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Drückjagd in der Aufzuchtzeit beim Wildschweinen: Ist das erlaubt in Landsberg?

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Drückjagd und Feuerwehr-Übung: Was ist bei Friedheim passiert?

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    Eine Drückjagd fand bei Landsberg statt und sorgt für Aufregung.
    Eine Drückjagd fand bei Landsberg statt und sorgt für Aufregung. Foto: Patrick Pleul/dpa (Symbolbild)

    Am 10. April, also mitten in der sensiblen Brut- und Aufzuchtzeit, hat das Forstamt der Stadt Landsberg in der Nähe eines Weihers bei Friedheim wohl eine Drückjagd veranstaltet - und das offenbar nicht zum ersten Mal. Der Verein Wildes Bayern hat dies erfahren und sofort Anzeige erstattet, denn hier könnten Vergehen gegen das Jagd- wie auch das Tierschutzgesetz vorliegen.

    Der Verein Wildes Bayern hat die Anzeige gegen das Forstamt erstattet, nachdem er Informationen und Fotos von einer Drückjagd erhalten hat, die das Amt gerade nahe einem Weiher südlich der Stadt durchführte. Mit im Einsatz war Berichten zufolge die Freiwillige Feuerwehr mit Drohnen, sagt Dr. Christine Miller, die Vorsitzende des Vereins Wildes Bayern. Bei einer Drückjagd laufen Hunde oder Treiber durch einen Einstand und „drücken“ das Wild in Richtung Jäger. In diesem Fall ging es offenbar auf Schwarzwild, angeblich, um Schäden zu vermeiden und vermeintlich die Seuchengefahr wegen der Afrikanischen Schweinepest zu mindern.

    Eine Drückjagd fand bei Landsberg statt.
    Eine Drückjagd fand bei Landsberg statt. Foto: LT

    Die Wildschweine haben jetzt zum Teil schon Nachwuchs

    „In der hochsensiblen Brut- und Aufzuchtphase März und April eine Drückjagd zu veranstalten, widerspricht jeglicher Ethik und Empathie“, kritisiert Miller. „Wir sehen außerdem die Grenzen von Jagd- und Tierschutzrecht überschritten. Deshalb haben wir sofort Anzeige erstattet.“ Eine Drückjagd sei prinzipiell eine legitime Jagdmethode. Im April jedoch herrsche in der Natur Brut-, Setz- und Aufzuchtzeit, und entsprechend greifen Verbote, die Tiere in ihren Einständen zu stören. „Nicht umsonst sind Spaziergänger gebeten, sich nicht abseits der Wege aufzuhalten und Hunde an die Leine zu nehmen. Es ist die Setzzeit der Hasen, deren Jungtiere tagsüber ohne die Eltern ungeschützt in der Landschaft sitzen. Rehgeißen und Füchse sind hochträchtig. Frischen Nachwuchs haben jedoch bereits zum Teil gerade jetzt die Wildschweine, auf die gejagt wurde“, so eine Pressemitteilung des Vereins.

    Ein Augenzeuge berichtet folgendes: „Ich war mit dem Rad unterwegs und sah das. Ganze. Nicht nur, dass man bei so einer Jagd Bachen erlegen kann und die kleinen Frischling elend verhungern, werden auch noch Drohnen der städtischen Feuerwehr eingesetzt. Außerdem war keine Sicherheit gegeben. Es war weder abgesperrt noch Personen da, die ein Begehen des bejagenden Gebietes verhindern“, so seine Aussage. Er habe darüber mit dem früheren und jetzigen Forstamtsleiter gesprochen, die beide vor Ort waren.

    Dieses Jungtier ist nach einer Drückjagd an einem anderen Ort in einer Aufzuchtstation gelandet.
    Dieses Jungtier ist nach einer Drückjagd an einem anderen Ort in einer Aufzuchtstation gelandet. Foto: Wildes Bayern

    „Die Bachen halten sich mit ihren Frischlingen in geschützten Kesseln auf. Sie sind in dieser Phase überhaupt nicht mobil, sie versuchen so lange wie möglich bei ihren Jungen zu bleiben. Flüchten sie dann endlich und werden geschossen, sind die Jungen dem Hungertod preisgegeben“, erläutert Dr. Christine Miller. „In dieser Phase die Muttertiere aus der Kinderstube zu scheuchen, indem man mithilfe von Drohnen in ihre Bereiche vordringt, provoziert geradezu Tierschutzverstöße.“

    Im Landkreis Landsberg gibt es vergleichsweise wenig Schwarzwild

    Der Landkreis Landsberg habe im Vergleich ein relativ geringes Schwarzwildvorkommen. Die Jagdstrecke betrug im Jagdjahr 2023 gerade mal 350 Stück - in anderen Landkreisen Bayerns ist sie bis zu zehnmal so hoch. Aus der Sicht von Wildes Bayern gab es keinen plausiblen Grund, warum im März oder April eine Drückjagd durchgeführt werden musste. Der Verein hat deshalb umgehend Anzeige erstattet.

    Das Landratsamt sagt zum Vorfall Folgendes: „Der unteren Jagdbehörde am Landratsamt ist bekannt, dass eine Strafanzeige des Naturschutzvereins Wildes Bayern an die Staatsanwaltschaft Augsburg - in Zusammenhang mit der Bewegungsjagd am 10. April - erging. Die Untere Jagdbehörde wartet nun die staatsanwaltlichen Ermittlungen ab.“ Allgemein sei es so, dass der oder die Jagdausübungsberechtigte (hier die Stadt Landsberg) eine Bewegungsjagd beim Landratsamt nicht anzeigen müsse.

    Die Stadt Landsberg schildert auf Nachfrage unserer Redaktion ein ganz anderes Vorgehen an diesem Tag: „Am 10. April fand in einem genau abgegrenzten 1,5 Hektar großen Bereich eines Eigenjagdreviers südwestlich von Landsberg eine Wärmebildkamera-Übung der Freiwilligen Feuerwehr statt. Eine ähnliche Übung gab es bereits zwei Wochen zuvor. Ziel der Übung war die Differenzierung zwischen Personen und Wildtieren in Waldgelände.“ Das Forstamt habe die Übung der Feuerwehr zum einen unterstützt und zum anderen genutzt, um männliche Wildschweine in einem kleinflächigen Gebiet zu umstellen und den vermuteten Einstand gezielt und ohne den Einsatz von Hunden anzugehen. „Schwarzwild darf unter Beachtung des Mutterschutzes ganzjährig bejagt werden. Bachen mit Frischlingen waren während der Übung nicht betroffen. Es wurde kein Schuss abgegeben“, so die Stadt.

    Eine Drohnen-Übung der Landsberger Feuerwehr?

    Der Einsatz einer Drohne mit Wärmebildkamera durch die Feuerwehr galt ausschließlich Übungszwecken der Feuerwehr laut Aussage der Pressestelle der Stadt. „Dank der von der Wärmebildkamera gelieferten Daten konnte während der Übung sicher ausgeschlossen werden, dass sich im Übungsgebiet ein im Mutterschutz befindliches Wild befindet.“ Laut Pressemeldung der Stadt verursachten Wildschweine in den zurückliegenden Wochen in den Gemarkungen Erpfting und Ellighofen wiederholt schwere Schäden auf landwirtschaftlichen Flächen sowie Privatgrund. „Das Vorhandensein frischer Fährten ließ auf eine männliche Überläuferrotte schließen, die im besagten Gebiet ihren Einstand hat“, teilt die Stadt mit.

    „Im Vorfeld der Übung und der begleitenden Jagd wurden alle Beteiligten angewiesen, alle unnötigen Beunruhigungen von Wild zu vermeiden. Darüber hinaus wurden ausschließlich Wildschweine für die Jagd freigegeben, die gesichert nicht dem Mutterschutz unterliegen. Vom Forstamt nahm ein absichtlich kleiner Kreis von sieben Personen teil. Die Sicherheit war zu jederzeit gegeben“, so die Stellungnahme der Stadt.

    Wildes Bayern

    Wildes Bayern ist ein in Bayern anerkannter Naturschutzverein, der sich für Wildtiere und den Erhalt ihrer Lebensräume einsetzt. Der Verein wurde 2015 von Herzogin Helene in Bayern gegründet, die auch zwei Jahre den Vorsitz übernahm. Seit 2017 leitet Dr. Christine Miller zusammen mit einem Team aus engagierten Tierschützern, Naturschützern, Ökologen, Berufsjägern und Jägern den Verein. Heute reichen die Vereinsaktivitäten auch über Bayern hinaus. Neben praktischer Naturschutzarbeit engagiert sich der Verein eigenen Angaben zufolge vor allem für das Aufdecken von Missständen im Umgang mit Wildtieren sowie Öffentlichkeitsarbeit über Natur und Wildtiere. In enger Zusammenarbeit mit verschiedenen Partnern fördert Wildes Bayern auch gezielt Forschungsprojekte, die zu einem besseren Verständnis und Umgang mit Wildtieren führen. (AZ)

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