
Weg vom Dagegen-Image
Die Grünen sagen Ja zum schwarz-gelben Atomausstieg
Bielefeld oder Göttingen? In Berlin hatten die Grünen wieder einmal die Wahl zwischen Verantwortung und Verweigerung. An Vorbildern aus der Vergangenheit mangelte es dabei nicht. In Bielefeld segneten die Grünen 1999 die deutsche Beteiligung am Kosovo-Krieg ab, in Göttingen dagegen sagten sie 2007 Nein zum Afghanistan-Einsatz.
In Berlin folgten die Grünen nun dem Vorbild der Bielefelder Schule und sagten Ja zum Atomausstiegskonzept der schwarz-gelben Regierung. Die Entscheidung fiel der Basis nicht leicht, wie vor zwölf Jahren tangiert der Beschluss die historischen Wurzeln der Partei, auf dem Spiel steht die Identität der grünen Bewegung. Damals machte die Friedensbewegung mobil, heute die Anti-AKW-Bewegung, damals erkannten die Grünen an, dass in bestimmten Situationen Krieg als Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln unumgänglich ist, heute erteilen sie den Ausstiegsplänen der Regierung Merkel ihren Segen.
Die Prognose sei gewagt: So wie die Grünen das Bielefelder Ja zum Kosovo-Krieg unbeschadet überstanden haben, werden sie auch die Berliner Zustimmung zum Atomausstieg nach dem Merkel’schen Drehbuch problemlos überstehen. Mehr noch, nachdem sich die Grünen von der Friedensbewegung emanzipieren mussten, um politische Handlungsfähigkeit zu gewinnen, müssen sie sich nun auch von der in Ritualen erstarrten und in bloßen Abwehrreflexen verkümmerten Anti-AKW-Bewegung lossagen, um als politische Kraft gestalten zu können. Eine Partei ist mehr als der verlängerte Arm einer Bewegung, erst recht, wenn sie dabei ist, ihr Milieu zu verlassen und weit in die Mitte der Gesellschaft vorzudringen. Als Ein-Thema-Partei wären die Grünen ohnehin nicht zukunftsfähig.
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