Seit 2008 gibt es im Landkreis Jugendsozialarbeit an Schulen (Jas), damals startete die erste Fachkraft an der Mittelschule in Landsberg. Das Angebot soll sozial benachteiligte junge Menschen bei ihrer Persönlichkeitsentwicklung unterstützen und fördern. In den vergangenen Jahren haben immer mehr Schulen Bedarf angemeldet und Jas-Stellen beantragt. Nun gewährten drei der Fachkräfte im Jugendhilfeausschuss Einblicke in ihre tägliche Arbeit. Dabei wurde deutlich, dass die Schülerinnen und Schüler sie mit den unterschiedlichsten Problemen aufsuchen: Eine hohe psychische Belastung und Suizidgedanken wurden in den Berichten thematisiert – aber auch Rechtsradikalismus und Rassismus im Schulalltag.
Aufgrund der damaligen Förderrichtlinien wurden zunächst weitestgehend alle Mittelschulen im Landkreis Landsberg mit Jas-Fachkräften ausgestattet. Schließlich kamen das Sonderpädagogische Förderzentrum und die Berufsschule hinzu. Nachdem sich das Konzept bewährt hatte, wurde es auf die Grundschulen und später auch auf die Realschulen ausgedehnt. Inzwischen sind auch Gymnasien sowie Fach- und Berufsoberschulen förderfähig.
Hohe Fallzahlen in den Grundschulen im Kreis Landsberg
Dementsprechend gibt es im Landkreis Landsberg nun an sämtlichen Schularten Jas-Stellen, wobei es sich bei der Jugendsozialarbeit an Schulen um ein freiwilliges und kostenloses Beratungsangebot handelt. Laut Yasemin Pertl vom zuständigen Sachgebiet, das ins Amt für Jugend, Familie, Soziales und Bildung eingegliedert ist, arbeiten 39 Fachkräfte an 34 Schulen. Gut 1500 Fälle (mindestens drei Beratungsgespräche) wurden im vergangenen Jahr erhoben und dabei mehr als 10.600 Einzelgespräche geführt. Nach Angaben des Landratsamts gibt es im Kreis Landsberg 4925 Schülerinnen und Schüler an Grundschulen und Mittelschulen. Weitere 8040 Schülerinnen und Schüler besuchen ein Gymnasium, eine Realschule, die Beruflichen Schulen oder das Sonderpädagogische Förderzentrum.

Seit der Corona-Pandemie hätten Belastungen und Ängste generell zugenommen und der Beratungsbedarf sei gestiegen. „Es ist aber auch immer eine Frage, wie genau man hinschaut“, so Pertl. Früher seien die Belastungen öfter in den Familien geblieben. Das habe sich auch durch die Jugendsozialarbeit an Schulen geändert. Die Fachkräfte seien immer vor Ort und Jas sei damit ein niedrigschwelliges Angebot, durch das Familien unterstützt werden können.
In der Sitzung des Jugendhilfeausschusses berichtete Pertl von „sehr hohen Fallzahlen“ im Grundschulalter – insbesondere in der dritten und vierten Jahrgangsstufe. In dieser Phase steige einerseits der Leistungsdruck, andererseits trauten sich die Schülerinnen und Schüler eher, auf die Fachkräfte zuzugehen. Zu beobachten sei etwa auch, dass in Mittel- und Realschulen zwar mehr Schülerinnen betreut werden. Allerdings würden mit den männlichen Schülern im Rahmen einer Beratung statistisch mehr Gespräche geführt. Unabhängig von der Schulart sagte Pertl zu den im Sachgebiet registrierten Fällen: „Es ist alles dabei.“ Die Schilderungen der Jas-Kräfte unterlegten diese Feststellung.
Der erste Bericht kam von Ina Langgartner. Sie war als Jas-Kraft zunächst an der Grundschule Schondorf tätig und ist vergangenes Jahr an das Ammersee-Gymnasium in Dießen gewechselt. Das Angebot „wird an Gymnasien gut angenommen“, sagte sie. Die Schülerinnen und Schüler suchten sie beispielsweise auf, weil ihnen Versagensängste oder Leistungsdruck zusetzten. Weitere Themen, die Langgartner aus ihrer täglichen Arbeit aufführte, drehten sich um Mobbing, selbstverletzendes Verhalten oder Absentismus. Gemeint ist damit das unentschuldigte Fehlen von Schülerinnen und Schülern im Unterricht.
Beleidigungen und Drohungen gegen Menschen mit Migrationshintergrund
Auch Sozialpädagogin Sandra Senger von der Mittelschule Fuchstal berichtete von vielen verschiedenen Anliegen, mit denen Schülerinnen und Schüler auf sie zukommen, und nannte als Beispiele Mobbing (auch in den sozialen Netzwerken), Entwicklungskrisen oder schwere psychische Belastungen – bis hin zu psychischen Erkrankungen und Suizidalität. Als Jas-Kraft gebe es dementsprechend viel Krisenintervention zu betreiben, es werde unter anderem mit der Bezirkssozialarbeit und der Polizei zusammengearbeitet. Zudem besorgt Senger, dass das Erstarken rechtsradikaler und rassistischer Tendenzen sich auch in den Schulen niederschlage. Gerade im Vorfeld der Bundestagswahl habe es Beleidigungen und Drohungen gegen Menschen mit Migrationshintergrund gegeben. „Ich suche dann auch das Gespräch mit denen, die solche Aussagen tätigen“, sagte die Jas-Kraft an der Mittelschule Fuchstal.
Ann-Katrin Urbanek sieht sich an der Landsberger Johann-Winklhofer-Realschule als „Brückenbauerin“. Sie beschrieb ähnliche Problemfelder wie ihre Kolleginnen: Schülerinnen und Schüler kämen häufig mit Ängsten zu ihr als Jas-Fachkraft. Auch Suizidgedanken seien Thema. Weitere Beratungsanlässe sind laut Urbanek Suchtmittelmissbrauch oder übermäßiger Medienkonsum.
Aus den Schilderungen aller drei Fachkräfte in der Jugendsozialarbeit an Schulen ging hervor, dass diese aufgrund des hohen Fallaufkommens insbesondere mit Einzelfällen befasst sind. Es werden aber auch Projekte umgesetzt, etwa zur Stärkung der sozialen Kompetenz oder zur Mediennutzung. Nachdem eine Schülerin aus dem Landkreis Suizid begangen hatte, richteten Jas-Kräfte zudem einen Raum zum Trauern und Gedenken ein und betreuten diesen.
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