Hubert Aiwangers Auftritt am Donnerstag im bayerischen Landtag: Hier sprach weniger der Wirtschaftsminister, als der er angekündigt war. Hier kam vor allem der Wahlkämpfer in eigener Sache zu Wort. Denn möglicherweise war es Aiwangers letzte Regierungserklärung als Mitglied im Kabinett von Markus Söder.
Wenn Aiwangers Pläne aufgehen, ist er in München als Minister weg
Wenn die Pläne des Niederbayern aufgehen, ist er erst einmal weg vom Fenster als Minister in München. Dafür lockt der Bundestag und Aiwangers Traum von einer bürgerlichen Regierung unter Beteiligung der Freien Wähler. Dafür setzt der Chef alles auf eine Karte – sich selbst. Viel mehr Trümpfe haben die Freien Wähler nicht, aber eine Idee: Aiwanger gibt den Gysi. Gregor mit Vornamen und heute noch der bekannteste Politiker der Linken. Zusammen mit den Veteranen Bodo Ramelow und Dietmar Bartsch will Gysi der strauchelnden Linken die bundespolitische Existenz retten. Drei Direktmandate sollen her, um die Fünf-Prozent-Hürde zu umgehen. Das hat schon mal funktioniert. Die Freien Wähler haben es sich abgeschaut. Statt in der ganzen Republik einen kräftezehrenden Wahlkampf um Zweitstimmen zu führen, will man sich auf wenige aussichtsreiche Orte konzentrieren und dort die Erststimmen abgreifen.
Aiwangers Kriegserklärung an die CSU
In erster Linie in Bayern sollen diese Direktmandate gewonnen werden und das ist natürlich eine Kriegserklärung an die CSU, mit der man gemeinsam in München die Regierung bildet. Zum Markenkern der Söder-Partei gehört es, dass sie sich als die einzig wahre Vertreterin bayerischer Interessen in Berlin inszeniert. Aiwanger und die Seinen in Berlin würden dieses werbewirksame Bild empfindlich stören. Wenn es nach ihnen ginge, für immer. Es wäre der Anfang vom Ende der besonderen Rolle der CSU, die auf ihrer – bereits geschrumpften – Stärke in Bayern beruht.
So sind die Chancen der Freien Wähler auf drei Direktmandate
Nach außen hin hält sich das Erschrecken der Christsozialen in Grenzen. Manch einer hofft sogar, dass sich die Freien Wähler tüchtig blamieren und im Moment zumindest spricht manches dafür. In aktuellen Umfragen sind die FW schlechter als vor vier Jahren und sogar in Bayern zuletzt unter fünf Prozent. Dass sich einzelne Kandidaten derart vom Trend der Partei abkoppeln können, dass sie um die 30 Prozent Erststimmen einfahren, die wohl für ein Direktmandat nötig wären, scheint schwer vorstellbar. Sogar der in Niederbayern populäre Hubert Aiwanger dürfte sich da in Rottal schwertun. Für die anderen Hoffnungsträger, die Landrätin Indra Baier-Müller und Landrat Peter Dreier sowie den Gersthofer Bürgermeister Michael Wörle gilt das umso mehr. Sie sind nur in Teilen ihrer Wahlkreise gut bekannt. Höflich formuliert: Hoch werden sie nicht gewinnen.
Andererseits: Vielleicht reichen auch zwei Mandate aus Bayern, weil die Freien Wähler in einem anderen Bundesland noch eines ergattern. 299 Direktmandate gibt es am 23. Februar in Deutschland zu verteilen, und in Zeiten, in denen Macht und Mehrheiten der alten Parteien schwinden, können sich die Dinge schnell ändern. Man denke nur an den kometenhaften Aufstieg des BSW im Osten: aus dem Nichts an die Regierung. Im Gegensatz zu der Partei um die frühere Linken-Ikone Sahra Wagenknecht haben die Freien Wähler eine breitere Basis und einen längeren Weg hinter sich. Auf diesem hat Aiwanger schon öfter gezeigt, dass er sich von Rückschlägen nicht beirren lässt.
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