
Durch die Krise am Persischen Golf offenbart sich, wie sehr es der deutschen Außenpolitik an einem Gesamtkonzept fehlt. Das bedeutet auch eine Gefahr für Europa.
Außenminister Heiko Maas und seine SPD tun so, als ginge sie die Eskalation in der Straße von Hormus gar nichts an. Dabei gibt es im Persischen Golf ein gewaltiges Problem, das Deutschland als Exportnation ganz besonders betrifft.
Der Konflikt zwischen den USA und Großbritannien auf der einen und dem Iran auf der anderen Seite gefährdet unmittelbar deutsche Interessen. Der freie Welthandel steht auf dem Spiel. Zudem geht es mittelbar auch um die deutsche Glaubwürdigkeit auf internationalem Parkett.
Maas fürchtet offenbar um den diplomatischen Zugang zu Irans Führung
Spätestens seit der Iran einen zweiten ausländischen Tanker festgesetzt hat, kann es keinen Zweifel mehr daran geben, wie gefährlich die Lage ist. Und wie kompliziert. Zur Eskalation beigetragen haben viele Faktoren. Die Aufkündigung des mühsam ausgehandelten Atomabkommens mit dem Iran durch die USA vor allem. Doch die kam nicht von ungefähr.
Das totalitäre Regime in Teheran fördert den Terror in den Palästinenserregionen, im Jemen und in Syrien. Das Atomabkommen hatte auch nicht, wie erhofft, für mehr Menschenrechte oder Demokratie in dem Land gesorgt, das weltweit mit am meisten Menschen hinrichtet. Nach wie vor werden im Iran Frauen wegen Ehebruchs gesteinigt, Homosexuelle gehängt. Zudem hält der Staat an seinem erklärten Ziel fest, Israel auszulöschen.
Bundesaußenminister Heiko Maas indes hält sich mit Kritik am Iran auf befremdliche Weise zurück. Offenbar fürchtet er, durch klare Worte den diplomatischen Zugang zur Spitze in Teheran zu gefährden. Doch seine Strategie der Anbiederung kann als gescheitert gelten. Alle Versuche des deutschen Außenministers, die Mullahs durch gutes Zureden zur Vernunft zu bringen, haben nichts bewirkt.
Sogar die Grünen schließen eine Mission nicht aus
Seit der US-Absage an den Atom-Deal setzt der Iran auf sich steigernde Provokationen gegen den Westen. Nachdem die britische Marine einen iranischen Tanker in Gibraltar stoppte mit der Begründung, dass dieser das Embargo gegen Syrien verletze, griffen iranische Einheiten Handelsschiffe an und kaperten einen britischen Tanker.
Als die Briten aber Deutschland um Hilfe beim Schutz des Schiffsverkehrs im Golf baten, kassierten sie eine rüde Absage. Die SPD wollte über eine gemeinsame europäische Marinemission, wie sie sich London wünschte, nicht einmal diskutieren. Dabei sahen sogar die traditionell pazifistischen Grünen darin eine Chance, für eine Beruhigung der Lage zu sorgen. Ein defensiver, aber entschlossener europäischer Geleitschutz-Einsatz hätte eben gerade nicht den Kurs von US-Präsident Donald Trump gestützt, der auf größtmögliche Härte setzt. Berlin hätte London zudem zeigen können, dass der Brexit nicht das Ende der Freundschaft bedeutet.
Ein außenpolitisches Gesamtkonzept ist nirgends erkennbar
Es verwundert nicht, dass die Briten jetzt zu einer US-geführten Mission neigen. Daran wollen sich Maas und die SPD natürlich noch viel weniger beteiligen, und dafür gibt es auch gute Argumente. Doch hätte Deutschland zuvor Haltung gezeigt und zusammen mit Großbritannien und Frankreich die Initiative ergriffen, wäre die Gefahr eines Krieges jetzt nicht so hoch.
Während Trump alte Beistandsgarantien infrage stellt, ist Deutschland weit davon entfernt, seiner Verantwortung für ein künftiges europäisches Sicherheitssystem gerecht zu werden. Die Bundesregierung riskiert eine Erosion der transatlantischen Bindungen, zu denen sich einst auch die SPD klar bekannte, und kann keine Alternative anbieten. Ein außenpolitisches Gesamtkonzept ist nirgends erkennbar. Maas muss endlich sagen, wie er sich den deutschen Beitrag zur Entschärfung der Krise am Golf vorstellt. Zaudern und zögern bringt jedenfalls nichts.
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"Der Konflikt zwischen den USA und Großbritannien auf der einen und dem Iran auf der anderen Seite gefährdet unmittelbar deutsche Interessen. Der freie Welthandel steht auf dem Spiel. Zudem geht es mittelbar auch um die deutsche Glaubwürdigkeit auf internationalem Parkett."
Genau, der freie Welthandel steht auf dem Spiel, aber noch lange nicht Europa. Es ist ja alles dem Moloch Handel unterworfen und alle müssen nach dessen Pfeife tanzen die von anderer Seite geblasen wird. Heißt noch lange nicht, dass wir ständig die Ausputzer für die Amerikaner (und jetzt auch Engländer) spielen müssen, die mit aller Gewalt irgendwo auf der Welt Konflikte anzetteln um die eigene Wirtschaft am Leben zu erhalten. Uns zwingt man quasi mit ins Kriegs-Boot, obwohl wir das gar nicht wollen. Anscheinend ist der Irak-Konflikt schon wieder vergessen?
Es ist immer wieder erstaunlich, zu welchen Ratschlägen das politische Vakuum der Kanzlerin verführt.
Im Fall Junginger ist die Tauchstation der Angela Merkel das Eine, die Verantwortlichkeit des Heiko Maas das Andere. Zu gerne würden bestimmte CDU-Spezies ja zündeln.
Der selbsternannte Herr über die Strafaktionen dieser Welt hat im Fall Iran nur eines erreicht: die vertragliche Bremse in Sachen Atom-Entwicklungen aufzuheben.
Dies natürlich mit Strafen verbunden.
Was wollen die USA eigentlich im Iran? Die Herrschaft der Pahlavi wieder errichten mit ihren Jubelpersern? Oder einen neuen Putschversuch der CIA, wie 1953? Und wer sollte der neue Statthalter sein? Oder doch gleich den Iran zum Bundesstaat der USA ausrufen?
Also wieder mal feste druff auf die SPD - um dann bei nächster Gelegenheit ihren absehbaren Untergang zu bejammern. Ja, klar, wen soll man denn dann für angebliche Fehlentwicklungen verantwortlich machen, wenn es sie erst mal nicht mehr gibt als Watschenmann. ;-)
Herr K. hat es wunderbar auf den Punkt gebracht.: Die SPD hat offensichtlich neuerdings das Regierungshandeln an sich gerissen. Kanzlerin Merkel nichts mehr zu sagen und zu bestellen.
Warum wir uns die Briten als Freund bewahren müssen, erschließt sich mir auch nur bedingt. Sie sind es doch, die den freundschaftlichen Kontext aufkündigen. Und zwar nicht in erster Linie, weil sie aus der Union austreten möchten sondern wegen der Art WIE sie es möchten und zelebrieren. SO verhalten sich Freunde nicht.
Auch würde mich interessieren, warum Herr Juninger meint, dass ein europäischer Militäreinsatz die Lage entschärfen würde. Bislang wurde kein Deutsches Schiff festgesetzt. DAS sichert deutsche Interessen - während die USA mit der Forderung Handel mit dem Iran einzustellen diesen schadet.
Die ganzen (zureffenden) Vorwürfe wie Steinigung von Frauen wegen Ehebruchs, Todesstrafe für Homosexualität gelten natürlich nicht für Saudi Arabien. Es kommt halt immer drauf an, wer was tut und in welcher Beziehung man zu ihm steht.
Man lernt doch nie aus! Ein großer Dank an den Verfasser des Kommentars dafür, dass er uns endlich mal klar aufzeigte, bei wem er in diesem Land die Richtlinienkompetenz in wichtigen politischen Fragen verortet: offenbar bei Heiko Mass und der SPD.
Jedem ernst zu nehmenden Kommentator dürfte es sehr schwer fallen, zu einer Frage dieser Tragweite ein langes Statement ohne Begriffe wie Kanzlerin Merkel, CDU/CSU oder die noch in einer Art Orientierungsphase herumeiernde Verteidigungsministerin auszukommen.
Stimme Ihnen hier zu. Die politische End-Verantwortung liegt bei der Kanzlerin, die es - nebenbei bemerkt - in all den Jahren ihres Dilettierens zu keinen vernünftigen oder kontinuierlichen Leitlinien in der Außenpolitik gebracht hat. Gefühl wurde hier stets vor Methode gesetzt. Hr. Maas - eher ein politischer Hardliner gegen den "inneren Feind" - kann das fachlich kaum kompensieren.
(edit/mod)
Heiko Maas, das wandelnde Platitüden - Lexikon.