Wer wissen will, wie man so auf dem Land lebt, der muss auf den Fasching nach Untermühlhausen gehen. Natürlich ist in Untermühlhausen und andernorts Fasching nicht der Normalfall, sondern ein rauschartiger Ausnahmezustand. Aber wenn zwei Stunden lang fast 40 Faschingsgespanne durchs Dorf rollen, zeigt sich, wie kreativ und vor allem auch technisch versiert und praktisch veranlagt die jungen Leute in den Dörfern sind. Sie bringen römische Paläste, ohrenbetäubende Musikanlagen, Maul aufreißende Dinosaurier, Spukschlösser oder einen sich wie von Geisterhand öffnenden Sarg vor einem Spukschloss auf die Straße. Und der Eindruck ist, es wird immer noch etwas gigantischer.

Tatsächlich stößt das Untermühlhausener Straßennetz an seinem solchen Tag an seine Kapazitätsgrenzen, aber die gefühlt immer größerer werdenden Faschingsgespanne und -sattelzüge haben auch heuer alle die Kurve gekriegt, wenngleich es am Schluss nur noch zäh voranging. Auch die Telefonleitung am Maibaum hat den Umzug unbeschadet überstanden. Der Winkler Bauwagen musste aber dort erst einmal halten, weil der auf dem Wagen aufgebaute Maibaum nicht durchging. Aber wo ein Maibaum ist, da sind auch Schwalben, um die Leitung anzuheben um unten durchfahren zu können.
Eine faschingsmäßige Leistungsschau in Untermühlhausen
Es war wieder eine große Leistungsschau vieler Landjugenden, Faschingsvereine, Hütten und Bauwagen beiderseits des Lechs - und natürlich auch der auf Hochglanz polierten Landtechnik, die die Wagen zieht. Was da von schätzungsweise 2000 Mitwirkenden vor noch mehr Publikum aufgeführt wurde, war fast durchgehend absolut professionell.

Die Motive auf den Wagen - über Party und Alkohol hinaus - waren zwar häufig aus dem Hollywood- und Disney-Fundus altbekannt und fuhren teilweise doppelt mit, waren aber immer eine Schau. Fahr- und Flugzeuge hatten es vielen anderen Gruppen angetan. Die Faschingsfreunde aus Igling ließen auf ihrem Monopoly-Wagen eine rauchende Lokomotive mitfahren, die Feuerwehr in Pestenacker hatte als Bergwacht einen Hubschrauber mit drehendem Rotorblättern auf dem Dach des Bulldogs in Betrieb. Die Burchinger Landjugend hatte sich nicht nur mit Rennanzügen ausstaffiert, sondern auch einen Formel-1-Wagen aufgeladen.
Fasching in Untermühlhausen: Schneller, weiter, höher
Die Eglinger Landjugend setzte aber mit einem Airport, zahlreichen schneidigen Flugkapitänen und anmutigen Stewardessen in chicen Uniformen noch eins drauf. „Wir stürzen ab“ lautete bei den Eglingern das vielsagende Motto - in diesem Fasching gleich bei fünf Umzügen. Einige Nummern bescheidener, was die PS, aber nicht die Optik betrifft, kam der Schöffeldinger Burschenverein im Gespann mit seinem Unterfinninger Pendant mit einem riesigen Bobbycar zum Umzug - verbunden mit dem Hinweis auf das legendäre Bobbycar-Rennen in Schöffelding, was zeigt, das auf den ansonsten meist recht still wirkenden Dörfern nicht nur im Fasching was los ist.

Die satirische Auseinandersetzung mit Politik und Zeitgeist fiel auch dieses Jahr sehr dezent aus. Immerhin grenzten sich die Bobbycar-Fahrer von den Airport-Betreibern mit dem Hinweis „absolut CO2-frei“ ab. Ein Piratenschiff mit Fischnetzen und zwei riesigen schwarz-gold-roten Flaggen am Heck der Meringer „Abbruch-Piraten“ sollte versinnbildlichen, wie das Land im Netz der Bürokratie gefangen ist.
In Hattenhofen wird nicht nur der Fasching knallhart gefeiert
Aber, worum geht es, vor allem wenn man jung ist? „Ob Affe, Pferd oder Pirat, wir feiern Fasching knallhart“ wurde etwas holprig auf dem Hattenhofener Pippi-Langstrumpf-Wagen gereimt. Nach gut zwei Stunden ging es, was das Feiern betrifft, dann erst noch wild weiter im Festzelt. Da wurde es dann hoffentlich auch denen wieder etwas wärmer, denen zuvor ein eisiger Wind ums Kostüm gepfiffen hatte und deren Finger vom Halten der Bierflaschen klamm geworden waren.

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