Selbst um die Weihnachtsfeiertage herum sorgt die geplante Erdgasprobebohrung in Reichling für Zündstoff. Bürgermeister Johannes Hintersberger kritisierte die jüngsten Protestbewegungen in scharfem Ton. Indes gibt das Bergamt Entwarnung, was baldige weitere Bohrungen im nahen Umkreis angeht.
Dass beim kürzlichen „Lichterspaziergang“ gegen Gasbohrungen vorwiegend Auswärtige und Mitglieder von verschiedenen Umweltverbänden direkt vor dem Reichlinger Rathaus protestiert hatten, . Im Gemeindemitteilungsblatt „Wir“ kommentierte Hintersberger die Protestveranstaltung mit den Worten: „Es kristallisiert sich nun doch mehr und mehr heraus, dass es sich hierbei nur noch um eine Plattform von ‚Nichtmitbürgern‘ handelt“. Damit spielte er auf die Tatsache an, dass bei der Demonstration mehr Leute aus den umliegenden Dörfern sowie aus Dießen gekommen waren als aus der Gemeinde Reichling selbst.
Bürgermeister Hintersberger: „Wie lange wollen wir uns Reichlinger das noch gefallen lassen?“
„Ich persönlich stelle mir die Frage: Wie lange wollen wir uns Reichlinger das noch gefallen lassen?“, meinte Hintersberger und kritisierte: „Es ergreifen an unserem Rathaus Gemeinderäte aus Dießen das Mikrofon und behaupten, es wäre nicht früh genug zur Exploration von Kohlenwasserstoffen informiert worden, und man müsse den Bürgermeister ‚wachrütteln‘. Ich für meinen Teil bin hellwach, leider kann man sich als Verantwortungsträger nicht hinter Ideologien verstecken.“ „Eine schöne neue Welt muss auch finanziert werden“, meinte der Bürgermeister.
Die Bürgerinitiative Reichling-Ludenhausen wollte jetzt zwischen den Feiertagen die Ausführungen des Bürgermeisters nicht kommentieren. Sie wolle jetzt im Moment „den Weihnachtsfrieden wahren“, teilte sie auf Anfrage unserer Redaktion mit.
Wie Hintersberger weiter mitteilte, habe ihn an jenem Abend, als die Demonstration stattgefunden hatte, ein Anruf der Polizeiinspektion Dießen erreicht. Der Bürgermeister sei um Amtshilfe gebeten worden. Wie Andreas Lehner, stellvertretender Dienststellenleiter der Polizeiinspektion Dießen (kommissarisch), klarstellte, habe eine Kollegin die Gemeinde lediglich um die Nummer eines Bauhofmitarbeiters gebeten. Es wäre nur um eine Anfrage nach zusätzlichen Warnbaken gegangen. Bei der Versammlung habe es keine Störungen gegeben, sie sei ordnungsgemäß abgelaufen, erklärte Lehner.
Die Mitarbeiter der Gemeinde saßen zu diesem Zeitpunkt bei der Weihnachtsfeier zusammen. Hintersberger verwies die Polizei an den Landkreis, da die Gemeinde hier nicht zuständig sei, wie der Bürgermeister auf Anfrage sagte.
Auf Kritik stieß beim Gemeindeoberhaupt auch die Aktion, die einige Tage vor dem Lichtermarsch stattfand. Greenpeace hatte am Bohrloch ein CO₂-Zeichen entzündet. Hier sei „rechtswidrig auf einer öffentlichen Straße ein auf einem Anhänger angebrachtes Symbol entzündet worden“, schimpfte der Bürgermeister – „selbstredend, dass diese Darbietung nicht im Vorfeld angemeldet wurde“. Hintersberger bestätigte auf Nachfrage, dass die Aktion nicht bei der Gemeinde gemeldet gewesen sei. Es handele sich hier um eine öffentliche gemeindliche Straße, stellte er klar.

Was die Befürchtungen im Landkreis angeht, dass bald neben Reichling noch an einem anderen Standort im nahen Umfeld gebohrt werden könnte, gibt das Bergamt Süd indes erst mal Entwarnung: Seit dem ersten Januar 2020 seien abgesehen von Kinsau 1 (damit ist Reichling gemeint) „beim Bergamt weder Anträge auf Reaktivierung alter Erdgasbohrungen noch Anträge auf Einrichtung neuer Erdgasbohrungen eingegangen und wurden auch keine entsprechenden Zulassungen erteilt“, informierte Pressesprecher Wolfgang Rupp auf LT-Anfrage.
Erst im Herbst hatte ein Börsenbericht für Verunsicherung gesorgt: Darin hatte der Rohstoffkonzern MCF Energy mitgeteilt, dass in dem Gebiet „Lech Ost“ (das vom Reichlinger Ortsteil Gimmenhausen bis nach Dießen am Ammersee reicht) bereits der Standort für eine erste Bohrung ausgewählt worden sei: „Es wurden Pachtverträge mit dem Eigentümer der Oberflächenrechte unterzeichnet“, hieß es in dem Bericht. Umweltstudien für einen vorläufigen Bohrplatz seien bereits in Auftrag gegeben worden. Dieser Bericht hatte Befürchtungen noch verstärkt, dass nach Reichling auch bald an einem weiteren Standort, der irgendwo zwischen Gimmenhausen und dem Ammersee liegen würde, gebohrt werden könnte. Allerdings hat die Genehmigungsbehörde, das Bergamt Süd, laut dem Pressesprecher bislang noch keine Kenntnis von weiteren Vorhaben. Somit werden wohl zumindest in naher Zukunft keine weiteren Probebohrungen stattfinden.
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