Am Donnerstagnachmittag, Punkt 15 Uhr, herrscht reges Interesse bei der Besichtigung der neuen Asylunterkunft im Pürgener Gewerbegebiet. Beim „Tag der offenen Tür“ beantworten Fachkräfte die Fragen der Besucherinnen und Besucher.
Stephan Mies, Leiter des Sachgebiets für Integration, Ausländerbehörde und Asylangelegenheiten im Landratsamt, stellt sich beim „Tag der offenen Tür“ bei ankommenden Besucherinnen und Besuchern persönlich vor und sucht das Gespräch. Auch Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen des Außendienstes, die Integrationsbeauftragten des Landkreises und der Stadt und die Integrationslotsin des Landkreises sind vor Ort und beantworteten Fragen.

Gleich neben dem elegant-geschwungenen Design des Feuerwehrausbildungszentrums an der Reischer Straße wurde in den vergangenen Monaten eine schlichte Containeranlage auf zwei Ebenen gebaut. Vor der Anlage wurden zudem Parkplätze geschaffen. Eine Außentreppe führt in das Obergeschoss. Alle Einheiten sind identisch und bieten Raum für eine Familie oder zwei Paare, die sich Küche und Bad teilen.
Susanne Taryne ist seit 2019 Integrationsbeauftragte für den Landkreis. Sie vergleicht das Pürgener Objekt mit der Anlage am Schleifweg in Landsberg und findet, dass die Räume nun besser aufgeteilt seien. Um dem Schlaf- und Wohnbereich mehr Platz zu bieten, wurden Küche und Bad verkleinert, ohne die Grundfläche zu vergrößern. Dafür steht in jeder Einheit eine eigene Waschmaschine, anstatt eines gemeinsamen Wachraumes. „Das mag luxuriös klingen, aber wir hoffen dadurch, dass die Waschmaschinen pfleglicher behandelt werden.“
Anwohner sind erleichtert, dass vor allem Familien einziehen sollen
Ein Rentnerpaar sieht sich gerade eine Wohneinheit ein. Über das Dorfblatt haben sie vom Tag der offenen Tür in der Asylunterkunft erfahren. „Wir wohnen in der Nähe und wollten uns das hier mal anschauen“, sagen die Eheleute, die nicht namentlich in der Zeitung genannt werden möchten. Sie sind mit der Containerlösung zufrieden: „Es muss ja kein Luxus sein“, sagt die Rentnerin im Hinblick auf die spartanische Einrichtung. Wichtiger als die Ausstattung war für sie jedoch zu erfahren, wer ihre neuen Nachbarn werden könnten. „Wir waren erst besorgt, dass nur junge Männer einziehen, die sich dann langweilen.“ Nun seien sie über die Nachricht erleichtert, dass vor allem Familien in die Container ziehen sollen. „Wir lassen es auf uns zukommen“, sagen sie und verabschieden sich wieder.
Auch zwei Lehrerinnen der örtlichen Grundschule schauen sich die Anlage an, obwohl sie nicht in Pürgen leben. Trotzdem hat das Thema auch Einfluss auf ihren Alltag. Wenn vor allem Familien herkommen, wird sich das schließlich auch in ihren Klassen zeigen. Fühlen sie sich gut unterstützt? „Im ersten Moment fühlt man sich schon alleine gelassen, wenn plötzlich Schüler ohne Deutschkenntnisse in der Klasse sitzen“, schildert eine der Grundschullehrerinnen. Doch mittlerweile sei das Flüchtlingsgeschehen nicht neu und die Lehrkräfte und Mitarbeitenden der Jugendsozialarbeit an Schulen seien gut vernetzt.
Bis zu 56 sollen in die neue Containeranlage in Pürgen ziehen
Vor allem Familien und Paare ukrainischer Herkunft sollen in Pürgen untergebracht werden. Er könne jedoch nichts versprechen, zu undurchsichtig sei das aktuelle Weltgeschehen, erklärt Stephan Mies. „Im Januar wurden uns wieder zwei Busse zugewiesen. Ich kann keine positive Prognose geben, aber die Unterbringung ist gewährleistet.“ Die Zusammenarbeit mit den Integrationsbeteiligten bezeichnet Mies als hervorragend. „Das entspannt viel.“ Und auch der Weg der Transparenz, etwa die vielen Besuche in den Gemeinden, um aufzuklären und Veranstaltungen wie diese, würden für mehr Verständnis in der Bevölkerung sorgen. Im November fand bereits in der neuen Containeranlage in Landsberg ein Tag der offenen Tür statt. Erste Erfahrungswerte gebe es hierfür jedoch nicht, da diese weiterhin nicht belegt sei, schildert Mies. Das bezugsfertige Gebäude in Pürgen könnte sich ab Ende Januar mit Leben füllen. Bis zu 56 Menschen haben Platz.
Das Zimmer am Eingang dient nicht nur der Hausverwaltung, sondern auch für Beratungsgespräche. Durchgängig werde das Büro jedoch nicht belegt sein. Anders sehe es da in Penzing, auf dem ehemaligen Fliegerhorst, aus: „Für die Großunterkunft mit 650 Menschen gibt es zwei dauerhafte Mitarbeiter vor Ort“, berichtet der Sachgebietsleiter.
Mit alldem muss sich seit Dezember auch die neue Vorgesetzte von Stephan Mies erst einmal vertraut machen. Nadja Swidersky ist die neue Leiterin der Abteilung Öffentliche Sicherheit und Ordnung im Landratsamt und ebenfalls vor Ort, um sich ein Bild von der Anlage zu machen. Swidersky war zuvor beim Verwaltungsgericht München und beim Innenministerium für Asylfragen zuständig. Nun lerne sie die andere Seite kennen und könne proaktiver arbeiten, schildert sie. „Ich habe früher über den Aufenthaltsstatus entschieden, jetzt geht es um die Unterbringung und Leistungen.“

Wie erklärt sich Wilfried Lechler, der Bürgermeister der Gemeinde, die offene Atmosphäre in Pürgen? „Wir haben immer offen kommuniziert und der Austausch war immer offen, nie gab es Gegenwehr von den Bürgern.“ Sein Credo: Hauptsache, die Turnhalle bleibt frei. „Wir können nur schauen, dass wir die Umstände für alle verträglich lösen.“ Für den Bürgermeister sind die Container eine funktionale Lösung und „bieten mehr Privatsphäre als so manche Privatwohnung“, die an Geflüchtete vermittelt werde.
Einen aktiven Helferkreis gebe es in Pürgen nicht. Bei den rund 50 Asylsuchenden, die schon länger in dezentralen Unterkünften im Gemeindegebiet leben, gebe es aktuell keinen Bedarf für organisierte Hilfe, meint Lechler: „Wir werden, falls nötig, reagieren.“
Nicht nur Anwohner informieren sich vor Ort. Christian Bolz ist Bürgermeister in Weil und stehe aufgrund der gemeinsamen Zugehörigkeit zum Abwasserzweckverband Pürgener Gruppe „eh im ständigen Kontakt“ mit seinem Pürgener Kollegen. Bislang habe die Gemeinde Weil Asylsuchende in Bestandsbauten vermittelt, „aber man muss trotzdem gewappnet sein“, findet Bolz, der deshalb mit einem Investor in Kontakt steht. Sein Fazit zur Containeranlage in Pürgen: „Es ist eine gute und menschenwürdige Unterbringung.“

Von 15 Uhr bis 18 Uhr konnte sich die Bevölkerung die Unterkunft ansehen. Nach einer Stunde zählt Stephan Mies bereits über 50 Besucherinnen und Besucher. Sein Fazit: „Ich nehme ein reges Interesse wahr. Die Menschen sind offen.“

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