2024 herrschte Ende Mai und Anfang Juni auch in Landsberg Dauerregen, genau ein Jahr später fühlte es sich am Samstag wie in Italien an. Das lag einerseits an hochsommerlichen fast 30 Grad, die viele Menschen nach draußen lockte - die Landsberger ebenso wie viele Ausflügler. Dazu kamen größere Veranstaltungen: Im Industriegebiet im Frauenwald war große Party im SIP Scootershop, auf dem Infanterieplatz Streetfood-Festival und auf dem Hauptplatz wie seit Jahrhunderten der Veitsmarkt.
Am weitesten strahlte am Samstag wohl der SIP Open Day im Frauenwald aus, der irgendwie alles in einem ist: Familientreffen für viele Hunderte oder Tausende Rollerfreunde, Messe und Markt oder einfach Italien-Flair. Margit und Nunzio Adragna sind aus dem Landkreis Neu-Ulm zum Open Day gekommen - auf einer ordentlich motorisierten klassisch mintgrünen 300er-Vespa. „Wo kriegst du was günstig her?“ war die Frage, die Nunzio Adragna wegen seiner Leidenschaft für die Vespa und den damit verbundenen Ersatzteilbedarf in Kontakt mit dem SIP Scootershop gebracht hat. Am Samstag allerdings stehen die Geselligkeit und das Erlebnis im Vordergrund: Die Adragnas sind nicht allein gekommen, sondern mit weiteren 30 Vespa-Besatzungen vom Vespaclub in Ulm.
Der Scooter: Symbol für Bella Italia und britische Subkultur
Mehr als ein Dutzend Vespas stehen vor dem Zeltpavillon eines Fans aus dem Landkreis Landsberg. Bei ihm ist die Erkenntnis gereift, sich von einem Teil davon zu trennen. Der Zeitpunkt dafür scheint günstig zu sein. Motorroller verlieren offenbar kaum an Wert, heißt es beim Open Day immer wieder: Dementsprechend wird eine 125er-Vespa aus dem Jahr 1949 für 25.000 Euro Verkaufspreis angeboten.
Dass die Motorroller aber nicht nur „Bella Italia“-Stimmung verbreiten, zeigt sich bei Marcus Broix. Der gebürtige Düsseldorfer lebt heute überwiegend in England. Dort wurden die Scooter ab den 1960er-Jahren zum Fahrzeug der „Mods“, die Gegenbewegung zu den „Teds“ und „Rockers“. Da war Broix zwar noch nicht geboren, ihn packte die Begeisterung für die Scooter aber, als der Film „Quadrophenia“ mit der Musik von „The Who“ 1979 diese Jugendkultur wieder aufleben ließ. Heute organisiert er mit dem Club „Spirit of 84 Scooterists“ Roller-Events wie das „Mad Moselle“.

„Essen, Trinken, schönes Wetter“ - das waren für Michi und Sarah der Grund, am Samstag zum SIP Scootershop zu kommen, aber natürlich haben auch sie eine Leidenschaft für zweirädrige Motorfahrzeuge: Eine Vespa, zwei Piaggio-Mofas und zwei Simsons zählt Michi auf. Zum Open Day sind sie aus Hurlach jedoch geradelt.

Mitten am Nachmittag ist auch in der Stadt viel los, gute Bedingungen für die Händler beim Veitsmarkt. Wer über den Hauptplatz flaniert, wird gleichsam automatisch zum Marktbesucher. Das ist es auch, was einen Allgäuer Obsthändler seit 25 Jahren zum Markt anreisen lässt, um Äpfel, Kirschen und Aprikosen zu verkaufen, mal säckeweise, mal einzeln, etwa für eine Radlergruppe, die sich mit ein paar Früchten für die Weiterfahrt stärken will. Ansonsten ist die bunte Mischung an Produkten auf dem Markt immer wieder sehenswert: Insektenschutz liegt am Beginn des Sommers nahe, aber ob Lammfelle bei fast 30 Grad Absatz finden?

Auch für die ganz großen Umsätze beim Streetfood-Festival auf dem Infanterieplatz ist es am Nachmittag fast etwas zu heiß. Das meint zumindest Jerome Schöpf. Er bietet ungarische Lángos an. Dabei handelt es sich um Schmalzgebäck, etwas größer als die bei uns bekannten Küchlein, das nach Belieben bestrichen und belegt wird, jedoch eher herzhaft als süß, erklärt Schöpf, der zum ersten Mal beim Streetfood-Festival ist und das ungarische Gebäck erst noch etwas bekannt machen muss.
Auch Essen auf die Hand hat seinen Preis
Da haben es die Gastronomen an anderen Ständen oft leichter: Burger, Wraps, Pasta, Mexican Food, asiatische oder orientalische Küche sind bekannter. Mit vier Speisen auf die Hand will der Landsberger Thomas Delles (“Hillingwer Catering“) sich möglichst breit aufstellen: Für kühles Wetter und das Publikum, das es eher traditionell mag, steht der „Alpen Kalbsburger“ (Kalbfleischpflanzerl in Laugengebäck) auf der Karte, daneben gibt es ein veganes Angebot und Hühnchen-Buns und Sieben-Käse-Sandwiches mit Kimchi (fermentiertes Gemüse) - alles noch für unter zehn Euro.

Ansonsten ist es auch nicht mehr besonders günstig, sich einen Imbiss vom Stand zu holen und auf der Straße von einer Papierunterlage und ohne Teller und Besteck zu essen. Preislich liegen viele Speisen doch eher über zehn Euro, ein Aspekt, den eine Familie aus Ummendorf anspricht, die sich für zwei Falafel- und einen Beef Steak-Wrap entschieden hat. Während Mutter und Sohn ihre Wraps ohne viel Kleckern verspeist haben, gibt sich der Vater doch eher als „Besteckesser“ zu erkennen.
Zwei Freundinnen aus Augsburg, die den sommerlich schönen Samstag zu einem „Mädelsausflug“ nach Landsberg nutzen, haben erst einmal ihren Durst mit alkoholfreiem Weißbier gelöscht. Was sie essen wollen? Schwierig, wenn man zu den Menschen gehört, die sich schwer entscheiden können, meint eine der beiden. Das ist wahrscheinlich die größte Herausforderung bei der Vielfalt eines Streetfood-Festivals. Wählt man das eine aus, verpasst man das andere - gut - zumindest für die Einheimischen -, dass man es fünf Tage lang besuchen kann.

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