Missklänge in der Kirche
Gesellschaft für Aufführungsrechte (Gema) erhöht die Preise für musikalischen Kunstgenuss. Katholiken sind allerdings nicht bereit, die geforderten 30 Euro mehr zu bezahlen
Weil zwei Parteien sich nicht einigen konnten, droht jetzt katholischen Kirchengemeinden Ungemach. Und zwar deshalb, weil zwischen der Gema und der katholischen Kirche, vertreten durch den Verband der deutschen Diözesen (VDD), kein Pauschalvertrag mehr zustande kam. Der sollte wie bisher Konzerte und andere urheberrechtlich geschützte Musik bei kirchlichen Festen pauschal abgelten. Jetzt muss jedes Konzert und jede Musikaufführung – etwa bei Pfarrfesten – eigens bei der Gema gemeldet und auch bezahlt werden.
Dieser sogenannte „Pauschalvertrag“ wurde nun gekündigt. In einem Brief vom Amt für Kirchenmusik in der Diözese Augsburg wurden die Kirchenmusiker über die Neuregelung, die seit Anfang des Jahres besteht, informiert. „Sie hat zu viel Verunsicherung unter den Kirchenmusikern geführt“, berichtet Peter Kindermann, Diözesan-Oberrechtsrat. Auf die Gemeinden, die solche Konzerte veranstalten, kommt nun nicht nur ein Mehr an bürokratischem Aufwand, sondern auch an Kosten zu.
Berechnet wird der jeweilige Gema-Beitrag nach einem Schlüssel, der sich aus der Größe des Veranstaltungsraums und der Höhe der Eintrittsgelder ergibt. Für „ein falsches Signal“ hält Stefan Nerf, Kirchenmusiker in der Pfarrei St. Anton, der häufig Konzerte anbietet, diese Neuregelung. Man wälze nun auf die Pfarrkirchenstiftungen die Verantwortung ab.
Bisher war es so, dass bei diesem Vertrag zwischen Gema und VDD Musikaufführungen bei Konzerten, Pfarrfesten oder Ähnlichem pauschal abgegolten wurden. Dafür zahlten die Gemeinden eine Pauschale von 45 Euro im Jahr. Zum ersten Mal seit 30 Jahren erhöhte nun die Gema die Jahrespauschale um 30 Euro pro Gemeinde – also auf 75 Euro. Während für die evangelische Kirche dieser Aufpreis kein Problem war, machte die katholische Kirche dies nicht mit und stieg aus dem bestehenden Pauschalvertrag aus. Hintergrund der Erhöhung der Pauschale war auch, dass die Gema eine unbefriedigende Meldemoral der katholischen Gemeinden festgestellt hatte. Wie konnte es sein, dass die evangelische Kirche jährlich etwa 13000 musikalische Veranstaltungen gemeldet hatte, die katholische nur rund 3000? In einem gilt die Pauschale noch: Und zwar dann, wenn die Musik innerhalb des Gottesdienstes, in der Liturgie, gespielt wird.
Könnte man also nicht das Orgel- oder Gospelkonzert in eine „gottesdienstähnliche“ Veranstaltung verwandeln – etwa mit Gebet und Segen? Auf solche Tricks wollen sich die Kirchenmusiker dann doch nicht einlassen. Werner Zuber, Kirchenmusiker in St. Thaddäus und Mitarbeiter im Amt für Kirchenmusik, plädiert dafür, ehrlich zu bleiben. Zusammen mit Pfarrer Gerhard Groll hat er nach Wegen gesucht, dass solche Konzerte, wie er sie gerne in St. Thaddäus anbietet, auch künftig noch stattfinden können, ohne zu große Löcher ins Budget zu reißen. Zuber: „Für uns gilt weiterhin: Auch die Musik ist ein pastorales Angebot, mit dem wir die Menschen erreichen können und wollen.“ Wichtig sei der Pfarrei deshalb, dass diese Konzerte bei freiem Eintritt angeboten werden. Seine Erfahrung ist, dass Konzertbesucher durch Spenden das kompensieren, was an Eintrittsgeldern hereingekommen wäre. „Wir sind auch immer auf der Suche nach Sponsoren für unsere Kirchenmusik“, so Zuber. Einen Weg sieht er auch darin, künftig noch mehr als bisher auf Improvisationskonzerte zu setzen. Daran sind dann keine Urheberrechte gebunden. Eine weitere Möglichkeit sieht er darin, Organisten bei Konzerten zu ermutigen, eigene Werke zu spielen.
Auch Helmuth August Ott, Kirchenmusiker an der katholischen Kirche St. Peter und Paul, wird wegen der zu erwartenden Gema-Beiträge nicht auf die beliebte Orgelnacht – diesmal am 9. Juni – verzichten. Natürlich werden die Künstler auch Werke von Zeitgenossen spielen. „Wir müssen aber gut kalkulieren“, meint Ott, der vor allem auf treue Spender und Sponsoren baut, die ihm dabei helfen, dieses Konzertereignis, das auch ohne Gema finanzielle Anstrengung braucht, zu finanzieren.
Auch er würde niemals auf Konzerte verzichten wollen: „Sie sind im Grunde wie Liturgien, sie kommen dem Gottesdienst ganz nahe.“ Alle Kirchenmusiker hoffen, dass das letzte Wort noch nicht gesprochen ist. Der Pauschalvertrag, so ist zu hören, liege noch immer auf dem Tisch. Die katholische Kirche bräuchte ihn nur noch zu unterschreiben.
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