Startseite
Icon Pfeil nach unten
Landsberg
Icon Pfeil nach unten

Gerichtsbeschluss gegen Reichlinger Bürgermeister: Hintersberger darf Aktivisten nicht "Terroristen" nennen

Reichling

Reichlinger Bürgermeister Hintersberger darf Aktivisten laut Gericht nicht "Terroristen" nennen

    • |
    • |
    • |
    Gegen Gasbohrungen in Reichling demonstrierten im Mai mehrere hunderte Menschen. Bürgermeister Hintersberger machte im Gemeindeblatt seine Ablehnung deutlich – das hat Konsequenzen.
    Gegen Gasbohrungen in Reichling demonstrierten im Mai mehrere hunderte Menschen. Bürgermeister Hintersberger machte im Gemeindeblatt seine Ablehnung deutlich – das hat Konsequenzen. Foto: Christian Rudnik

    Im Streit rund um die geplanten Gasbohrungen in Reichling landete kürzlich ein Vorfall vor Gericht. Mehrere Hundert Menschen machten im Mai von ihrem Versammlungsrecht Gebrauch und demonstrierten mit einem langen Personenzug gegen die Gasbohrungen. Im Vorfeld bezeichnete Bürgermeister Johannes Hintersberger die Teilnehmenden im Gemeindeblatt als „Terroristen“. Die Organisationen würden hier „gewaltbereit ihre Ideologien durchsetzen“, und zwar „gegen den Willen der Bevölkerung“, erklärte sich Hintersberger damals. Daraufhin eingeleitete juristische Schritte vonseiten der Veranstalter hatten nun Erfolg: Hintersberger darf die Teilnehmenden der Demonstration laut dem Bayerischen Verwaltungsgericht München nicht als „Terroristen“ bezeichnen. Sollte sich der Vorfall wiederholen, drohen dem Bürgermeister Konsequenzen.

    Es droht ein Ordnungsgeld von 10.000 Euro gegen den Bürgermeister

    Am 6. Juni fiel der Beschluss des Verwaltungsgerichts. Die zuvor getroffene Äußerung und ihre Verbreitung sei zu unterlassen. Die schriftliche Äußerung muss somit aus dem öffentlich einsehbaren Gemeindeblatt entfernt werden. Bei Zuwiderhandlung droht Hintersberger ein Ordnungsgeld in Höhe von 10.000 Euro. Als Bürgermeister habe Hintersberger laut Gericht zwar die Befugnis, sich zu örtlichen Angelegenheiten zu äußern, jedoch verstoße er mit seiner Äußerung gegen das Sachlichkeitsgebot. Mit Blick auf das neue Gemeindeblatt vom Juni bestehe zudem eine Wiederholungsgefahr des Vorfalles. Darin weist Hintersberger die Vorwürfe einer mutwilligen Zerstörung eines Protestzeichens zurück und kritisiert die mediale Berichterstattung über die Gasbohrungen.

    Gegen Hintersbergers Aussage geklagt hatte der Anmelder der Demonstration, Andreas Kohout. Greenpeace Bayern hatte ihm einen Anwalt zur Seite gestellt, der den Eilantrag an das Verwaltungsgericht gestellt hat. Im Gerichtsbeschluss wird die Äußerung des Bürgermeisters als „Eingriff in die Persönlichkeitsrechte“ des Klägers bezeichnet. Außerdem ist die Rede von einem „ehrverletzenden Charakter“ in der Äußerung. Es sei nicht ersichtlich, dass der Begriff „Terroristen“ ironisch verwendet worden sei.

    Gegen Gasbohrungen Demo gegen Gasbohrungen in Reichling / starke Verkehrseinschränkungen vor Ort / ab Reichling Mitte bis zur Gasbohrstelle Richtung Rott
    Icon Galerie
    72 Bilder
    Mehrere hundert Gegner der geplanten Bohrungen ziehen durch Reichling in Richtung Rott zum Bohrplatz. Die Bilder der Demo.

    Stefan Krug, Leiter des Greenpeace-Landesbüros Bayern, begrüßte die Entscheidung des Gerichts: „Der Beschluss bestätigt, dass der Bürgermeister von Reichling seine Amtspflicht verletzt und friedliche Demonstranten mutwillig als Terroristen diffamiert hat. Seit Beginn der Proteste gegen die Gasbohrung vor einem Jahr versucht er, die Gegner der Bohrung in ein schlechtes Licht zu rücken, anstatt die Bedenken vieler Bürgerinnen und Bürger seiner Gemeinde ernst zu nehmen.“

    Die Gemeinde muss die Kosten des Verfahrens tragen

    In Reichling sind seit dem Bekanntwerden der Pläne für die Gasbohrungen die Fronten verhärtet. Mehrere hundert Millionen Kubikmeter an Erdgas werden unter Reichling vermutet. Während die örtliche Bürgerinitiative Reichling-Ludenhausen sowie diverse Umweltschutzvereine die Bohrungen klar ablehnen und immer wieder demonstrieren, sehen andere Menschen Vorteile in den Bohrungen. Hubert Aiwanger (Freie Wähler) etwa, bayerischer Wirtschaftsminister, bewertete es positiv, Erdgas in Deutschland zu gewinnen, anstatt es zu importieren. Der Reichlinger Bürgermeister teilt die Einschätzung des Ministers, wie er im November 2024 im Gemeindeblatt erklärte. Verhindert werden können die Bohrungen wohl nicht mehr. Einen konkreten Starttermin gibt es bisher nicht.

    Gegen den Beschluss ist Beschwerde möglich. Er gilt längstens bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache. Da die Äußerungen „in einem funktionalen Zusammenhang mit den hoheitlichen Aufgaben des Bürgermeisters stehen“, ist die Beklagte die Gemeinde Reichling. Sie trägt als unterlegene Antragsgegnerin auch die Kosten des Verfahrens. Bürgermeister Hintersberger äußerte sich auf Nachfrage unserer Redaktion nicht zu dem Beschluss.

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare

    Um kommentieren zu können, müssen Sie angemeldet sein.

    Registrieren sie sich

    Sie haben ein Konto? Hier anmelden