Bei der Stadt Landsberg kommen mehrere Straßennamen auf den Prüfstand. Dazu durchleuchtet eine Expertenkommission, der unter anderem renommierte Historiker angehören, das Wirken von namensgebenden Persönlichkeiten vor und während der NS-Zeit. Bei einer Informationsveranstaltung im Festsaal des Historischen Rathauses wurden nun erste Ergebnisse präsentiert, wobei die Otto-Leybold-Straße, die Oberbürgermeister-Thoma-Straße und der Hindenburgring in den Fokus rückten. Am Ende stand die eindeutige Empfehlung, dass alle drei Straßen – teilweise auch aufgrund noch recht neuer Erkenntnisse – umbenannt werden sollten.
„Das Thema hat ganz viel mit dem Umgang mit der Geschichte und Verantwortung zu tun“, sagte Landsbergs Oberbürgermeisterin Doris Baumgartl (UBV) einleitend. Eine mögliche Umbenennung habe auch praktische Folgen, wie zum Beispiel die Änderung von Postanschriften. Deswegen soll laut Baumgartl ein „transparenter und fairer Weg“ gegangen werden. „Demokratie lebt vom Mitdenken, Mitreden und Mitgestalten“, sagte sie. Die Informationsveranstaltung besuchten etwa 50 Personen, darunter einige Stadträtinnen und Stadträte. Der Expertengruppe gehören neben Mitarbeitenden der Verwaltung und Vertretern der Stadtratsfraktionen, Stadtheimatpfleger Dr. Stefan Paulus sowie die externen Berater Prof. Dr. Jens-Christian Wagner und Prof. Dr. Peter Fleischmann an. Viermal hat die Kommission bislang getagt. Die ersten Ergebnisse wurden in drei Vorträgen näher erläutert.
Die Otto-Leybold-Straße ist eine „schwere historische Bürde“
Otto-Leybold-Straße: Am 1. April 1924 trat Adolf Hitler in der Landsberger Strafanstalt seine Festungshaft an und wurde bereits am 20. Dezember 1924 auf Bewährung entlassen. Hitlers Zeit im Gefängnis ist laut Prof. Dr. Peter Fleischmann (Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg) lange eine „Blackbox“ gewesen. Mit dem Auftauchen der Personalakte im Jahr 2010 sei diese aber beleuchtet worden. Hitler durfte deutlich mehr Besucher empfangen als vorgeschrieben – oft ohne Aufsicht. Dafür verantwortlich war Otto Leybold, von 1908 bis 1927 Chef des Landsberger Gefängnisses. Auch von Leybold verfasste Stellungnahmen rückten den späteren Diktator in ein positives Licht. „Er hat Adolf Hitler protegiert, obwohl er von seiner antisemitischen, antidemokratischen und rassistischen Haltung wusste, die später den Zweiten Weltkrieg entfachen würde“, so Fleischmann. Acht Jahre nach Ende des Krieges wurde eine Straße nahe der JVA nach Leybold benannt: „Das ist keine Zierde, sondern eine schwere historische Bürde“, lautet Fleischmanns Fazit.

Oberbürgermeister-Thoma-Straße: Prof. Dr. Annette Eberle (Katholischen Stiftungshochschule München) widmete sich in ihrem Vortrag Ludwig Thoma. Er war Mitglied der SA und der NSDAP. Ab 1939 war er Landrat von Schongau und zeitweise während des Krieges kommissarisch auch Landrat von Landsberg. Eberle berichtete von einer Beteiligung an Verbrechen, die zum Tode von Menschen geführt haben. So habe er über die Einweisung in Konzentrationslager entschieden, ebenso wie über die Einweisung in Heil- und Pflegeanstalten, obwohl ihm das Euthanasie-Programm im NS-Staat bekannt gewesen sei. Eberle sieht daher eine „Täterschaft hinsichtlich der regulativen Ebene“. Nach Kriegsende wurde Thoma 1947 als minderbelastet und ein Jahr später als entlastet eingestuft. Von 1948 bis 1958 war er Oberbürgermeister der Stadt Landsberg. 1975 erfolgte die Umbenennung einer Straße im Landsberger Osten. An dem Informationsabend wurde zudem deutlich, dass Ludwig Thoma seine NS-Vergangenheit nie kritisch reflektiert hat.

Hindenburgring: Prof. Dr. Wolfram Pyta (Universität Stuttgart), der wie Eberle nicht Teil der Expertenkommission ist, widmete sich Paul von Hindenburg. 1847 geboren, hatte Hindenburg eine erfolgreiche militärische Laufbahn, während des Ersten Weltkriegs ist er laut Pyta zur Symbolfigur geworden. Und diese symbolische Kraft habe er während seiner späten politischen Karriere genutzt. 1925 wurde Hindenburg zum Reichspräsidenten der Weimarer Republik gewählt und stieg damit zum wichtigsten politische Entscheider auf. Prof. Dr. Wolfram Pyta machte deutlich, dass Hindenburg Adolf Hitler im Jahr 1933 aus freien Stücken zum Reichskanzler ernannt habe. Der Historiker sprach in diesem Zusammenhang von einem strategischen Bündnis. Mithilfe der NSDAP sei letztlich der Parlamentarismus liquidiert worden.
Der Landsberger Stadtrat wird über Umbenennungen entscheiden
Die Kommission empfiehlt dem Stadtrat, die drei Straßen umzubenennen, fasste Jens-Christian Wagner, Leiter der Stiftung Gedenkstätten Buchenwald und Mittelbau-Dora, anschließend zusammen. Eine tatsächliche Entscheidung bleibe aber letztlich jeder Stadt nach einem festgelegten und demokratischen Prozedere selbst überlassen. Im Falle einer Umbenennung sollte zudem öffentlich darauf hingewiesen werden, warum dieser Schritt erfolgt ist und wie die Straße zuvor geheißen hat. Bleibe es bei den jetzigen Straßennamen, ist laut Wagner „erst recht eine Kontextualisierung, warum dieser Name mindestens schwierig ist“ notwendig.

In der anschließenden Diskussionsrunde meldete sich die Landsberger JVA-Leiterin Monika Groß zu Wort. Die Justizvollzugsanstalt befindet sich am Hindenburgring – die größte der bei der Informationsveranstaltung thematisierten Straßen. Laut Groß stellt sich bei einer möglichen Umbenennung auch die Frage nach den Kosten. Zudem sieht sie eine Belastung für Bedienstete der JVA, die Dienstwohnungen und damit eine Anschrift am Hindenburgring haben. Wie Stadtheimatpfleger Stefan Paulus erklärte, spielt es nach den Kriterien der Kommission keine Rolle, ob eine Straße groß oder klein ist. Er wies nochmals darauf hin, dass insbesondere ab 1930 Hindenburgs Handeln „dezidiert kritisch“ zu sehen ist.
Anwohnende sprachen sich zum Teil gegen Straßenumbenennungen aus oder forderten – angesichts der Fülle an Informationen – eine kompaktere Zusammenfassung der Erkenntnisse. Laut Claudia Weißbrodt, Leiterin des Landsberger Kulturbüros, ist dies auf einer eigenen Internetseite geplant. Ein Besucher der Informationsveranstaltung sah in der möglichen Umbenennung von Straßen – und der anschließenden, gemeinsamen Suche nach einem neuen Namen – eine Chance: „Es wäre ein schöner gestalterischer Moment, der eine Stadt eint und nicht entzweit.“
Das fühlt sich an, wie eine Historikerspielwiese. Haben wir denn momentan keine anderen Sorgen?
Dieses Thema wurde von den Grünen schon einmal versucht aktuell zu machen ! Nur was hat Hindenburg mit den Nazis zu tun ? absolut nichts, nur wer meint, dass er als Reichspräsident Hitler und den Nazis den Weg frei gemacht hat, der spinnt ! Dem Stadtrat sei ringend empfoheln, diesem Unsin was Hindenburg angelangt ein Ende zu setzen , denn es reicht jetzt !
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