Grenzen müssen offen bleiben
Von einem Tag auf den anderen ist Europa nicht mehr das, was es mal war.
Die Ankündigung Dänemarks, vom Grundprinzip der offenen Grenzen abzurücken, hat den Glauben an europäische Errungenschaften zerstört, hinter die diese Union nicht mehr zurückgehen werde. Und auch wenn man in Kopenhagen mehr oder minder erschrocken über das drastische Echo die eigenen Beschlüsse wieder als bloße Verdichtung der Zollkontrollen herunterspielt, ist doch klar, dass man die Vision eines nach innen freien Kontinents torpediert hat.
Dabei sitzen die Sündenböcke für das Desaster an ganz anderer Stelle. Die Schengen-Mitglieder wollten stets einen Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts. An die Stelle von gelangweilten Zollbeamten, die sich stundenlang peinliche Jugendfotos in Ausweisen ansahen, traten technisch aufgerüstete Fahnder, die Kriminelle erfolgreich bekämpften. Da ist viel geschehen, aber von einem gemeinsamen Raum des Rechts sind wir nach wie vor weit entfernt.
Seit Jahren streiten sich die Innen- und Justizminister, wenn es um ein harmonisiertes Asyl- und Einwanderungsrecht geht. Die heute gültigen Regelungen stammen von 2003 und sollten nur ein Übergang sein. Sie führen dazu, dass Italien, Spanien, Malta und Griechenland die Hauptlast der nordafrikanischen Flüchtlinge tragen. Die Mitgliedstaaten werden sich deshalb einigen müssen: zum einen auf ein Asylrecht, das seinem Namen alle Ehre macht. Zum anderen auf eine Zusammenarbeit mit Nordafrika, die Flüchtlingsströme erst gar nicht entstehen zulässt.
Wenn man sich dann noch darauf verständigt, die Grenzen ein paar Mal öfter dichtzumachen, um reisende Chaoten von Großereignissen fernzuhalten, tut das weder der Reisefreiheit noch dem Traum vom freien Europa einen Abbruch.
Die Diskussion ist geschlossen.