereit, die zwischen 1480 und 1490 erstellt wurde und schon immer Bestandteil des Heiligen Grabes war.

    Echtes Grün verstärkte früher die Illusion einer realen Grabstätte

    Das Heilige Grab in der Erpftinger Kirche ist ein aufwendig gestaltetes Kulissenensemble mit drei gestaffelten Ebenen. Die hintersten beiden Kulissen sowie die beiden wachenden Soldatenfiguren im Vordergrund stammen aus dem Jahr 1825 und können aufgrund der angebrachten Signatur dem Kirchenmaler Johann Pankraz Kober zugeschrieben werden. Die vorderste Ebene mit dem dritten Torbogen wurde vermutlich später ergänzt, was sich im deutlich abweichenden Malstil zeigt. Eine Jahreszahl auf der Rückseiten verweist auf das Jahr 1838. Die dritte Kulisse ist auffällig mit gemalten pflanzlichen Motiven verziert. Die Darstellungen wurden in früheren Zeiten durch echtes Grün ergänzt – meist mit Asparagus, der von oben herabhing und die Illusion einer realen Grabstätte verstärkte. Noch heute sind Spuren von herablaufendem Wasser auf der Bemalung erkennbar.

    Im Zentrum der Darstellung liegt der Leichnam Christi in einem gemalten steinernen Grab.
    Im Zentrum der Darstellung liegt der Leichnam Christi in einem gemalten steinernen Grab. Foto: Christian Rudnik

    Im Zentrum der Darstellung liegt der Leichnam Christi in einem gemalten steinernen Grab. Die perspektivische Tiefenwirkung der Kulissen verstärkt den Eindruck eines realen Raumes, in dem das Grab Christi als Stätte des Übergangs zwischen Tod und Auferstehung inszeniert wird. Eine besondere technische Raffinesse verbirgt sich in der hintersten Kulisse: Sie besitzt eine alte Mechanik, die es ermöglicht, während der liturgischen Feierlichkeiten unterschiedliche Szenen im Zentrum darzustellen. Zwei Holztafeln mit der Abbildung des leeren Grabes lassen sich auf hölzernen Rollen auseinanderziehen und geben so den Blick auf eine weitere Szene im Hintergrund mit dem liegenden Christus frei.

    Am Gründonnerstag begann eine hektische Zeit für viele Erpftinger

    Augenzeugen berichten, dass es an Gründonnerstag immer eine hektische und arbeitsreiche Zeit war. Mehrere Dorfbewohner, oft Männer, fanden sich zusammen, um die schweren Kulissen aufzustellen. Viel Zeit blieb nicht – nach dem Gottesdienst musste alles bereit sein. Die großen Holzwände wurden mühsam in Position gebracht und mit Metallhaken in die dafür vorgesehenen Ösen in den Chorwänden eingehängt. Diese Ösen waren fest in die Mauern eingelassen und dienten Jahrzehnte lang zur Befestigung, bevor sie in den 1960er-Jahren mit der Kirchenrenovierung entfernt wurden.

    Um das Heilige Grab in Erpfting aufzubauen werden viele helfende Hände benötigt. Das Foto zeigt (von links) Erich Gayer, Hubert Ludwig, Mathias Vöst, Rudolf Hansmann (hinten), Mesner Edmund Sepp und Lena Ludwig.
    Um das Heilige Grab in Erpfting aufzubauen werden viele helfende Hände benötigt. Das Foto zeigt (von links) Erich Gayer, Hubert Ludwig, Mathias Vöst, Rudolf Hansmann (hinten), Mesner Edmund Sepp und Lena Ludwig. Foto: Christian Rudnik

    Eine besondere und ehrenvolle Aufgabe fiel dabei den Ministranten zu: Sie durften die bunten Schusterkugeln, die das Grab schmückten, mit Wasser füllen. Dies geschah am Dorfbrunnen, wo die Buben mit größter Sorgfalt arbeiteten. Kaum war das Osterfest gekommen, stand bereits der Abbau an. Noch vor dem Hochamt am Ostersonntag musste alles wieder verschwinden.

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