Am 24. Oktober 1934 fand im Landsberger Gasthof „Zur Glocke“ die Gründungsversammlung der „Künstlergilde Landsberg am Lech und Ammersee“ statt. Vorangegangen war bereits ein Jahr vorher die Idee von fünf Landsberger Künstlern, die sich nach einer erfolgreichen Ausstellung einen Zusammenschluss von Künstlern vorstellen konnten. Die „Glocke“ gibt es nicht mehr – die Künstlergilde jedoch überlebte alle Wirren und Wirrungen, besteht somit seit 90 Jahren und ist „Jubilarin“. Das wird gebührend gefeiert: Am Freitag, 6. Dezember, um 19 Uhr beginnt im mit Kunst von Gilde-Mitgliedern passend geschmückten Foyer des Landsberger Stadttheaters ein Festakt mit Vernissage einer Ausstellung.
Nach der Begrüßung der Gäste durch die aktuelle Gilde-Meisterin Dr. Silvia Dobler und der von Oberbürgermeisterin Doris Baumgartl vorgetragenen Laudatio wird der weithin bekannte Perkussionist Christian Benning musikalische Leckerbissen servieren. Dazwischen lässt Gilde-Mitglied Isabelle Rehm ihre modischen Kreationen von ausgewählten Models präsentieren. Die Ausstellung kann anschließend bis einschließlich Samstag, 25. Januar, während der Öffnungszeiten des Landsberger Stadttheaters besucht werden.
Die Gilde wird 90. Alte Dame, wie es diese Zahl vorgaukeln möchte, ist die Künstlervereinigung jedoch keineswegs. Beim Blick in die aktuelle Mitgliederliste beziehungsweise in den Katalog, der am Jubiläumsabend druckfrisch ausliegt, ist deutlich abzulesen, wohin die Reise geht, wie fast unmerklich sich dieser Zusammenschluss immer wieder verjüngt und runderneuert. Eindeutig steht auch der Künstler, steht die Künstlerin im Vordergrund. Das war in der Anfangszeit nicht ganz so. So ist dem Kunsthistoriker Hans-Jürgen Tzschaschel bei der Durchsicht von Informationen über die Gilde aufgefallen, dass im Gründungsprotokoll „eigentlich nur von den Reden der Offiziellen zu lesen ist, während die anwesenden Künstler anscheinend eine untergeordnete Rolle spielten“. Der Grund des Zusammenschlusses sei für diese jedoch eher darin zu suchen, mutmaßt Tzschaschel, dass sie einen höheren Bekanntheitsgrad erreichen wollten.
Die ersten Ausstellungen der Künstlergilde waren ein Flop
Der damaligen Zeit entsprechend, mussten alle aktiven Gilde-Mitglieder auch Mitglieder in der Reichskulturkammer sein. Nur so war es ihnen möglich, auszustellen. Erster Gilde-Meister war Eduard Thöny aus Utting, der sich mit politischen Karikaturen für den Simplicissimus einen Namen gemacht hatte. Die erste Ausstellung der neuen Vereinigung war trotz gezeigter Werke von Künstlergrößen wie Anna Gasteiger, Walter Georgi oder Heinz und Walter Rose ein Flop mit kaum Besuchern und keinen nennenswerten Einnahmen. Die Ausstellungen gingen bis zu den Kriegsjahren 1943/44 weiter, als Anreiz wurden Preise ausgelobt.
Nach Ende des Zweiten Weltkriegs ordnete sich die Gilde neu. Unter Vorsitz von Walter Rose wurde eine neue Satzung entwickelt, ausschließlich zum Zweck, Ausstellungen auszurichten und Veranstaltungen wie erste Jubiläen zu pflegen. Es gab allerdings auch immer wieder Verwerfungen, ausgelöst durch zu wenig Anerkennung oder Verständnis. Selbst die Künstler untereinander waren sich nicht immer einig. Der Bekanntheitsgrad der Gilde schwand. Dem sollten Aktionen wie ein Kunstkalender, dessen Erlös der „Kartei der Not“ gespendet wurde, entgegenwirken. Die ganze Historie der Künstlergilde kann in den im Internet öffentlich zugänglichen Landsberger Geschichtsblättern nachgelesen werden.
Trotz aller Schwierigkeiten hielt sich die Künstlergilde Landsberg-Lech-Ammersee und steht heute, als 90-Jährige, kraftvoll mitten im Leben. Aktuelle Gilde-Meisterin ist Dr. Silvia Dobler, die das Amt im Juni 2023 als Nachfolgerin des überraschend verstorbenen Axel Flörke übernommen hatte. Sie sei damals von vielen gefragt worden und habe einige Zeit überlegt, weil diese Aufgabe schon auch zeitintensiv sei, so die 47-Jährige. Silvia Carola Dobler ist Kulturbeauftragte für die Gemeinde Schondorf und leitet das dortige Studio Rose. Weiter unterrichtet sie Archäologie an der Montessorischule in Innig und kuratiert den Phoenix Kunstpreis für talentierte Nachwuchskünstler im gesamten deutschsprachigen Raum.
Die neue Gilde-Meisterin will neue Künstler anlocken
„Es soll den Mitgliedern gut gehen“, sagt Dobler, die Kunstgeschichte sowie christliche und klassische Archäologie studiert und über scheinarchitektonische Dekorationssysteme in Italien und Deutschland promoviert hat. Die Gilde mit derzeit 56 aktiven Kunstschaffenden solle als attraktiv gesehen werden, solle neue Künstler anlocken. „Und es sollen alle gesehen werden“, so Dobler, „Mitglieder, die von der Kunst leben und solche, für die Kunst ein sehenswerter Ausgleich ist.“ So ein Verein lebe schließlich von der Vielfalt in Materialien, Techniken, Stilen. Sie selbst begeistere die Kreativität von Künstlerinnen und Künstlern. Das Amt als Gilde-Meisterin sei keine Last für sie, „es ist längst Berufung“.
Silvia Dobler sprüht vor Ideen, wie es in der Gilde weiter gehen kann. So möchte sie, die mittlerweile etliche Künstlerinnen und Künstler von außerhalb des Landkreises Landsberg von einer Mitgliedschaft überzeugt hat, auch mit Ausstellungen aus dem Landkreis herausgehen. Die Fühler seien bereits Richtung Starnberg ausgestreckt. Und sie, die mehr als zehn Jahre lang in Rom gelebt hat, möchte den Dunstkreis der Gilde noch weiter ausdehnen.
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