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Landsberg: Landsbergs Notarzt-Obmann: Bei einem Herzstillstand sind nicht nur die Profis gefragt

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Landsbergs Notarzt-Obmann: Bei einem Herzstillstand sind nicht nur die Profis gefragt

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    Dr. Philip von der Borch ist seit zweieinhalb Jahren Obmann der Notärzte am Standort Landsberg.
    Dr. Philip von der Borch ist seit zweieinhalb Jahren Obmann der Notärzte am Standort Landsberg. Foto: Thorsten Jordan

    Seit zweieinhalb Jahren koordiniert Dr. Philip von der Borch als Obmann die Notärztinnen und Notärzte am Standort Landsberg. Er ist selbst regelmäßig im Einsatz und erlebt manchmal Situationen, in denen tatsächlich Sekunden über Leben, künftige Lebensqualität oder Tod entscheiden können. Insbesondere bei einem Herzstillstand sei schnelles Handeln gefragt – und zwar nicht nur von den Profis, die regelmäßig aufgrund des Anfahrtswegs wichtige Minuten verlieren. Eine ganz entscheidende Rolle spielt laut dem 42-Jährigen auch, wie vor Ort anwesende Laien reagieren. Zu oft werde getreu dem Motto „Lieber mache ich nichts, bevor ich etwas falsch mache“ gehandelt.

    Schon des Öfteren hat der Landsberger Notarzt erlebt, dass die ersten Minuten nach einem Notfall nicht optimal verlaufen sind. So sei er einmal alarmiert worden, weil in einem Dorf eine Person leblos zusammengebrochen war. Nach seiner mehr als zehnminütigen Anfahrt habe er bei der Ankunft mehrere „körperlich fitte Menschen“ angetroffen. Vor einem beherzten Eingreifen seien diese aber offenbar zurückgeschreckt. In einem anderen Fall war ebenfalls eine Person zusammengesackt und wenig später verstorben. Laut dem 42-jährigen von der Borch ist anfangs von einem Kollaps ausgegangen und keine Wiederbelebung eingeleitet worden, weswegen auch zunächst der Rettungsdienst ohne Notarzt alarmiert wurde. Tatsächlich hatte der Patient jedoch einen Herzstillstand erlitten.

    In kurzen Abständen sollte die Atmung überprüft werden

    In der Rettungskette gibt es so manchen Fallstrick. Die Disponentin oder der Disponent in der Integrierten Leitstelle müsse innerhalb kürzester Zeit die notwendigen Informationen „herauskitzeln“, sagt Dr. Philip von der Borch. Wobei am anderen Ende der Leitung oft Aufregung, Angst und Chaos herrsche. Entscheidend sei auch, dass Laien am Ort des Geschehens einen Notfall richtig einschätzen. Beim Kammerflimmern – einer plötzlichen, pulslosen Herzrhythmusstörung – „ist die Sache eindeutig: Die Person bricht bewusstlos zusammen und atmet nicht mehr“, sagt von der Borch. Es müsse unverzüglich mit der Reanimation begonnen werden. Wird bei einem Bewusstlosen hingegen eine Atmung festgestellt, sei er in die stabile Seitenlage zu bringen.

    Von der Borch zufolge ist es überaus wichtig, den Zustand des Patienten bis zum Eintreffen der Rettungskräfte ständig im Auge zu behalten und in kurzen Abständen die Atmung zu überprüfen. Anders als beim Kammerflimmern können bestimmte Zustände wie eine Lungenembolie zunächst nur einen Kollaps oder eine Bewusstlosigkeit verursachen. „Der Patient kann unter Umständen erst noch einen Puls haben und auch atmen. Dieser Zustand kann sich aber jederzeit verschlechtern“, erklärt der Internist. Bei Aussetzen der Atmung im Verlauf müsse ebenfalls sofort mit einer Herzdruckmassage begonnen werden. Grundsätzlich ist es ratsam, wenn sich der Zustand derart verschlechtert, erneut den Notruf zu wählen und das Telefon auf Lautsprecher zu stellen. „In kritischen Situationen bleibt der Disponent in der Leitung und gibt Anweisungen für die Reanimation. Außerdem können gegebenenfalls direkt weitere notwendige Kräfte alarmiert werden“, sagt von der Borch.

    In der Gesellschaft sei beim Thema Erste Hilfe „ein wenig die Mündigkeit“ verloren gegangen, schildert der Landsberger Notarzt seinen persönlichen Eindruck. Paradoxerweise belegten Studien, dass es nicht unbedingt von Vorteil sein muss, wenn sich mehrere Menschen im Umfeld eines Notfalls befinden. „Man fühlt sich dann beobachtet, verlässt sich unbewusst auf die anderen und es kommt vor, dass letztlich niemand die Initiative ergreifen möchte“, sagt von der Borch. Im Idealfall sollten die Aufgaben rasch und klar verteilt werden. Oberste Priorität habe, unter der Telefonnummer 112 den Notruf zu wählen. Bei einem Herz-Kreislauf-Stillstand könnte eine zweite Person zeitgleich die Druckmassage einleiten und eine dritte Ausschau nach einem Defibrillator oder zum Beispiel der nächsten Arztpraxis halten, um schnell medizinisch qualifiziertes Personal hinzuzuholen.

    Wenn das Wissen aufgefrischt wird, verschwindet die Kontaktangst

    Dr. von der Borch betont: „Grundsätzlich gilt: Man macht nur etwas verkehrt, wenn man nichts macht.“ Er würde sich wünschen, dass sich möglichst viele Bürgerinnen und Bürger dazu entscheiden, regelmäßig Erste-Hilfe-Kurse zu belegen und damit ihr Wissen aufzufrischen. Dadurch verschwinde die „Kontaktangst“. Initiativen zur Ausbildung von Schülerinnen und Schülern in Erster Hilfe sollten zudem fester in den Schulen verankert werden.

    Als ehrenamtlicher Obmann in Landsberg ist von der Borch im Auftrag der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns (KVB) dafür zuständig, dass zwischen 16 und 8 Uhr, an Wochenenden und an Feiertagen der Standort möglichst immer mit einem Notarzt oder einer Notärztin besetzt ist. Werktags zwischen 8 und 16 Uhr kümmert sich das Klinikum um die Besetzung. Der 42-Jährige engagiert sich zudem als Mobiler Retter. Die Initiative, die es im Landkreis Landsberg seit Februar gibt, zielt darauf ab, das sogenannte therapiefreie Intervall bei einem Herz-Kreislauf-Stillstand zu verkürzen. Medizinisch qualifizierte Ersthelferinnen und Ersthelfer, die sich in unmittelbarer Nähe eines Notfalls befinden, werden über eine GPS-Komponente der Smartphone-App geortet und durch die Leitstelle parallel zum Rettungsdienst alarmiert. Durch die örtliche Nähe können sie im Idealfall schneller da sein und lebensrettende Maßnahmen einleiten.

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