Guttenbergs Selbstdarstellung
Kommentar zum Truppenbesuch in Afghanistan
In der etwas gekünstelt wirkenden Empörung der Opposition über den „Selbstdarsteller“ Guttenberg schwingt auch ein bisschen Neid mit. Neid auf den mit Abstand beliebtesten Politiker Deutschlands, der die Klaviatur der modernen Mediendemokratie wie kein anderer beherrscht und dem politisch bisher nicht recht beizukommen ist. Manch einer von denen, die sich über den vorweihnachtlichen Afghanistan-Trip des Ehepaars Guttenberg ereifern, würde ja liebend gern ähnlich viel öffentliche Aufmerksamkeit erregen – der SPD-Vorsitzende Gabriel beispielsweise, der halt leider das Pech hat, im Vergleich mit dem populären und weltläufigen Baron irgendwie blass auszusehen.
Nein, die Kritik von SPD, Grünen und Linker fällt zu scharf und zu durchsichtig aus, als dass sie Guttenberg in der Gunst des breiten Publikums zurückwerfen könnte. Es sind im Übrigen ja gerade die Schauspielkunst (mit der Politik eng verwandt) und das selbstsichere Auftreten Guttenbergs, die den jungen Adeligen zu einer Ausnahmeerscheinung auf der von viel Mittelmaß bevölkerten politischen Bühne machen. Wäre der CSU-Politiker nur ein Blender, zählte er nicht schon jetzt zu den Anwärtern auf das Kanzleramt. Der Meister der Selbst-Stilisierung hat auch politisches Talent und Stehvermögen. Die Macht der schönen Bilder und Gesten allein, auf deren Produktion Guttenberg sich versteht, befördert niemanden in die erste Liga der Politik. Dazu bedarf es auch jener politischen Substanz, über die Guttenberg unzweifelhaft verfügt.
Auf einem anderen Blatt steht, dass Guttenberg bei seinem jüngsten Truppenbesuch in Afghanistan an die Grenzen der zulässigen PR-Arbeit gestoßen ist. Es ist gut, dass er den Soldaten persönlich den Rücken stärkt. Und was soll so schlimm daran sein, dass seine Frau – auf eigene Kosten – mitgekommen ist? Im Feldlager jedenfalls ist das gut angekommen. Allerdings wirkte es so, als ob sich das überdies von einem Talkshow-Tross begleitete Glamour-Paar der Politik gezielt in Szene gesetzt und das Bundeswehr-Camp als ideale Kulisse für einen fototrächtigen Auftritt benutzt hätte. Alles eine Spur zu extrovertiert, zu sehr auf Wirkung berechnet. Noch ein paar solcher Auftritte, und die Begeisterung für die fabelhaften Guttenbergs wird abkühlen. Zuviel Show und zu viel Rummel um die eigene Person: Das geht den Menschen irgendwann auf die Nerven.
Am Ende wird man Guttenberg an seinen Leistungen als Verteidigungsminister messen. Er muss, was sich gut angelassen hat, den Bundeswehr-Umbau schaffen und das gefährliche afghanische Abenteuer so rasch wie irgendmöglich beenden helfen. Wenn ihm beides gelingt, dann steht ihm der Weg ganz nach oben offen – Glamour hin oder her.
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