Keilfleck-Mosaikjungfer, Braunfleckiger Perlmuttfalter oder Flussregenpfeifer. Na, die Namen schon mal gehört oder gelesen? Nein? Dann dürfte die Nachricht, dass diese Tierarten sogar im Landkreis Landsberg vorkommen, sicherlich für Erstaunen sorgen. Insgesamt sind es 6800 Nachweise von bemerkenswerten Tierarten, verteilt auf knapp 900 Lebensräume zwischen Ammersee und Lech, nach denen Experten in den Jahren 2022 und 2023 im Auftrag des Bayerischen Landesamtes für Umwelt (LfU) geforscht haben. Die Ergebnisse dieser Naturschutzfachkartierung liegen jetzt vor.
Untersucht wurden in den jeweiligen Landkreisen ausgewählte Flächen, die sich besonders als Lebensraum für seltene Tierarten eignen, heißt es in einer Pressmeldung des Landesamts. Im Landkreis Landsberg ging es um spezielle Vogelarten wie den Kiebitz, verschiedene Spechte und den Flussregenpfeifer. Auch die Artengruppen Reptilien, Amphibien, Tagfalter, Libellen und Heuschrecken wurden intensiv untersucht. Und die Ergebnisse sind durchaus überraschend, im positiven wie im negativen Sinn.
Während die Bestände beim Kiebitz entsprechend dem allgemeinen Trend in Bayern rückläufig sind, konnte der Flussregenpfeifer in sechs von zehn Untersuchungsflächen nachgewiesen werden. Der kleine Watvogel nutzt Abbaustellen wie Kies- und Sandgruben als Ersatzlebensräume. Der seltene Mittelspecht hat zwei Schwerpunkte im Westerholz südlich von Scheuring und im Seeholz nördlich von Riederau, wo der Wald einen hohen Anteil an alten Eichen aufweist. Schlingnatter und Kreuzotter finden entlang des Lechs noch geeignete Habitate, speziell für die Kreuzotter sind auch die Moore und Feuchtgebiete westlich von Dießen von großer Bedeutung.
Bei den Amphibien im Landkreis Landsberg sind die Einbußen teils ausgeprägt
Einen negativen Trend stellten die Experten bei den Amphibien fest. Der Vergleich mit vorhandenen Altdaten zeige bei Gras- und Laubfrosch, bei der Gelbbauchunke und den Molchen teils ausgeprägte Bestandseinbußen. Nicht nur die Zahl der festgestellten Individuen ging zurück, es gibt auch einen Rückzug in der Fläche. Das heißt, Arten sind aus Teilregionen des Landkreises verschwunden, in anderen Gebieten aber noch anzutreffen.
Dieses Phänomen gibt es auch bei den untersuchten Insektengruppen, so bei der Gemeinen Binsenjungfer, einer früher deutlich häufigeren, kleinen Libellenart, beim Bunten Grashüpfer oder beim Braunfleckigen Perlmuttfalter und dem Zwergbläuling, um einige Beispiele zu nennen. Entsprechend dem allgemeinen Trend bieten die Tagfalter den größten Anlass zur Sorge, teilt das Landesamt mit. Sie reagieren teils besonders empfindlich auf Veränderungen ihres Lebensraums, da etliche Raupen nur ein kleines Spektrum von Futterpflanzen nutzen können und Schlechtwetterphasen zur Flugzeit oft gravierende Folgen haben.

Es gibt jedoch auch positive Entwicklungen, wie die Untersuchungen gezeigt haben. So ist nach Einschätzung der Experten die Habitatsituation bei den Libellenarten, die in Fließgewässern leben, günstiger als früher, da sie von einer Verbesserung der Wasserqualität profitieren. Auch bisher im Landkreis Landsberg nicht bekannten Arten wie die Keilfleck-Mosaikjungfer oder der Kurzschwänzige Bläuling, der früher als vom Aussterben bedroht galt, wurden entdeckt. Diese beiden Arten breiten sich bayernweit aus, ihnen kommt die Klimaerwärmung zugute.
Der naturnahe Lauf der Windach gilt als herausragender Lebensraum
Der Landkreis Landsberg verfügt mit einem Mosaik von lichten Wäldern, Saumstrukturen, Magerrasen und Brennenstandorten entlang des Lechs, den Moor- und Feuchtgebieten im Süden oder dem naturnahen Lauf der Windach über herausragende Lebensräume. Sie besitzen laut Landesamt einen besonders hohen Wert, da sie oft von großer flächiger Ausdehnung und gut vernetzt sind. Dadurch können ungünstige, lokale Entwicklungen besser abgefangen werden und ein Austausch zwischen Teilflächen ist möglich. Sonderstandorte wie Abbaustellen sind essenziell für besonders spezialisierte Arten wie Kreuzkröte oder Gelbbauchunke.
Im Rahmen der Naturschutzfachkartierung werden auch Maßnahmen vorgeschlagen, wie die wertvollen Lebensräume erhalten und gepflegt werden können. Die Akteure im Naturschutz können diese Erkenntnisse für ihre Arbeit vor Ort nutzen.
Die Naturschutzkartierung
Die Naturschutzfachkartierung wird auf Landkreisebene durchgeführt. Die Ergebnisse sind wichtige Grundlagendaten für bedrohte Arten und ihre Lebensräume und werden in einer landesweiten Datenbank zentral gespeichert. Wiederholungskartierungen dienen dazu, die Daten aktuell zu halten und Trends aufzuzeigen. Sie stehen Behörden, Kommunen, Verbänden, Planungsbüros und Wissenschaftlern zur Verfügung und liefern bei der Erarbeitung von Landschafts- und Grünordnungsplänen, bei Eingriffen in die Landschaft, bei der Planung von Schutzprojekten und für die Landschaftspflege wichtige Informationen. Das Bayerische Landesamtes für Umwelt (LfU) koordiniert die Arbeiten bayernweit und stellt die Ergebnisse auf Anfrage zur Verfügung. (AZ)
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