Mit deutlich weniger PS und weniger Dezibel als tags zuvor in Untermühlhausen lief am Sonntag der Faschingsumzug in Geltendorf ab, beim Besucherzustrom schien der Unterschied nicht so groß zu sein, große Menschentrauben standen an der zweieinhalb Kilometer langen Zugstrecke. Mit 23 Wagen und Fußgruppen war der Geltendorfer Umzug eine lebendige Mischung aus Dorffasching und Party.

Zum ersten Mal seit acht Jahren gab es in Geltendorf überhaupt wieder einen Faschingsumzug. Aber den Fasching hat man nicht verlernt, der inzwischen 85-jährige Andreas Höpfl fuhr mit einem Schlüter-Oldtimer vorneweg, um die Besucher zu begrüßen. Ihm folgten zunächst fast ausschließlich Gruppen aus Geltendorf, bevor noch ein paar Partywagen mit Burschenvereinen aus der Umgebung folgten, die nach dem Faschingssamstag in Untermühlhausen schon wieder einsatzfähig waren.
Wie man in Geltendorf Geld für den „Lechkiesel“ auftreiben will
Die Mischung macht‘s also in Geltendorf: Vorneweg feuerte die Geltendorfer Blasmusik (die ersten und wohl einzigen Schneemänner dieses Winters) die Narren an, die sich nicht lange bitten ließen: Gleich dahinter nahmen in schwarzen Kostümen Mitglieder des Schützenvereins die berühmt gewordene „Fledermausüberquerungshilfe“ zwischen Geltendorf und Eresing aufs Korn - verbunden aber auch mit einem konstruktiven Vorschlag: Mit der Erhebung einer „Fledermaut“ könnte ein wesentlicher finanzieller Beitrag für den „Lechkiesel“ beziehungsweise Landratsamtsneubau geleistet werden.

Danach kamen der hübsch ausstaffierte Shalom-Chor und der Frauenbund mit in der Sonne glitzenden hellblauen Quallen-Kostümen, die „ZUMBienen“ vom TTC Geltendorf tanzten keck auf der Straße. Der Gesangsverein empfahl weniger Cannabis als vielmehr Singen zur Entspannung, der Trachtenverein thematisierte die immer höheren Kinderzahlen in Geltendorf, bevor der Theaterverein mit einem Modell vorführte, wie Geltendorf mit einem Windrad bald ein Bauwerk haben wird, das höhenmäßig dem Fernsehturm in München kaum nachsteht und die Türme der Frauenkirche locker übertreffen wird.
Dass es in Geltendorf aber auch im Tiefbau (Radwege) schwungvoll vorangeht, gefällt auch nicht allen: „Wenn der Bürgermeister vom (Hayway) spricht, sieht er den Wald vor lauter Bäumen nicht“, hieß es auf einem mit Fichten dekorierten Wagen, auf dem ein Rennrad fahrendes Double des Bürgermeisters zu sehen war. Denn lieber als asphaltierte Radwege wäre dieser Gruppe des TSV eine neue Halle zum Sporteln. Noch ein bissl grober artikulierte der Bayern-Fanclub seine Kritik an der Gemeinde: in Form von mannsgroßen „Geltendorf Kann Nix“-Flaschen mit „nur 3 % Motivation“ und einem riesigen Biertragl mit der Aufschrift „Bürgernähe?... welch ein Graus! Die Tür bleibt zu und das Telefon aus...“
Mit Zwangskräften soll alles wieder besser werden
Die Erkenntnis „Früher war alles besser“ folgte auf dem Fuß: Eine Gruppe in antiken Sklavengewändern schlug vor, Fachkräfte und Vier-Tage-Woche mit 24/7 arbeitenden „Zwangskräften“ zu ersetzen: vielleicht auch bei der Post in Geltendorf, bei der die Öffnungszeiten offenbar mit einem Glücksrad geregelt werden?

Zum Schluss kam dann noch Untermühlhausen-Stimmung auf, als der „Jurassic Park“ aus Schwabhausen, die „Hauser Griechen“, das muntere (so weit das mit Krücken, Gehstöcken, Gehwagerl und Rollstuhl möglich ist) Pflegeheim des Jesenwanger Burschenvereins und die Koproduktion aus Bobbycar-Rennen und Weinfest aus Schöffelding und Unterfinning den Zug abschlossen.
Damit war es aber noch lange nicht vorbei. Die wärmende Sonne lud dazu ein, sich noch länger von dem bunten Treiben mitreißen zu lassen und an einem der zahlreichen Getränke- und Essensstände einzukehren, die sich an der Zugstrecke aufreihten.

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