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Ist Integration gelungen: Ehrenamtliche aus dem Landkreis Landsberg berichten

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Landkreis Landsberg: Ist die Integration gelungen?

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    „Ist Integration gelungen“ lautete die Frage einer Veranstaltung in Landsberg.
    „Ist Integration gelungen“ lautete die Frage einer Veranstaltung in Landsberg. Foto: Bernd Wüstneck (Symbolbild)

    Masuoma Alawee, in Afghanistan geboren, aufgewachsen im Iran, kam 2014 nach Landsberg, das Abitur in der Tasche und im Kopf den Traum vom Informatikstudium. Ganz so schnell wie sie es sich erhofft hatte, ging es dann doch nicht, das Sprachniveau im Studium war zu hoch. So brach sie es 2017 ab und arbeitete zuerst einmal. Das war gut für den Spracherwerb und den Austausch mit Menschen gleichermaßen. Schon vorher hatte sie einige entscheidende Schritte getan. „Man muss sich trauen, in die Gesellschaft hineinzugehen und von sich zu erzählen“, berichtete die junge Mutter im Mehrgenerationenhaus der Arbeiterwohlfahrt in Landsberg. Bei der Veranstaltung im Rahmen der „Internationalen Wochen gegen Rassismus“ ging es um die Frage „Ist Integration gelungen?“

    Alawee legte ihr Kopftuch ab, auch wenn ihr das in der muslimischen Gesellschaft Nachteile brachte, fand Anschluss im Frauencafé der Arbeiterwohlfahrt, absolvierte als eine der ersten Frauen die Integrationsklasse der Berufschule. Inzwischen ist sie ausgebildete Bankkauffrau mit Vollzeitanstellung und absolviert ihr Studium online. „Alles ist machbar, aber man muss sich trauen, weiterkämpfen und nie aufgeben“, so ihr Rat. Sie habe auf ihrem Weg viel mehr Positives als Negatives erlebt, „aber es kommt auch immer darauf an, wie man sich selber verhält“, so Alawee. Christa Jordan, die durch die Veranstaltung führte, bezeichnete sie als gelungenes Beispiel für Integration und zählte noch weitere Frauen auf, die sie vom Frauencafé kennt, und die inzwischen Sozialpädagogin, Zahnarzthelferin oder Pflegerin sind.

    Vor über zehn Jahren begann der Flüchtlingsstrom

    Über gelungene Lebensläufe konnten auch viele Ehrenamtliche aus Helferkreisen in der Region berichten. Sie blickten zudem, zusammen mit Stefanie von Valta, Integrationslotsin, zurück auf die Anfänge, als 2014 mit dem Flüchtlingsstrom auch Geflüchtete in den Landkreis Landsberg kamen. 433 waren es in 2014. Mitte 2015 waren 750 Asylbewerber in der Lechturnhalle untergebracht. Im April 2016 lebten 1630 Asylbewerber in 115 Unterkünften, bis zu 1000 Ehrenamtliche waren im Einsatz. Die Geflüchteten kamen aus über 30 Ländern, hauptsächlich aber aus Afghanistan, Syrien und Eritrea. Unter ihnen hätten sich auch viele Wirtschaftsflüchtlinge befunden, die wieder abgeschoben werden, für die jedoch vorher viel Geld verwendet werde. Es sei gut, dass sich diesbezüglich nun etwas ändere, so Valta, die zur Verdeutlichung hinzufügte: „Was tun wir, wenn Klimaflüchtlinge kommen?“ Ihr Fazit: „Wenn Integration gelingt, dann sind meistens Ehrenamtliche der Grund.“

    Das Foto zeigt (von links) Stefanie von Valta, Antoinette Steinmann, Christa Jordan, Fritz Scherer, Masuoma Alawee, Margit Däubler, Hilde Bauer-Welz und Regine Schuster.
    Das Foto zeigt (von links) Stefanie von Valta, Antoinette Steinmann, Christa Jordan, Fritz Scherer, Masuoma Alawee, Margit Däubler, Hilde Bauer-Welz und Regine Schuster. Foto: Dagmar Kübler

    Eben diese waren es, die die nicht vorhandenen staatlichen Strukturen zu Beginn des Flüchtlingsstroms ersetzten. Sie vernetzten sich, lernten voneinander, beschafften Fahrräder, gaben Deutschunterricht und halfen beim Ausfüllen von Formularen. Regine Schuster ist eine von ihnen. Sie baute den Helferkreis in Geltendorf mit auf, suchte erste Jobs für die Geflüchteten, später Wohnraum. Antoinette Steinmann ist ehrenamtlich in Penzing tätig. Dort wurden zu Beginn 45 Eritreer betreut. „Alle bis auf einen haben Arbeit gefunden“, berichtete sie und stellte auch ein besonderes Beispiel gelungener Integration vor. So fand ein Asylbewerber bei einer Pflegefamilie ein neues Zuhause und viel Förderung. „Nach der Ausbildung zum Mechatroniker absolvierte er die Technikerschule und hat heute einen Job bei der Bundeswehrhochschule in München. Und er will immer noch ein bisschen mehr“, so Steinmann.

    Fritz Scherer war als Ehrenamtlicher besonders für die technische Ausrüstung im Einsatz. Laptops und Apps zum Sprechen lernen richtete er im Internetcafé der Arbeiterwohlfahrt ein, half bei Bewerbungsschreiben, Steuererklärungen, dem Beantragen von Visa oder der Anerkennung von im Heimatland erworbenen Abschlüssen. Hilde Bauer-Welz unterstützte ehrenamtlich Eritreer in den Containern in der Münchner Straße in Landsberg. Viele von ihnen seien in Arbeit, aber nur wenige konnten zu Ausbildungen motiviert werden, berichtete sie.

    Eine Integrationslotsin gibt es seit neun Jahren im Landkreis Landsberg

    Stefanie von Valtas Stelle wurde im April 2016 geschaffen. Als Integrationslotsin wird sie teils vom Innenministerium, teils vom Landratsamt finanziert. Sie sieht sich als Bindeglied zwischen den 34 Helferkreisen, die sie betreut, und der Ausländerstelle am Landratsamt. So konnte sie erreichen, dass jeder Helferkreis eine Pauschale von 300 Euro jährlich beantragen kann für Kilometergeld und Sachkosten. Durch den Ukrainekrieg kamen ab 2022 vor allem Menschen aus dem kriegsgebeutelten Land. Viele Gastfamilien meldeten Wohnraum, über 800 Personen konnten privat untergebracht werden, das Ukraineforum und Faces of Ukraine und neue Helferkreise bildeten sich. „Es gab eine Welle der Hilfsbereitschaft“, so Valta.

    Heute leben 3031 Menschen in den Flüchtlingsunterkünften, 1790 davon stammen aus der Ukraine. „Über 600 sind Fehlbeleger. Sie könnten ausziehen, finden aber keine Wohnung“, sagte Valta. Besonders hob sie die Ausbildung von mittlerweile 72 Integrationsbegleitern seit 2018 hervor. Sie stammen aus 31 Nationen, decken 47 Sprachen ab und fungieren als Brückenbauer. Beklagt wurden von Ehrenamtlichen nach wie vor Probleme mit staatlichen Stellen, dass man sich wie ein Bittsteller fühle oder schlicht niemand erreiche. Und von der Bevölkerung bräuchte es mehr Bereitschaft, Freundschaften einzugehen, so Valtas Wunsch.

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