Es war schon ein wenig anders, das Silvesterkonzert 2023 in der Stadtpfarrkirche Mariä Himmelfahrt mitten in Landsbergs Altstadt. Mit Winfried Lichtscheidel saß der „Neue“ am mächtigen Instrument und bediente die Manuale und Pedale. Der Lichtscheidel ist seit April 2023 Nachfolger von Johannes Skudlik, der die Musikszene der Lechstadt 43 Jahre lang geprägt hatte. Während sein Vorgänger am für den Silvesterabend meist ein Programm mit populären Werken verschiedener Komponisten zusammen gestellt hatte, beschränkte sich der aktuelle Dekanatskirchenmusiker auf zwei Programmpunkte.
Helle und fröhlich flirrende Akzente in der Stadtpfarrkirche Mariä Himmelfahrt
Auftakt war die Sinfonia zur Bach-Kantate „Wir danken dir, Gott“. In der Bearbeitung für Orgel setzte das kurze Stück erste leuchtend helle, fröhlich flirrende Akzente. Hauptwerk des Abends war die 9. Sinfonie in e-moll von Antonín Dvorák, allgemein bekannt unter der Bezeichnung „Aus der Neuen Welt“. Der aus Ungarn stammende Zsigmond Szathmáry, ein Dirigent, Komponist und Tastenvirtuose, der seit vielen Jahren in Deutschland lebt und aktuell als Professor für Orgel an der Hochschule für Musik in Freiburg lehrt, hat das Orchesterwerk für Orgel transkribiert. Und alles hervorragend untergebracht, was diese Sinfonie ausmacht: Immer wieder sehr viel tiefes Blech, zarte, neugierige Flöten, ein kurzes, durch die Register wanderndes Thema in verschiedenen Lagen, choral- oder pastoralartiger Liedcharakter prägen die Bearbeitung.
Ein Klangteppich voller Tiefe in Landsberg
Für den ausführenden Organisten sind dabei die ziemlich virtuosen Passagen eine Herausforderung, die Winfried Lichtscheidel abgeklärt, mühelos, scheinbar entspannt annahm. Mutig gesetzt ist bereits der Beginn. Ein lang gestreckter, dunkler Ton eröffnet die Sinfonie. Ein Klangteppich voller Tiefe wird ausgebreitet, darüber erscheint ein erstes helles Thema. Sehr angenehm sind die Generalpausen, mit denen Motive verklingen und neue entstehen können. Die Musik steigert sich, ein gewaltiges Forte beendet den ersten Satz. Es folgt ein Largo, auf dessen erneut dunklem musikalischem Boden ein harmonischer Choral als eine Art Klagelied erklingt. Der Organist zeigte hier erneut auf, mit welch hervorragenden Registern die Orgel ausgestattet ist. Zeitweise wirkt es, als befänden sich auf der Empore Instrumentalisten mit Flöte, Englischhorn oder Posaune. Der dritte Satz macht seiner Bezeichnung „Scherzo“ alle Ehre. Hier durfte Lichtscheidel nicht nur seine Virtuosität unter Beweis stellen, sondern auch viele unterschiedliche Register ziehen. Arrangeur Szathmáry hatte sehr viel von der Urkomposition in den Satz gepackt.

Besonders gelungen klangen die vom Komponisten verwendeten, an seine Heimat Tschechien erinnernden Elemente. Humorvoll, mit einem kurzen Akkord endete der dritte Satz. Im Schlussteil war zunächst begleitet von sehr viel Tiefe, erneut das Thema des ersten Satzes zu hören. Es erklangen Takte mit Liedcharakter, virtuose Tonfolgen wechselten sich mit kurzen Verschnaufpausen ab. Die Musik wurde kräftiger, steigerte sich zum Fortissimo und ließ Luft und Kircheninterieur vibrieren. Der Schluss ein regelrechtes Gegenteil: Es wurde ruhiger und zart verklangen die letzten Akkorde der Sinfonie.
Mit einem Potpourri aus weltweit gängigen, weihnachtlichen Liedern entließ lichtscheidel das Publikum nach einer Stunde in die Silvesternacht, bei der angenehm auffiel, das im Gegensatz zu früheren Jahren, auf dem Hellmairplatz während des Konzerts nicht ständig irgendwelche Böller knallten.