Kuscheln an der Küste
Das beschauliche Mecklenburg-Vorpommern hinkt nicht wie Bismarck sagte 100 Jahre hinterher, sondern ist dem Rest 30 Jahre voraus…
Wenn dereinst die Welt untergehe, so spottete angeblich einst Otto von Bismarck, dann gehe er nach Mecklenburg, denn dort passiere alles 100 Jahre später. Ein Satz, der dem weiten, dünn besiedelten und strukturschwachen Land bis heute anhaftet.
Wie das Land und seine Menschen, so auch die Politik. Wären gestern nicht Landtagswahlen gewesen, hätte kaum jemand den Blick nach Schwerin gerichtet. Wozu auch? SPD-Ministerpräsident Erwin Sellering ist außerhalb des Landes völlig unbekannt, ebenso sein CDU-Herausforderer Lorenz Caffier. Die Große Koalition hat unaufgeregt, pragmatisch und überaus geräuschlos gearbeitet, mecklenburgisch eben. Wechselstimmung lag nicht in der Luft, im Gegenteil. An der Küste wird gekuschelt. Der West-Import Sellering wird sich den Partner heraussuchen können. Alles spricht für eine Fortsetzung der Großen Koalition mit einer stärkeren SPD und einer schwächeren CDU.
Weil in Mecklenburg-Vorpommern alles länger dauert, haben die Grünen bis gestern warten müssen, bis sie auch in das 16. Landesparlament eingezogen sind. Nun sind sie in allen Landtagen präsent, Ausdruck ihrer Stärke. Dagegen setzt sich der Absturz der FDP fort. Auch der junge Philipp Rösler kann den dramatischen Niedergang der Liberalen nicht stoppen.
Bundespolitisch hat der Urnengang an der Küste wenig Konsequenzen. Dabei steht die neue Regierung in Schwerin vor gewaltigen Herausforderungen. In dem strukturschwachen und dünn besiedelten Land vollzieht sich der demografische Wandel noch schneller und noch dramatischer als anderswo. Viel Zeit zum Ausruhen bleibt nicht. Das beschauliche Mecklenburg-Vorpommern hinkt nicht 100 Jahre hinterher, sondern ist dem Rest 30 Jahre voraus…
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