
SOS-Kinderdörfer: Aufklärungsarbeit beginnt viel zu spät

Plus Zu lange haben die Verantwortlichen der SOS-Kinderdörfer gewartet, um Missbrauchs- und Gewaltvorwürfen in den eigenen Reihen nachzugehen. Das wirft kein gutes Licht auf die Einrichtung.
Missbrauchs- und Gewaltvorwürfe im SOS-Kinderdorf in Dießen. Die Nachricht sorgte im vergangenen Jahr in der Region für Entsetzen. Nicht nur die Staatsanwaltschaft in Augsburg beschäftigt sich seit Bekanntwerden von zwei Fällen mit dem Thema. Endlich nimmt sich auch eine unabhängige Kommission der Vorwürfe an und will auch und vor allem mit betroffenen (in der Regel ehemaligen) SOS-Kinderdorf-Bewohnerinnen und -Bewohnern reden. Das ist richtig und wichtig und es ist allerhöchste Zeit.
Denn es wurde mutmaßlich Kindern und Jugendlichen Gewalt angetan, in einer Lebenssituation, die Sicherheit und Geborgenheit bieten soll, die es in der häuslichen Umgebung der Betroffenen nicht gab. Und das von Personen, denen sie eigentlich ihr ganzes Vertrauen schenken und die für Halt im Leben sorgen sollen.
SOS-Kinderdorf in Dießen: Statt Sicherheit ein Ort der Angst
SOS-Kinderdörfer wurden geschaffen, um junge Menschen - vom Kleinkind bis zum Jugendlichen - aus schwierigen, nicht selten auch gewaltbehafteten Familienverhältnissen herauszuholen und ihnen ein besseres Leben zu ermöglichen. Und genau dort wird wieder Gewalt angewendet, wird erneut für Angst und Schrecken gesorgt.
Auch wenn die Organisation SOS-Kinderdorf die Anschuldigungen im vergangenen Jahr selbst in die Öffentlichkeit getragen hat, muss man sich dort die Frage gefallen lassen: warum erst jetzt? Denn schon vor vielen Jahren hat es eine interne Befragung zum Thema Missbrauch und Gewalt in früheren Zeiten gegeben. Gerade einer Einrichtung wie SOS-Kinderdorf, die sich rühmt, Kindern eine positive Zukunft ermöglichen zu wollen, steht das lange Zögern nicht gut zu Gesicht. Es ist höchste Zeit, aufzuklären, aufzuarbeiten und künftig genauer hinzuschauen.
Sie haben nicht die Berechtigung zu kommentieren. Bitte beachten Sie, dass Sie als Einzelperson angemeldet sein müssen, um kommentieren zu können. Bei Fragen wenden Sie sich bitte an moderator@augsburger-allgemeine.de.
Um kommentieren zu können, gehen Sie bitte auf "Mein Konto" und ergänzen Sie in Ihren persönlichen Daten Vor- und Nachname.
Bitte melden Sie sich an, um mit zu diskutieren.