Kammermusik in Bestform
Barockkonzerte Chouchane Siranossian (Violine) und Els Biesemans (Hammerflügel) sorgten für einen bezaubernden Abschluss der Konzertreihe
Neuburg Werden Werke auf Instrumenten ihrer Entstehungszeit gespielt, ist das fast immer eine Offenbarung. Erst recht, wenn sich zum historisch korrekten Klang ein historisch korrektes Spiel gesellt. Die zwei Künstlerinnen, die die heurigen Neuburger Barockkonzerte in der einmaligen Provinzialbibliothek mit einem mitreißenden Kammermusikkonzert beschlossen, boten beides.
Vor allem bei der Geige gab es ungewohnte Details wie die Portamenti, die die Solistin Chouchane Siranossian in ihrer Moderation erwähnte, die auf historischen Aufnahmen etwa von Geigentitan Joseph Joachim persönlich überliefert sind und uns heute vielleicht an Salonmusik erinnern mögen. Außerdem erfuhr das Auditorium, dass Darmsaiten bis 1930 etwa gebräuchlich waren – eine wichtige Information, denn den meisten dürfte die Darmsaitenbespannung bei Literatur bis zum 18. Jahrhundert geläufig sein. Aufsehenerregend war aber auch der von der Pianistin Els Biesemans mitgebrachte Hammerflügel mit vier Klangfarben und Effekte erzeugenden Fußpedalen aus dem Jahre 1838, ein Wesensverwandter des Instruments, das der Klavierbauer Conrad Graf der Virtuosin Clara Schumann zum Geschenk gemacht hatte – ein damals nicht unüblicher, heute leider nicht mehr gebräuchlicher Werbeschachzug. Für den ersten Teil des Konzertes war er wunderbar passend, für Robert Schumanns irrlichternde, späte Violinsonate in d-Moll, obwohl bravourös gespielt, fast zu zart gebaut. Klanglich eröffnete er neue Welten und die Erkenntnis: Heute ist tatsächlich vieles lauter und greller als vor noch gar nicht langer Zeit. Denn der Ton vor allem des Graf war deutlich kleiner und kürzer als die heutigen Flügel, kammermusikalischer, nicht so sehr obertonreich glitzernd, nicht so Diskant-dominiert, die Tiefen fast etwas brummig, dafür warm und alle Register gerecht bedenkend. Dieser Flügeltyp fordert das musikalische Spiel – zu hören etwa in den intensiv interpretierten Kreisleriana-Nummern wie „Sehr langsam“ und „Schnell und spielend“.
Gewidmet war das Konzert Clara und Robert Schumann, dem großen und beinahe ebenso unglücklichen Liebespaar. Beide inspirierten sich musikalisch, das zeigten ihre Werke. Clara Schumann etwa komponierte in und nach ihrer Ehe mit Schumannesker Raffinesse, während ihre Frühwerke wie das Scherzo oder die Chopin´sche Mazurka noch an Gebrauchsmusik erinnerten. Die belgische Pianistin Els Biesemans begeisterte mit souveränem und klarem Spiel, Anschlagskultur und ruhiger Bravour. Auch der musikalische Verlauf wurde stets klar ausgedrückt wie auch bei Chouchane Siranossian, die mit leicht mattierter Tonschönheit und perfekter Intonation bezauberte. Exzellent war das Zusammenspiel und keinen Moment uneins. Robert Schumanns große Sonate d-Moll, gewidmet dem Geiger Ferdinand David mit der an Bach erinnernden Introduktion, dem wechselvollen „Lebhaft“ und finalen Rauschen, das die klanglichen Reserven der beiden Instrumente herauskitzelte, wurde schließlich der grandiose Abschluss. Das Publikum war begeistert und zeigte es auch. Die Künstler dankten mit einem zur Dämmerung passenden Abendlied als Encore.
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